Pflegeheim oder Pflege zu Hause?
Bei Pflegebedürftigkeit wichtige Entscheidung treffen
Für M. Mayer war es ein Schock, als ihre Mutter (72) nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt und plötzlich auf Hilfe angewiesen war. Die rüstige Seniorin hatte auf dem Milchviehhof ihrer Tochter und des Schwiegersohns morgens im Haushalt geholfen, sich regelmäßig um die Kinder und den Gemüsegarten gekümmert. Nun konnte sie sich nur noch im Rollstuhl bewegen – und M. Mayer war mit der Pflege, dem Hof und den drei Kindern völlig überfordert.

Foto: SVLFG
Aufgrund der Umstände zur vollstationären Pflege
Die Betreuung pflegebedürftiger Menschen durch die Familie ist oftmals gar nicht zu schaffen: Es mangelt gegebenenfalls am passenden Platz, an medizinischen Kenntnissen oder familiär bedingten Grenzen. Wenn die Familie an ihre Grenzen gelangt, kommen nur noch professionelle Pflegelösungen in Frage. Niemand wünscht sich das, aber manchmal ist eine vollstationäre Pflege unumgänglich.
Die Kosten für das Pflegeheim übersteigen die Leistung der Pflegekasse jedoch deutlich. Je nach Bundesland variieren die durchschnittlichen Kosten zudem beträchtlich. Die Höhe des Eigenanteils hängt von der Pflegestufe ab, in die der ältere Angehörige eingestuft wurde. Und: Je nach Standard des Heims sind auch die Kosten für die Unterbringung ganz verschieden.
Kosten für Pflegeheime sind unterschiedlich
Die Kosten für ein Pflegeheim betragen im Bundesdurchschnitt knapp 3 300 Euro pro Monat, hat das Finanzportal „bonnfinanz.de“ errechnet. Die Experten beziehen sich auf eigene Berechnungen und Angaben des Verbands der Ersatzkassen. Der Betrag kann jedoch nur als grobe Orientierung dienen, da die Kosten je nach Bundesland stark schwanken und selbst innerhalb der Bundesländer abhängig vom gewählten Pflegeheim und von der gewählten Preiskategorie variieren.
Der Kostenanteil, den die Pflegekasse – im Fall von M. Mayer´s Mutter die Landwirtschaftliche Pflegekasse (LPK) – übernimmt, wenn ein Angehöriger die vollstationäre Pflege in Anspruch nehmen muss, hängt von der gewährten Pflegestufe ab. In der niedrigsten Pflegestufe I übernimmt die Pflegekasse monatlich 1 023 Euro. In Pflegestufe II steigt der Betrag auf 1 279 Euro, in Pflegestufe III beteiligt sich die Pflegekasse mit 1 550 Euro an den Kosten für das Pflegeheim. In besonderen Ausnahmefällen können Pflegekassen bis zu 1 918 Euro monatlich gewähren. Voraussetzung hierfür ist, wenn ein außergewöhnlich hoher und intensiver Pflegeaufwand erforderlich ist, der das übliche Maß der Pflegestufe III weit übersteigt. In keinem Fall lassen sich damit die vollen Kosten für das Pflegeheim decken.
Wie hoch letztlich der eigene Anteil an den Kosten für das Pflegeheim ist, hängt entsprechend von den tatsächlichen Heimkosten sowie der Pflegestufe ab. Der Differenzbetrag muss aus eigener Tasche bezahlt werden. Der Bundesdurchschnitt liegt bei knapp 1 750 Euro. Aber auch hier gilt: Die tatsächlichen Kosten bestimmt letztendlich die Preisliste der gewählten Pflegeeinrichtung.
Qualität eines Pflegeheimes

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Pflegekompass nutzen
Da Pflegekassen die Prüfergebnisse zur Qualität von Pflegeeinrichtungen übersichtlich und vergleichbar veröffentlichen müssen, bietet die LPK den sogenannten Pflegekompass an. Diese Datenbank hilft bei der Suche nach einer geeigneten Pflegeeinrichtung. Unter www.svlfg.de (Suchbegriff: Pflegekompass) finden Interessierte Informationen zu den verschiedensten Leistungserbringern – von der häuslichen Krankenpflege bis zur ambulanten, vollstationären und teilstationären Pflege. Über die Angabe der Postleitzahl oder des Ortsnamens können die Einrichtungen vor Ort abgefragt werden. Eine erweiterte Suchfunktion ermöglicht, eine Pflegeeinrichtung auch nach pflegefachlichen Schwerpunkten (zum Beispiel für Menschen mit Demenz oder im Wachkoma) und nach besonderen Angeboten auszusuchen.
Wie man ein gutes Pflegeheim erkennen kann, wissen die regionalen und überregionalen Anlaufstellen wie Sozialämter, Wohlfahrtsverbände oder Krankenhäuser. Ein geeigneter Weg, um die gute Qualität eines Pflegeheims zu erkennen, ist und bleibt auch die Mundpropaganda: Fragen Sie Freunde und Bekannte nach einem Pflegeheim.
Sich selbst ein Bild von dem Heim machen
Auch sollten sich Angehörige unbedingt selbst ein Bild von der Einrichtung verschaffen. Nicht, indem sie das Informationsmaterial gründlich lesen, sondern indem sie Beratungsgespräche vor Ort führen und die Einrichtung besichtigen. Ein freundliches Auftreten der Mitarbeiter und eine angenehme Atmosphäre sind Indizien, an denen man ein gutes Pflegeheim erkennen kann. Auch eine Unterbringung auf Probe sollte möglich sein. Denn die Pflegebedürftigen verbringen oft eine lange Zeit im Pflegeheim. Entsprechend sollten sie die Möglichkeit erhalten, herauszufinden, ob sie sich überhaupt mit der Atmosphäre, dem Tagesablauf und dem Pflegepersonal anfreunden können.
Hier finden Sie einen Link zum Flyer
Pflegeberatung der SVLFG:
http://www.svlfg.de/60-service/serv02_brosch/serv0202leist/serv020204pk/pfl_ber_hrs_2013.pdf
Ambulante Pflege zu Hause
Wenn die Kinder ihre Eltern mit dem Vorschlag konfrontieren, sie in die Obhut eines Altenheimes zu geben, reagieren diese oft mit Zorn und Ängsten, da sie von schlechten und lieblosen Zuständen in Altenheimen gehört haben. Allerdings gibt es mittlerweile Mischlösungen, die eine gute Möglichkeit bieten, pflegebedürftige Personen nicht ganz und gar dem Alltag zu entreißen: die ambulante Pflege zu Hause.
Wenn die Gesundheit noch einigermaßen mitspielt, ist eine ambulante Pflege eine gute Alternative. Mobile Pfleger kommen in regelmäßigen Abständen in das Haus des Pflegebedürftigen und übernehmen verschiedene Aufgaben, die von Waschen bis zu Tätigkeiten im Haushalt reichen. Die zu betreuende Person wird dadurch in dem bekannten Umfeld belassen und kann ein persönliches Verhältnis zu den Pflegern aufbauen.
Die Kosten für das Pflegeheim
Eine hilfreiche Checkliste
- Kommt ein Elternteil ins Pflegeheim, müssen die nach dem Pflegegeld verbleibenden Kosten aus der eigenen Rente und dem vorhandenen Vermögen selbst bezahlt werden. Rechtlich ist zunächst der Versicherte beziehungsweise zu Pflegende selbst in der Pflicht, die Kosten, die vom Pflegegeld nicht mehr abgedeckt werden, zu zahlen. Das jeweilige Pflegegeld berechnet sich nach dem Sozialgesetzbuch, elftes Buch (SGB XI). Man kann davon ausgehen, dass entsprechend dieser Gesetzeslage etwa 75 Prozent der Kosten abgedeckt werden können.
- Reicht die eigene Rente oder das Ersparte nicht, werden die Einnahmen und Ausgaben des Ehegatten geprüft. Kann dieser nichts oder nur wenig beisteuern, sind die Kinder des Pflegebedürftigen in der Pflicht. Erst an letzter Stelle erklärt sich der Staat bereit, die notwendigen Kosten zu bezahlen.
- Heimbewohner und ihre Angehörigen können die Heimkosten als außergewöhnliche Belastungen bei der Steuererklärung abrechnen.
- Die Einkünfte und Bezüge des Pflegebedürftigen rechnet das Finanzamt bis auf 1 550 Euro an. Zudem verlangt es den Nachweis der Pflegebedürftigkeit, zum Beispiel mit einer Pflegestufe und außerdem Belege für die Heimkosten. Zusätzlich bekommen Angehörige 924 Euro Pflegepauschbetrag, wenn sie den Pflegebedürftigen mit Pflegestufe III zeitweise zu sich nach Hause holen und ihre Pflege mindestens zehn Prozent des gesamten Pflegeaufwands beträgt.
- Bis zu 7 680 Euro kann derjenige als Unterhalt für einen bedürftigen Angehörigen ansetzen, der zum Beispiel verpflichtet ist, Pflegeheimkosten zu zahÂlen. Ausgaben für Kleidung, Taschengeld und Versicherung zählen mit.
- Da das Gesetz nicht erwartet, dass ein Kind den Eltern Unterhalt zahlt, sondern nur im Sonderfall der Pflegebedürftigkeit herangezogen werden kann, ergibt sich eine veränderte Berechnung. Normalerweise verbleiben den Kindern von ihrem Einkommen etwa 1 400 Euro zum Selbstbehalt. Überschreitet das Nettoeinkommen diesen Betrag noch um etwa 600 Euro, werden diese zugunsten des Kindes geteilt und zur Hälfte dem Verbleib zugerechnet.
- Das heißt: Wer 2 000 Euro verdient, darf 1 400 Euro selber behalten – plus 300 Euro. Also können Kinder in dem Fall 1 700 Euro Eigenbehalt geltend machen und müssten 300 Euro dem Pflegeheim zahlen. Allerdings gilt dies nur bei Kindern, die keine weiteren Unterhaltsansprüche zu bedienen haben. Im Falle unterhaltsberechtigter Kindeskinder oder Ehegatten wird eine sogenannte Rangfolge der Unterhaltsberechtigten berücksichtigt. Grundsätzlich ist das Nettoeinkommen zur Berechnung zu bereinigen, indem Kreditzahlungen, Altersvorsorgekosten, Berufsaufwendungen und Ähnliches zu berücksichtigen sind. Vermögenswerte sind zwar ebenfalls zu berechnen, fallen jedoch, soweit es sich um sogenannte „Schonvermögen“ wie eine selbst bewohnte und angemessene Immobilie oder die eigene Rentenversicherung handelt, aus der Berechnung heraus.
- Im Regelfall tritt der Staat zur Zahlung der Pflegekosten in Vorleistung, um dann jedoch in Ruhe die Zahlungspflicht der Angehörigen zu prüfen. Dabei wird ebenfalls berücksichtigt, ob der zu Pflegende innerhalb der vergangenen zehn Jahre Vermögen verschenkt hat, das zurückzufordern ist. Auch ein eingetragenes Wohnrecht kann zur Zahlungspflicht führen.
Sabine Hense-Ferch redaktion-lippstadt.de
– LW 32/2013