Öko-Feldtage 2021 – neue Forschungsvorhaben

Der Gladbacher Hof steht nächstes Jahr im Fokus

Die Hessische Staatsdomäne Gladbacher Hof in Villmar bei Weilburg wird im nächsten Jahr Schauplatz der Öko-Feldtage sein und im Zentrum der Aufmerksamkeit der Branche stehen. Schon heute bietet der Hof, der seit 1990 von der Justus-Liebig-Universität Gießen als Lehr- und Versuchsbetrieb für ökologischen Landbau betrieben wird, auch Praktikern bei Hoftagen die Möglichkeit, sich zu informieren. Seit 1981 wird der Hof nach Bioland-Richtlinien bewirtschaftet. Bei einem Pressegespräch vergangene Woche war zu erfahren, welche neuen Fragen die Wissenschaftler auf dem Betrieb nachgehen wollen. Darüber hinaus stellte sich mit Johannes Eisert ein neuer Administrator vor (siehe Kasten).

V.l.: Professor Andreas Gattinger, Andreas Schmid-Eisert und Johannes Eisert.

Foto: Mohr

Der Gladbacher Hof ist einerseits Lehr- und Versuchsbetrieb und andererseits ein Unternehmen, das nach Maßgabe der Wirtschaftlichkeit betrieben wird. Der landwirtschaftliche Betrieb erziele Gewinne, die immer investiert werden, sagte der bisherige Administrator Andreas Schmid-Eisert.

Biomilch sowie Kartoffel- und Getreidevermehrung

Eines der wirtschaftlichen Standbeine des Gladbacher Hofes ist die Biomilch, die an die Upländer Bauernmolkerei geliefert wird. Die 90 Milchkühe haben eine Leistung von durchschnittlich 8 500 Kilogramm. Derzeit liege der Milchpreis bei 47 Cent pro Kilogramm und der Absatz der Biomilch laufe gut, so Schmid Eisert, der bis vergangenes Jahr im Vorstand der Upländer Molkerei mitgewirkt hat. Die weiblichen Kälber werden zur Zucht und Mast aufgezogen, die männlichen Kälber zur Mast verkauft. Ein Hauptaugenmerk bei der Zucht gilt der Langlebigkeit, sagte Schmid-Eisert.

Weiteres Standbein ist die Vermehrung von Saat- und Pflanzgut. Sämtliches Getreide (Winterweizen, Winterroggen, Dinkel, Triticale, Wintergerste, Sommerweizen, Sommergerste und Hafer)wird aufbereitet und als Saatgut deutschlandweit verkauft. Außerdem vermehrt der Gladbacher Hof Kartoffelpflanzgut. Die gesamte Vermehrungsfläche des Betriebs hat einen Umfang von 86 Hektar. Insgesamt verfügt der Gladbacher Hof über 110 Hektar Ackerland, 76 Hektar Grünland und 5 Hektar Forstflächen. Seit 1993 besteht die Fruchtfolge aus zwei Jahren Luzernegras Winterweizen/Winterroggen, Mais/Kartoffeln, Wintergetreide, Ackerbohnen, Wintergetreide (Dinkel) sowie Sommergetreide mit Luzernegras oder Rotkleeuntersaat. Außerdem betreibt der Gladbacher Hof einen Hofladen, in dem Getreide, Kartoffeln und Eier sowie Produkten anderer Biobetriebe verkauft werden .

Der Gladbacher Hof unterhält mehrere Kooperationen mit Landwirten. So liefern viehlose Bio-Ackerbaubetriebe beispielsweise Luzernegras als Futter und bekommen dafür Mist und Gülle von den Rindern, wie Schmid- Eisert erläuterte.

Johannes Eisert neuer Administrator

Johannes Eisert ist der neue Administrator des Gladbacher Hofes. Der 29-jährige hat sich in einem Bewerbungsverfahren durchgesetzt und folgt auf seinen Vater Andreas Schmid-Eisert, der seit Beginn der Bewirtschaftung durch die Universität Administrator war. Er ging vergangene Woche in den Ruhestand. Johannes Eisert ist auf den Gladbacher Hof aufgewachsen und hat nach dem Abitur zunächst eine landwirtschaftliche Lehre in Brandenburg und Schleswig-Holstein absolviert, wie er vergangene Woche der Presse berichtete. Danach hat er in Kiel und Wien Agrarwissenschaften studiert und mit dem Master abgeschlossen. Ihn reize vor allem die Verbindung von Wissenschaft und Praxis.

CM

Welche Milchviehhaltung ist fürs Klima günstiger?

Mit dem Neubau eines Forschungsstalls wird künftig ein ganzer Komplex an Fragen zu erforschen sein. Sie drehen sich darum, welche Milchviehhaltung fürs Klima günstiger ist, wie Professor Andreas Gattinger, wissenschaftlicher Leiter des Gladbacher Hofes, und Johannes Eisert verdeutlichten. Beispielsweise soll ermittelt werden, welche Intensität der Milchviehhaltung je Liter Milch günstiger für das Klima ist. Um herauszufinden, welches System das nachhaltigere ist, werde alles untersucht, so Gattinger. So werde unter anderem die Methanemission aus der Verdauung der Kühe, aber auch im Güllelager und bei der Ausbringung gemessen. In die Betrachtung geht dabei auch der Pflanzenbau mit ein, wie der Professor betonte.

In dem Stall sollen nach Angaben von Eisert zwei getrennte Herden gehalten werden, eine mit hohem Input und etwa 8500 Kilogramm Milchleistung und eine Gruppe mit einem Low Input mit etwa 5000 bis 6000 Kilogramm. Der Stall soll unter anderem mit zwei verschiedenen Güllebehältern, zwei Melkrobotern und zwei Milchtanks ausgestattet werden. Eine Baugenehmigung liegt vor. Derzeit befindet sich das Vorhaben in der Ausschreibung.

Agroforstsystem für maximalen Output

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der nächsten Jahre ist das Agrarforstsystem. Dabei geht es untere anderem darum, auf einer Ackerfläche einen maximalen Output von Ackerfrüchten und Bäumen zu erzielen. Außerdem geht es um die Reduzierung von Bodenerosion.

Bei den Bäumen handelt es sich um Pappeln für die Hackschnitzelproduktion, um Obstbäumen wie Äpfel sowie um Wertholzarten.

Die laufenden Versuche auf dem Gladbacher Hof befassen sich ansonsten mit den Auswirkungen von Fruchtfolgen über viele Jahre, den Langzeiteffekten auf den Nährstoffhaushalt und verschiedene Arten der Phosphordüngung. Außerdem werden Stämme und Sorten von Winter- und Sommerweizen sowie Hafer auf ihre Eignung im Ökoanbau überprüft. Außerdem werden Landessortenversuche mit Sojabohnen angelegt. Darüber hinaus laufen mehrere Projekte der Europäische Innovationspartnerschaft „Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“ (EIP Agri).

CM – LW 23/2020