Pferde richtig versichern
Treffen des Hessischen Arbeitskreises Pensionspferdehalter
Früher war es einfacher: Pferde, die zu Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt wurden, waren beitragsfrei mitversichert, und das gilt für Arbeitspferde und Rückepferde immer noch. Heute werden Pferde aber fast immer als Sportpferde oder Freizeitpferde gehalten, damit gelten sie als Luxustiere und sind nicht mehr automatisch von den landwirtschaftlichen Versicherungen abgedeckt. Landwirtschaftliche Pensionspferdehalter brauchen deshalb zusätzliche Versicherungen.
Arno Werner von der MS Management Service GmbH (dem Versicherungsmakler des HBV) sprach darüber kürzlich beim Treffen des Arbeitskreises Pensionspferdehalter auf dem Lindenhof in Idstein-Dasbach. Es ist ein Thema mit Fallstricken, die oft in kleinen Details stecken.Tierhalter und Tierhüter
„Es gibt gesetzlich einen Unterschied zwischen Tierhalter und Tierhüter“, erklärte Werner. „Tierhalter“ ist, wer ein eigenes Interesse an der Haltung des Tieres hat und letztlich auch „die Befugnis, über Betreuung und Existenz des Tieres zu entscheiden.“ Das ist in der Regel der Eigentümer des Pferdes, das beim Pensionspferdehalter eingestellt ist. Dieser Tierhalter haftet unbegrenzt für Personen- und Sachschäden, das heißt „so lange, bis Sie kein Geld mehr haben.“ Als „Tierhüter“ bezeichnet man denjenigen, „der für einen anderen die Aufsicht über ein Pferd durch Vertrag übernimmt,“ das ist der Pensionspferdehalter. Auch er kann für einen Schaden, den das Pferd verursacht, verantwortlich gemacht werden – und für Schäden an dem Pferd selbst. Das gibt reichlich Platz für juristische Auseinandersetzungen und „ich kann Ihnen aus der Praxis eins sagen: Wir haben massig Schäden“, so Arno Werner. Der Pferdebesitzer hafte im Ãœbrigen für jeden Schaden eines Dritten, „auch für den, der auf dem Pferd sitzt.“ Ein Pensionspferdehalter berichtete von seinem Fall: Ein Zahnarzt, der hin und wieder zum Reiten auf den Hof kam, stürzt mit dem Pferd und wird von dessen Hufen verletzt. Dessen Versicherung übernimmt den Schaden zunächst, fordert aber 4½ Jahre später 80.000 € vom Pferdehalter zurück. Am Ende wurde die Summe je zur Hälfte geteilt. Dass eine Forderung mit solcher Verzögerung eintritt, sei nicht einmal ungewöhnlich, sagt Werner: „Das kann sich über Jahre hinziehen, bis geklärt ist, ob ein bleibender Schaden entstand“.
Zur Pferdehalter-Haftpflicht
In jedem Fall zeigt das Beispiel: „Der Eigentümer sollte eine Pferdehalter-Haftpflichtversicherung haben“, am besten mit hohen Deckungssummen für Personenschäden und Sachschäden von jeweils 10 Mio. €. Versichert sind damit Reit- und Fahrpferde für eigene Zwecke, unentgeltlicher Verleih, Turnierrisiko, Flurschäden. Wichtig sei, darauf zu achten: „Sind auch Fremdreiter und Reitunterricht mitversichert?“ Mit einem sollte man allerdings immer rechnen: „Das Haftungsproblem ist ein extremes Detailproblem“, sagt Werner. Zum Beispiel: Ein aggressives Pferd verletzt in der Gruppe auf der Weide ein anderes Pferd, dessen Besitzer verlangt Schadensersatz – die Versicherung könnte den Nachweis verlangen, welches Pferd genau es denn war, und wessen Haftpflicht muss dafür einstehen?Betriebshaftpflicht-Versicherung Jeder Pensionsbetrieb sollte daneben unbedingt eine Betriebshaftpflicht-Versicherung abschließen, rät der Versicherungsexperte des HBV. Sie übernimmt die Haftung – allerdings nicht unbegrenzt, sondern nur bis zur vereinbarten Deckungssumme - und sie hilft bei der Abwehr unberechtigter Ansprüche. Werden Schäden an Pensionspferden mitversichert, rät Werner: „Beachten Sie die Deckung.“ Wenn die Deckung zum Beispiel nur 15.000 € beträgt, das Pferd tatsächlich aber wertvoller ist, sollte mit dem Einsteller vorher geklärt sein, dass ein Anspruch auch nur bis dahin gehen kann. Ist eine Reiter-Unfall-Versicherung für Pensionspferdehalter sinnvoll? Werner würde „nicht unbedingt dazu raten“, denn das sei nur eine „Ausschnittsversicherung“ und „am Ende diskutieren Sie mit der Versicherung über unmögliche Dinge“, etwa: Wann ist der Unfall denn genau passiert, war es beim Reiten, war es auf dem Weg zum Stall, war es beim Führen aus dem Stall? Besser sei eine „normale, private Unfallversicherung“, die gebe es schon für 100 € im Jahr. Das Wichtigste darin sei eine hohe Invaliditätssumme, auf manche Zusatzvereinbarungen könne man dagegen verzichten, etwa das Krankenhaustagegeld (Krankenhausaufenthalte seien seit Einführung der Fallpauschale auf kaum mehr als drei Tage gesunken). „Machen Sie es kurz und sinnvoll und lassen Sie den ganzen Firlefanz weg.“ Wichtig sei dagegen, bestehende Unfallversicherungen zu überprüfen, denn gegenüber dem alten Vertragsstand „gibt es meistens etwas Besseres.“
Fall: Pensionsbetrieb
Ein anderer Fall: Ein Pensionsbetrieb macht einen gemeinsamen Ausritt, einer stürzt und bricht sich ein Bein – wer haftet? „Das kann man pauschal nicht sagen“, wieder geht es um die Details: War es eine normale Strecke, oder war es eine schwierige Strecke, waren die Reiter erfahren oder waren es Anfänger, die möglicherweise überfordert wurden? War es ein zwangloser Ausritt, war es ein geführter Ausritt? Hier rät Werner: Wenn es eine besonders angekündigte Veranstaltung ist, vielleicht im Rahmen eines Hoffestes, „melden Sie das vorher dem Versicherer, dann sind Sie auf der sicheren Seite.“ Wenn es darüber einen Werbeflyer gibt, könne man diesen zur Kenntnisnahme vorher der Versicherung zufaxen. Wenn Reitlehrer auf dem Pensionsbetrieb Unterricht geben, rät Arno Werner: „Prüfen Sie die Haftpflicht des Reitlehrers“. Der Pensionsbetrieb schließlich „duldet ihn und sein Arbeit,“ er solle sich deshalb die Reitlehrerhaftpflicht zeigen lassen und am besten noch „dass er die Prämien immer bezahlt hat“. Ansonsten könne es passieren, dass den Betrieb bei einem Unfall ein „Auswahlverschulden“ trifft, und man müsse eben immer damit rechnen: „Rechtsanwälte sind findig“.
Keine Zusage direkt vor Ort
Zum Hessischen Arbeitskreis
Der Hessische Arbeitskreis Pensionspferdehalter wurde vor fünf Jahren gegründet, Zielgruppe sind landwirtschaftliche Betriebe mit Pensionspferdehaltung. „Gerade in Südhessen sind sie ein Wirtschaftsfaktor“, sagt Ursula Tag, Beraterin für Tierproduktion beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen in Wächtersbach, die den Arbeitskreis betreut. Zurzeit hat der Arbeitskreis 15 Mitglieder, der Jahresbeitrag beträgt 200 Euro. Viele hätten von der Rinderhaltung auf Pferde umgestellt, so Ursula Tag, hier bietet man Bauberatung, aber auch wirtschaftliche Beratung. Zum Beispiel bei der Frage, welche Klientel angesprochen werden soll, Besitzer von Sportpferden oder eher die Freizeithalter. Der Arbeitskreis trifft sich im Winterhalbjahr fünf Mal zum Erfahrungsaustausch und zu Informationsveranstaltungen.
Zum Besichtigungsbetrieb
Der Lindenhof von Andrea und Thomas Conradi in Idstein-Dasbach, wo das letzte Treffen stattfand, bewirtschaftet 180 ha Fläche, davon 25 ha Grünland. Er bietet Pensionsplätze für 40 Pferde, davon 30 in Offenstallhaltung und 10 in Boxen. Etwa zehn Hektar sind als Weiden rund um den Betrieb arrondiert. Der Betrieb war 1964 mit Milchvieh und Schweinemast an den jetzigen Standort ausgesiedelt. Die Pferdehaltung begann 1985, als die Kühe abgeschafft wurden. Der Offenstall kam 1990 dazu, mit wachsender Anzahl von Pferden wurde 2004 auch eine Reithalle gebaut. Heute hat die Pferdepension als Betriebszweig auf dem Lindenhof etwa den gleichen Stellenwert wie der Ackerbau. Die Einsteller kommen aus einem Umkreis von rund 25 km, für Neuaufnahmen habe man derzeit eine Warteliste.
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