Pflanzen schützen mit Sachkunde

1. Pflanzenschutztag Ackerbau Südhessen

Im Rahmen der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen fand letzten Donnerstag in Gernsheim der 1. Pflanzenschutztag Südhessen statt. Mit der Teilnahme konnten Praktiker, Berater und Händler ihrere Verpflichtung nachkommen, alle drei Jahre an einer anerkannten Fortbildungsveranstaltung zum Pflanzenschutz teilzunehmen.

Martin Kerber, Leiter des hessischen Pflanzenschutzdienstes, moderierte die Veranstaltung in Gernsheim.

Andreas Sandhäger, Direktor des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH), führte in seiner Begrüßung aus, dass es zahlreiche solcher Veranstaltungen geben werde, teils mit verschiedenen Schwerpunkten wie Sonderkulturen, Acker- oder Obstbau. „Es genügt aber, wenn Sie eine dieser Veranstaltungen besuchen“, stellte er klar. Man könne aber, um sich fortzubilden, weitere besuchen, und zwar ohne die Erlangung des Nachweises zu beantragen und die damit fälligen 25 Euro zu bezahlen. Durch den weiteren Ablauf führte als Moderator der Leiter des Hessischen Pflanzenschutzdienstes, Martin Kerber.

Grundsätzliches zum Sachkundenachweis

Zum Sachkundenachweis führte Thomas Bickhardt vom LLH Griesheim aus, dass in Deutschland der Sachkundenachweis im Scheckkartenformat in Verbindung mit einer dreijährige Fortbildungspflicht ab dem 26. November 2015 alle bisher gültigen Sachkundenachweise ersetzt. Dieser müsse beim Kauf von Pflanzenschutzmitteln und bei Kontrollen vorgelegt werden und sei nur in Verbindung mit dem Personalausweis gültig.

„Den Sachkundenachweis benötigt jeder, der gewerbliche Pflanzenschutzmittel erwirbt und anwendet, Pflanzenschutzmittel verkauft, Beratungen zum Pflanzenschutz durchführt sowie Auszubildende und Mitarbeiter im Pflanzenschutz anleitet und beaufsichtigt“, erläuterte er. Nach wie vor gelte, dass die Anträge auf Ausstellung der Scheckkarten derzeit bearbeitet wür-den und bis zum erforderlichen Termin bei den Landwirten vorliegen. „Zwischenzeitliche Nachfragen verzögern die Abarbeitung nur“, hieß es, und entscheidend sei der Posteingangsstempel.

Weiter Informationsbedarf zur Umsetzung in der Praxis

Für Neueinsteiger gebe es einen einwöchigen Lehrgang zum Erwerb der Sachkunde, sagte Bickhardt auf Nachfrage. Und bei groben Verstößen könne die Scheckkarte eingezogen und die Teilnahme an dem fünftägigen Einsteigerkurs notwendig werden, um die Sachkunde wiederzuerlangen. Zur Frage, ob Familienangehörige oder Mitarbeiter Pflanzenschutzmittel beim Handel abholen können, antwortete Kerber: „Das geht nur mit einer Vollmacht.“ Zu klären war auch, wer die Sachkunde überprüfen darf. Dies dürften nur die zuständigen Behörden wie der Pflanzenschutzdienst und nicht etwa Ortspolizisten oder gar Spaziergänger, stellte Kerber klar.

Zum Umgang mit Pflanzenschutzmitteln erläuterte Bickhardt weiter, dass nur das jeweilige Produkt und nicht etwa der Wirkstoff für die jeweilige Indikation zugelassen sei. In Bezug auf Auflagen – wie etwa Gewässerabstände oder Abstände zu nicht landwirtschaftlichen Flächen – müsse immer die Produktinformation des Mittels beachtet werden.

Hightech bei der Maiszünslerbekämpfung

Ãœber Möglichkeiten und Probleme beim Insektizideinsatz in Mais referierte Michael Lenz vom Pflanzenschutzdienst. „Nach wie vor steht neben dem Mesurol keine insektizide Beize gegen den Drahtwurm zur Verfügung“, erläuterte er. Vor allem in Südhessen sei örtlich mit Sonido gebeiztes Saatgut aus Frankreich verwendet worden, das auch in Deutschland ausgesät werden darf. Allerdings reiften diese Sorten unter unseren Klimabedingungen oft nicht optimal ab.

Mehr denn je sei der Maiszünsler in vielen Regionen als bedeutendster Schädling in den Fokus gerückt. Auffällig starker Befall sei durch einen sehr langen Falterflug, der sich teils bis zu acht Wochen hinzog, aufgetreten. „Ende Juli konnte man an vielen Standorten alle Entwicklungsstadien des Maiszünslers in den Beständen antreffen, vom Falter, über frische Eigelege, Gelege während des Schlupfes und bereits erste Junglarven in Stängel und Kolben“, so der Experte. Diese Situation habe eine ausreichende Bekämpfung mit Trichogramma-Schlupfwespen oder Insektiziden deutlich erschwert. Dadurch sei es auch an einigen Standorten zu nicht zufriedenstellenden Wirkungsgraden gekommen.

„Im letzten Jahr zeigte sich beispielhaft, wie kleinräumig aus wenigen Flächen ohne jegliche Bekämpfungsmaßnahmen in zwei, drei Jahren schnell ein massiver Befallsdruck entstehen kann. Es ist nur möglich den Befall langfristig unterhalb der wirtschaftlichen Schadensschwelle zu halten, wenn alle Landwirte in einer Region konsequent Bekämpfungsmaßnahmen umsetzen“, verdeutlichte Lenz die aktuelle Situation.

Lenz stellte dann Ergebnisse eines Projekts zur Trichogramma-Ausbringung durch GPS-gesteuerte Multicopter (Kleinsthubschrauber) vor. Aus einem für 5 ha ausreichenden Vorratsbehälter würden hierbei die Schlupfwespen-Eier in Form von Kugeln zielgenau gemäß von Geodaten abgeworfen. Die Ausbringung auf 5 ha dauere nur etwa 20 Minuten, sei umweltfreundlich, da mit Akkubetrieb, erfordere nur kurze Rüstzeiten, verursache keine Durchfahrverluste und sei bei fast jedem Wetter möglich. „Die Kosten sind vergleichbar mit einer Insektizid­anwendung bei 60 bis 85 Euro/ha. Die Wirkungsgrade lagen in unseren Versuchen bei 70 bis 90 Prozent in der Wetterau und bei 42 bis 65 Prozent in Nordhessen“, so der Berater.

Voraussetzung für den Einsatz sei das Vorliegen von Flächendaten der zu behandelnden Schläge für die GPS-Steuerung. Für die Umsetzung des Verfahrens sei außerdem eine gute Koordination zwischen Ausbringungsfirma, Trichogramma-Produzenten, Landwirt und Pflanzenschutzdienst zur termingerechten Ausbringung erforderlich.

Nach den erfolgreichen Tests 2014, die ebenfalls in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stattgefunden hatten, solle in diesem Jahr die Multicopter-Ausbringung breit angeboten werden.

Aktuelle Versuche zu Blütenbehandlungen im Raps

Dr. Dominik Dicke vom Pflanzenschutzdienst stellte Großparzellenversuche bei Praxisbetrieben zum Einsatz von Dropleg-Düsen in der Rapsblüte vor. Mittels dieser Technik werden Fungizide gegen die Weißstängeligkeit von unten in den blühenden Rapsbestand appliziert. So könnten Abdrift und auch Rückstände im Bienenbrot deutlich reduziert werden, wie andere versuche schon gezeigt hätten. „Diese Rückstände sind zwar nicht gesundheitlich relevant, aber doch unerwünscht“, betonte Dicke.

Ziel der aktuellen Untersuchung seien die Wirkungen der Dropleg-Technik auf das Krankheitsgeschehen und den Ertrag gewesen. Dabei habe sich gezeigt, dass sich Sklerotinia damit problemlos bekämpfen lasse und dass keine Ertragsunterschiede zu herkömmlichen Düsen bestehen. Im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle sei es aber zu deutlichen Mehrerträgen gekommen. Dicke betonte noch einmal die notwendige Kommunikation mit den Imkern: Die Bienenhalter müssen wissen, warum eine Behandlung so wichtig ist, und natürlich, wann eine Maßnahme geplant ist.

Resistenzen vermeiden und zurückdrängen

In weiteren Vorträgen behandelten Manuel Feger, Pflanzenschutzdienst, und Thomas Bickhardt die Themen „Pflanzenschutzgerätekontrolle“ und „Resistenzen im Getreidebau“. Zu beiden Themengebieten werden in den nächsten LW-Ausgaben Fachartikel erscheinen (Pflanzenschutzgerätekontrolle LW 9). Bickhardt resümierte, dass die mehrmalige Anwendung von Herbiziden mit dem gleichen Wirkstoff die Entwicklung von resistenten Unkräutern und -gräsern fördere. Hinzu kämen ackerbauliche Faktoren, wie einseitige Fruchtfolgen aus Winterungen, frühe Aussaaten im Herbst und pfluglose Bodenbearbeitungssysteme, weil diese die Entstehung dichter Ungraspopulationen stark begünstigten.

„Dort, wo bereits Resistenzen entstanden sind, muss das noch wirksame Herbizidspektrum geschützt werden, indem verschiedene Wirkstoffgruppen eingesetzt und abgewechselt werden, so Bickhardt. Er verwies auf den LLH-Herbizidfinder, der nicht nur im Internet, sondern jetzt auch für Smartphones zur Anwendung im Feld bereit-stehe.

KB – LW 6/2015