Bedarf an Schälhafer für Nahrungsmittel steigt

Qualitätshafer – so gelingt der Anbau

Hafer hat sich als Gesundfrucht in engen, weizenlastigen Getreidefruchtfolgen bewährt. Er hat eine phytosanitäre Wirkung auf den Halmbrucherreger Cercosporella herpotrichoides und besitzt daher einen hohen Vorfruchtwert. Vorteile im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der preiswerten Produktionstechnik sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen.

Der Bedarf der Mühlen an Qualitätshafer ist seit 2008 um etwa 70 Prozent gestiegen. Nicht einmal ein Drittel davon kann aus heimischem Anbau gedeckt werden.

Foto: agrarfoto

Hafer dient hierzulande vorwiegend als Futtergetreide, es besteht jedoch auch zunehmend Bedarf an Schälhafer für die Nahrungsmittelproduktion (siehe Artikel zur Marktlage in dieser Ausgabe, S. M7). Für den Anbau von Schälhafer sollte die Sortenfrage im Vorfeld mit der aufnehmenden Hand abgestimmt werden. Ein Hek-tolitergewicht von mindestens 52 kg, geringe Spelzenanteile, Schälbarkeit sowie die Korngrößensortierung sind wesentliche Kriterien für die Schäl­hafervermarktung.

Sorten mit den Marktpartnern abstimmen

Als Schälhafersorten eigenen sich vor allem Bison, Max und Apollon, eingeschränkt auch Armani. Die im letzten Jahr in den Landessortenversuchen erstmals geprüfte Sorte Lion weist in den Qualitätskriterien gute Eigenschaften auf. Die geforderten Qualitäten können vor allem beim hl-Gewicht in der Praxis nur auf guten Standorten bei gesicherter Wasserversorgung, nicht zu hohen Niederschlägen sowie kühleren Temperaturen während der Kornfüllungsphase und der Abreife erreicht werden.

In den beiden vorangegangen Trockenjahren mit den hohen Temperaturen in der Korneinlagerungsphase wurden die geforderten Kriterien auch auf guten Standorten nicht immer erfüllt. Hafer reagiert hier beispielsweise empfindlicher als Sommergerste. Die Bestandesdichten sollten deshalb auch auf guten Standorten nicht überzogen werden. Schwächere Standorte kommen daher für den Anbau von Schälhafer nicht in Frage.

Bestandesdichten nicht überziehen

Als Langtagspflanze benötigt Hafer ausreichende Vegetationstage im Frühjahr für eine gute Trieb- und Wurzelentwicklung. Anzustrebende Bestandesdichten liegen bei 350 bis 450 rispentragenden Halmen/m2. Daraus resultieren je nach Aussatzeitpunkt folgende Saatstärken: günstige Lagen 280 bis 300 keimfähige Körner/m2, Höhenlagen 300 bis 320 keimfähige Körner/m2. Die Saatgutablage erfolgt in der Tiefe von 3 bis 4 cm, je nach Bodenwassergehalt.

Hafer verfügt über ein leistungsfähiges Wurzelsystem. Überzogene N-Gaben führen zu Reifeverzögerungen, ungleichmäßiger Abreife von Korn und Stroh und in Trockenjahren auch zu Zwiewuchs. Generell ist eine frühzeitige Stickstoffversorgung wichtig.

Frühzeitige N-Versorgung ist wichtig

Bei späten Aussaatterminen und wenn mit längerer Trockenheit zu rechnen ist, sollte die erste Stickstoffgabe eingearbeitet werden. Dadurch ist gewährleistet, dass der Stickstoff den auflaufenden Pflanzen witterungsunabhängig schneller zur Verfügung steht. Vor oder bei der Aussaat: auf Nmin-Sollwert von 100 kg N/ha aufdüngen, gefolgt von einer zweiten Gabe in der Mitte der Schossphase mit 30 bis 40 kgN/ha. Das Nachlieferungsvermögen der Böden, besonders bei langjähriger Gülledüngung, ist bei der Bemessung der zweiten Gabe zu beachten.

Auf Ackerfuchschwanzstandorten besteht abgesehen von Striegeleinsätzen keine chemische Möglichkeit der Ungrasregulierung. Solche Flächen sind daher vom Anbau auszuschließen. Gegen sensitiven Windhalm hat Concert SX mit 100 gr/ha lediglich eine Nebenwirkung.

Wachstumsregler sind angepasst an die Witterung einzusetzen. Ein Zuviel kann Ertrag kosten. Unter Wassermangel oder Staunässe leidende Bestände sowie dünne, schlecht ernährte sind von der Behandlung auszuschließen.

Termine für den Wachstumsregler-Einsatz

Einsatztermine für CCC mit 1,2 bis 1,8 l/ha liegen im Stadium 32 37/39. Zur Vermeidung von Lager ist in dem Entwicklungsstadium BBCH 32 zu behandeln. Eine spätere Applikation (bis BBCH 39) beugt insbesondere Halm- und Rispenknicken vor.

Auf guten Ertragsstandorten und unter hoher Stickstoff-Nachlieferung bei lageranfälligen Sorten (Max, Delphin, Poseidon, Symphonie) hat sich der Einsatz von Trinexapac (Moddus, Moxa, Countdown) beziehungsweise von Prodax mit 0,3 bis 0,4 l/ha in BBCH 31/32 bewährt. Soweit dann noch erforderlich, können Spritzfolgen bei hoher N-Nachlieferung in BBCH 37/39 mit 1,0 bis 1,5 l/ha CCC erfolgen.

Fungizide gegen Haferkrankheiten

Fungizid-Einsätze können je nach Auftreten der Krankheiten bei Befallsbeginn ab Ende des Schossens gefahren werden. Bei frühem Befall mit Mehltau (im Stadium BBCH 29/32) hat Vegas mit 0,2 bis 0,3 l/ha eine Zulassung. Zur Ertragsabsicherung gegen Haferstreifenkrankheit und Haferkronenrost kann Osiris mit 1,5 bis 2 l/ha oder Rubric mit 0,75 bis 1,0 l/ha oder Torero mit 0,75 + Osiris 0,5 l/ha eingesetzt werden.

Fungizideinsätze führen oftmals zu Blattaufhellungen. Bei ungünstigen Einsatzbedingungen können auch Ertragsminderungen auftreten. Dies wurde in den Sortenversuchen immer wieder beobachtet. Oft wird die Abreife des Strohes verzögert. Dies sollte insbesondere in den Höhenlagen bei Spätdrusch beachtet werden.

Ab Ende Mai den Zuflug von Blattläusen kontrollieren

Nach den beiden milden Wintern ist der Blattlauszuflug zu Beginn der Schossphase ab Ende Mai zu kontrollieren. Blattläuse können als Überträger des Gelbverzwergungsvirus fungieren.

Im Hinblick auf die Gestaltung der Fruchtfolge ist zu beachten, dass Hafer nicht nach Hafer, Sommergerste oder nach Sommerweizen stehen sollte, um das Risiko der Vermehrung von Haferzystennematoden gering zu halten. Eine Anbaupause von mindestens vier Jahren zu Hafer und Sommergerste sollte daher eingehalten werden. Für weitere Fragestellungen zum Thema Haferanbau stehen die zuständigen Pflanzenbauberater zur Verfügung.

Friedrich Göge, LLH Korbach – LW 14/2020