Richtwerte zur Entschädigung für Aufwuchsschäden 2016/17

Meldefristen für Wildschäden und Regulierungstermine

Die fristgerechte Anmeldung eines Wildschadens und dessen abschließende Regulierung können je nach Sachlage zeitlich weit auseinander liegen. Eine exakte Schadensfeststellung ist häufig nur in der Ernte möglich. Zu kurze Meldefristen stehen einer zeitsparenden praxisgerechten Wildschadensregulierung in der Ernte oft im Wege. Dr. Günther Lißmann, Sachverständiger beim Regierungspräsidium in Kassel, plädiert für eine an die Kultur und an den Vegetationszeitpunkt angepasste Meldefrist.

Neue Richtwerte zur Bewertung von Aufwuchsschäden an landwirtschaftlichen Kulturen in Hessen sind erschienen.

Foto: Michael Breuer

Die unmittelbare Feststellung der Wildschäden nach ihrer Entstehung wird im Gesetz gefordert. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Zum einen können bei frischen Schäden die ersatzpflichtigen Schadensverursacher eindeutiger festgestellt werden. Zum anderen soll der Jagdausübungsberechtigte frühzeitig vom Schaden erfahren, damit er umgehend Maßnahmen zur Wildschadensvermeidung ergreifen kann. Liegt zwischen Schadenseintritt und Schadensfeststellung ein längerer Zeitraum, so kann das insbesondere für den geschädigte Landwirt zum Problem werden, da er möglicherweise nicht mehr eindeutig nachweisen kann, dass der Schaden von schadensersatzpflichtigen Wildtieren (nach § 29 BJagdG sind das Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen) ausgegangen ist.

Schaden fristgerecht anmelden

Die Fristen für die Anmeldung werden im § 34 BJagdG „Geltendmachung des Schadens“ wie folgt definiert: „Der Anspruch auf Ersatz von Wildschäden im Feld erlischt, wenn der Berechtigte den Schadensfall nicht binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Beachtung gehöriger Sorgfalt erhalten hätte, bei der für das geschädigte Grundstück zuständigen Behörde anmeldet.“ Die Frist beginnt an dem Tag, an welchem der Landwirt Kenntnis vom Schaden erhielt, oder an dem Tag, an dem er bei gehöriger Sorgfalt Kenntnis erhalten hätte. Sie endet mit Ablauf des gleichen Tages in der folgenden Woche. Ist der letzte Tag ein Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist erst am folgenden Werktag.

Im Grundsatz wird hier vom Schadenseintritt bis zur Meldung eine Wochenfrist festgeschrieben. Der zweite Satzteil mit der Formulierung „… oder bei Beachtung gehöriger Sorgfalt erhalten hätte“ erweitert für einen unbestimmten Sachverhalt die Frist wieder auf unbestimmte Zeit, wenn der Schaden binnen Wochenfrist nicht bemerkt wurde. Die Recht­­sprechung akzeptiert für diesen Fall aber nicht einen beliebig langen Zeitraum, sondern begrenzt diesen in der Regel auf vier Wochen. In der Literatur wird demzufolge auch schon seit langem kommentiert, dass Wildschäden, die bei Kenntniserlangen bereits älter als ein Monat sind, nicht mehr zu ersetzen sind, weil der Landwirt seine Felder mindestens monatlich kontrollieren muss (siehe Mitschke/Schäfer). Letztlich beginnt die Wochenfrist für den Landwirt zur Schadensmeldung immer dann, wenn er zwar keine Kenntnis vom Schaden hat, bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt von dem Schaden aber schon früher hätte wissen müssen.

Erforderliche Sorgfalt

Wird die Wochenfrist von der Entstehung des Schadens bis zu seiner Anmeldung nicht eingehalten, entsteht oft der Streit um die Frage, wann der Geschädigte bei Beachtung gehöriger Sorg­falt von dem Schaden Kenntnis hätte erlangen können. Der Landwirt ist zwar grundsätzlich gehalten, seine Felder in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, wie lange diese Abstände sein können, ist jedoch gesetzlich nicht festgelegt. Die Kontrollabstände für einen Feldschlag sollten sich daher nach dem jeweiligen Wildschadensgefährdungspotenzial richten, welches durch die Lage des Feldschlages in der Feldgemarkung (zum Beispiel Waldrand), der an­gebauten Kultur und dem Vegetationsabschnitt, in dem sich der Pflanzenbestand befindet, bestimmt wird. Grundsätzlich sollte gelten: Je größer die Gefahr der Entstehung von Wildschaden im konkreten Fall ist, desto kürzer ist der Zeitraum für die Kontrollpflicht. Im umgekehrten Fall bedeutet das aber auch, dass bei geringem Gefährdungspotenzial und außerhalb der Vegetationsperiode die Kontrollfrist deutlich über den derzeitigen Fristen von einer beziehungsweise vier Wochen hinaus verlängert werden könnte.

Dr. Lißmann, RP Kassel  – LW 37/2016