Pfälzer Weinbranche versprüht Zuversicht
Zufrieden mit Jahrgang bei Herbst-Pressekonferenz
Jede Menge Zuversicht trotz Corona-Krise versprühten die Protagonisten der diesjährigen Herbstpressekonferenz des Pfalzwein e.V., die am 25. November über die Bühne ging – und zwar nicht wie gewohnt als Präsenzveranstaltung, sondern pandemiebedingt als Videokonferenz. Genährt wird der Optimismus durch den quantitativ wie qualitativ „marktgerechten“ Weinjahrgang 2020.
Die Erntemenge liegt in der Pfalz nach bisherigen Schätzungen bei etwa 2,3 Mio. hl und damit knapp über dem Wert des Vorjahres (2,15 Mio. hl) und dem Durchschnittswert der letzten zehn Jahre (2,17 Mio. hl). „Genau richtig, um den Markt sowohl in der Breite als auch in der Spitze sinnvoll bedienen zu können“, erklärte Boris Kranz. „Wer zum richtigen Zeitpunkt gelesen hat, konnte gesunde Trauben ernten, aus denen sich aromatisch perfekte Weine mit einer ausgewogenen Struktur und einer klaren Typizität gewinnen ließen“, kommentierte der Vorsitzende von Pfalzwein. „Der 2020er kann jetzt schon als großer Jahrgang bezeichnet werden“, bekräftigte Dr. Jürgen Oberhofer vom Institut für Weinbau und Önologie beim DLR Rheinpfalz in Neustadt/W. Da der gesamte September sehr trocken und warm gewesen sei, habe es bei einigen Trauben zwar das dritte Jahr in Folge Sonnenbrandschäden und dadurch partielle Ertragseinbußen gegeben. Aber Probleme mit Pilzbefall oder Schäden durch die Kirschessigfliege seien 2020 in der Pfalz – wenn überhaupt – nur sehr selten aufgetreten. „Aus weinbautechnischer Sicht ein WunschÂjahrgang. Wenn ich könnte, würde ich den 1:1 für die kommenden zehn Jahre übernehmen“, frohlockte Oberhofer.Prof. Ulrich Fischer ergänzte: „Die ständigen Winde sorgten an einigen Stellen für rosinierte Trauben mit Botrytisanteilen, prädestiniert für tolle Süßweine. Die roten Trauben konnten wetterbedingt voll ausreifen, was sich in farbintensiven und durch reife Tannine gut strukturierten Rotweinen niederschlägt. Die Weißweine glänzen durch präzise Sortenaromatik, gut eingebundene Säure und sind schon jetzt gut entwickelt.“ Dr. Weihl vom Weinbauamt in Neustadt berichtet, dass die Zahl der Anstellungen konstant hoch geblieben ist über das Jahr. Rebsorten wie Riesling, Grauburgunder, Weißburgunder, Chardonnay und Sauvignon blanc gehören genauso zu den immer stärker angebauten Rebsorten, wie auch der Spätburgunder. Müller-Thurgau, Dornfelder und Portugieser gehen im Bestand weiter zurück. So entwickelt sich in der Pfalz schon auf Basis dieser Zahlen ein klares Profil, das ergänzt durch Spezialitäten wie den Gewürztraminer, eindeutig für die Pfalz steht.
Gastronomie und Weinfeste fehlen
Kopfzerbrechen hat etlichen Winzern im laufenden Jahr nicht die Qualität und Menge des Jahrgangs 2020 bereitet, sondern die pandemiebedingte Ausnahmesituation. „Das Jahr war nicht einfach – vor allem für die Betriebe, die von der zeitweisen Schließung der Gastronomie sowie dem Wegfall von Weinfesten und sonstigen Veranstaltungen betroffen waren“, räumte Reinhold Hörner ein. „Die wirtschaftlichen Einbußen, verursacht durch den ersten Lockdown, und das völlig veränderte Konsumverhalten konnten viele Betriebe allerdings im Sommer mit auflebendem Inlandstourismus wieder aufholen“, bilanzierte der Präsident des Weinbauverbands Pfalz.
Inlandstourismus hob Verluste teils auf
„Nach dem ersten Schock haben viele Winzer relativ schnell kreative Online-Formate entwickelt und den Verkauf ab Hof oder ab Vinothek forciert. Auch wenn das die Einbußen aus dem Geschäft mit Gastronomie und Veranstaltungen nicht voll kompensieren konnte, sind die meisten Betriebe doch relativ gut oder zumindest mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen – gerade auch im Vergleich zu ihren ausländischen Kollegen“, fügte Kranz hinzu. Zudem hätten die Betriebe, die dem LEH zuliefern, in diesem Jahr ein gutes Absatzergebnis realisiert.Auch für die Gebietsweinwerbung war 2020 „ein herausforderndes Jahr“, erläuterte Joseph Greilinger, der seit diesem Jahr bei Pfalzwein Geschäftsführer für den Bereich Marketing und Kommunikation ist.
Mut für neue Wege und Flexibilität
Die Messe Wein am Dom in Speyer und der Weinstraßen-Erlebnistag mussten wegen Corona abgesagt werden. Viele weitere Aktionen und Projekte wurden gestoppt, verschoben oder waren nicht realisierbar. Das erforderte von der Gebietsweinwerbung Flexibilität und den Mut, neue Wege zu gehen. „Auf der einen Seite haben wir verstärkt auf Anzeigen in großen Publikumstiteln gesetzt, um die Herkunft g.U. Pfalz zu stärken. Auf der anderen Seite haben wir im Radio, Online und in den unterschiedlichen Social-Media-Kanälen sehr aktiv für die weintouristische Pfalz und die Pfälzer Weine geworben. Diesen Weg werden wir 2021 fortsetzen“, erläuterte Boris Kranz. „Zusammen mit Influencern und Experten aus der Branche werden wir verstärkt an Schulungen und Weinpräsentationen für die Branche arbeiten. Darüber hinaus holen wir dann auch wichtige Branchenteilnehmer zu verschiedenen Anlässen in kleinen Gruppen in die Pfalz“, blickte Greilinger nach vorn. Ziel sei die forcierte Profilierung der Region gegenüber den anderen deutschen und ausländischen Weinbauregionen.
Mit den Social-Media-Aktivitäten wollen die Pfälzer auch vermehrt jüngeres Publikum (zwischen 25 und 30 Jahren) ansprechen. So seien erneut Online-Tastings mit Nachwuchswinzern aus der Gruppe „Junge Pfalz“ (die sich schon 2020 als erfolgreich erwiesen hätten) sowie eine Art Roadmovie durch die Pfalz geplant, bei dem der Fokus auf jüngeren Winzern liegt. „Wir möchten damit ein spannendes, neues Bild der Pfalz rüberbringen“, so Greilinger. Für eher gesetzteres Publikum soll es zusätzlich ein Video-Format geben, bei dem jeweils drei Pfälzer Weine in Kombination zu drei kleinen Snacks vorgestellt werden. Ebenfalls online soll im kommenden April die Messe Wein am Dom über die Bühne gehen. Unter Corona-Bedingungen sei sie nicht in der bisherigen Form als physische Präsenzmesse umzusetzen, erläuterte Greilinger. Aus dem gleichen Grund hat die Gebietsweinwerbung die Teilnahme an der ProWein im März 2021 bereits abgesagt.
pw – LW 49/2020