Praxisfremde Anrechnung von Kompost-Stickstoff

Novelle zur Düngeverordnung ist in Teilen nicht zielführend

Die Bundesregierung hat inzwischen den Entwurf zur Novelle der Düngeverordnung „Verordnung zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen“ (DüV-Entwurf) vom 16. Dezember 2015 der EU-Kommission zur Notifizierung übermittelt. Der Entwurf wird vor allem durch Regelungen geprägt, mit denen Nährstoffüberschüsse in Zukunft weitgehend ausgeschlossen sind. Diese Zielstellung ist vernünftig, weil die Belastung des Grundwassers mit Nährstoffen aus der Landwirtschaft, insbesondere mit Nitrat, in verschiedenen Bundesländern schon bedenkliche Ausmaße erreicht hat. In ihrem Eifer sind die Autoren des DüV-Entwurfs bei der Bewertung des Kompost-Stickstoffes aber weit über das Ziel hinausgeschossen.

Der in mehrfacher Hinsicht sinnvolle Einsatz von Kompost in der Landwirtschaft wird durch die neue Düngeverordnung in Frage gestellt.

Foto: agrarpress

In dem Entwurf wir unter anderem verlangt, dass die Stickstoff- (N)-Zufuhr mit Kompost, wie bei anderen organischen Düngern auch, im Nährstoffvergleich voll angerechnet und damit auf jährlich 170 kg N/ha begrenzt wird. Kompost, dessen N-Gesamtzufuhr nur minimal pflanzenverfügbar und damit düngewirksam ist, wird also genauso behandelt wie N-Mineraldünger und Gülle, deren Stickstoffanteile zu 100 Prozent düngewirksam werden. Würde diese Regelung umgesetzt, käme die Kompostanwendung in der Landwirtschaft zum Erliegen, weil nur noch geringe Kompostgaben von deutlich unter 10 t/ha Trockenmasse möglich wären.

Praxisfremde Vorschrift schert alles über einen Kamm

Gegen diese völlig praxisfremde Vorschrift haben schon namhafte Agrarwissenschaftler und auch Politikerinnen, wie die Ministerinnen der rheinland-pfälzischen Ministerien für Landwirtschaft beziehungsweise Umwelt, Stellung genommen. Sie kritisieren – zu Recht –, dass hier Ungleiches gleich behandelt werden soll. Kompost hat, im Unterschied zu anderen organischen Düngern, die maßgebliche Aufgabe, den Humusgehalt des Ackerbodens zu erhalten beziehungsweise zu verbessern. Dafür wird der weit überwiegende Anteil seines N-Gesamtgehaltes (mehr als 90 Prozent ) benötigt. Der pflanzenverfügbare N-Anteil, das haben langjährige Feldversuche in Baden-Württemberg zweifelsfrei gezeigt, fällt dagegen gering aus. Er ist mit jährlich 3 bis 5 Prozent der N-Gesamtzufuhr und im dreijährigen Zeitraum mit 10, maximal 15 Prozent düngewirksam anzurechnen. Komposte gehören also zur Gruppe der organischen Humusdünger, mit denen Biomasse durch aerobe Behandlung (Kompostierung) stofflich so umgebaut wird, dass sie eine hohe Abbaustabilität aufweist, die zu einem nachhaltigen Humusaufbau und -erhalt im Boden führt.

Nachhaltige Humuswirtschaft mindert Erosionsschäden

Die katastrophalen Schädigungen von Ackerböden durch Starkregenereignisse in den letzten Wochen haben gezeigt, wie wichtig die Erhaltung und Mehrung der Bodenfruchtbarkeit durch eine nachhaltige Humuswirtschaft ist. Gerade hier ist es dringend geboten, noch mehr als bisher Kompost auf landwirtschaftlichen Ackerflächen einzusetzen, um die Böden wirksam gegen Erosion und Wasserübersättigung zu schützen. Insbesondere auch landwirtschaftliche Betriebe, die ihre Flächen nach den Grundsätzen einer ökologischen Landwirtschaft bewirtschaften sowie die Kreislaufwirtschaft der stofflichen Nutzung aerob behandelter, getrennt gesammelter Biomasse würden erheblich betroffen sein, wenn die unsinnige N-Anrechnung zu 100 Prozent umgesetzt würde. Dabei ist die Kompostwirtschaft im Bereich der Kreislaufwirtschaft einer der bedeutsamsten Wirtschaftszweige. Im Interesse einer nachhaltigen und auf Ressourcenschonung ausgerichteten Kreislaufwirtschaft und Landbewirtschaftung darf deshalb die im Entwurf der DüV vorgesehene Schlechterstellung der Komposte nicht zugelassen werden.

Probleme für Öko-Betriebe und Kommunen

Hinzu kommt, dass die Kompostproduktion in den Städten und Gemeinden durch die Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zur weitgehend stofflichen Nutzung aller Biomasseressourcen weiter steigen wird. Die damit erheblich zunehmenden Kompostmengen finden ihre sinnvolle Verwendung nur im landwirtschaftlichen Ackerbau, für den sie zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit am besten geeignet sind. Andere Verwertungswege, wie die Produktion von Gartenerden, haben im Vergleich dazu eine deutlich geringere Bedeutung. Alle diese Argumente sprechen klar dafür, die praxisfremde Anrechnung von Kompost-Stickstoff in der Novelle der DüV zu korrigieren.

Dr. Rainer Kluge – LW 30/2016