RWZ Köln: Ausrichtung auf ertragskräftige Geschäftsfelder
Vorstandschef Kempkes: „operativ passabler“ Abschluss
Entgegen dem Markttrend in wichtigen Geschäftsbereichen hat die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main (RWZ) im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016 gute Ergebnisse im Agrarhandel erwirtschaftet. Wie das Unternehmen vergangene Woche in Köln berichtete, konnte der Umsatz um 20 Mio. Euro oder 1 Prozent auf rund 2,37 Mrd. Euro gesteigert werden; beim Rohertrag wurde ein Plus von 4 Mio. Euro oder 2 Prozent auf 241 Mio. Euro erzielt.
Eine „gute Perfomance“ meldete die RWZ vor allem beim Handel mit Getreide und Kartoffeln, bei den Betriebs- und Futtermitteln sowie den Tochtergesellschaften. Das Konzernergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) verbesserte sich um 1 Prozent auf 14 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) hätte sich ohne die außerordentlichen Ausgaben für die Restrukturierung von 11 Mio. Euro auf 8 Mio. Euro belaufen; so verblieb jedoch ein Konzernverlust von 3 Mio. Euro vor Steuern.Vorstandschef Christoph Kempkes sprach von einem „operativ passablen“ Abschluss des Geschäftsjahres. Das EBT bewertete er allerdings als „nicht befriedigend“. Für 2017 konnte er einen guten Start vermelden. Alle wichtigen Kennzahlen lägen über dem Plan. „Es geht aufwärts“, so Kempkes, der seit dem 1. Juli 2016 die RWZ führt.
Das Rohergebnis habe sich im ersten Quartal etwas verbessert, und zwar gegenüber dem Vorjahr um 2 auf 34 Mio. Euro. Insbesondere die Landtechnik und das Düngemittelgeschäft hätten in den ersten Monaten bessere Resultate gebracht. Laut Kempkes ist die RWZ bei der Verschuldung an der Obergrenze angekommen, weshalb Investitionen nicht mehr über Fremdkapital zu finanzieren seien. Diese sollen sich 2017 auf 17 Mrd. Euro und damit auf Abschreibungsniveau belaufen, nach 24 Mio. Euro im Vorjahr.
Strategische Ausrichtung
Kempkes betonte mit Blick auf die strategische Ausrichtung, dass die RWZ insbesondere im klassischen Agrar-, Technik-, Wein- und Gartenbaugeschäft teils sehr gut positioniert sei und hier trotz Gegenwind gute Ergebnisse erwirtschaften könne. „Hierauf bauen wir auf, und hier werden wir unsere investiven Mittel fokussieren“, so der Vorstandsvorsitzende. Insgesamt hält Kempkes die Zahl der RWZ-Geschäftsfelder mit 13 für zu hoch. Für Bereiche ohne nachhaltigen Ergebnisbeitrag oder Perspektiven würden deshalb „intelligente Lösungen gesucht“, die sich zum Teil bereits in der Umsetzung befänden. Dazu gehören unter anderem die Raiffeisen-Märkte. Hier sei eine Allianz mit den Agravis Raiffeisen AG vereinbart worden.
Für die Jahre 2017 bis 2019 habe sich die RWZ ein umfassendes Programm zur Neuausrichtung verordnet. „Partiell restrukturieren, um sich Investitionen in den profitablen Kern leisten zu können; gleichzeitig hart an der Entwicklung der eigenen Organisation arbeiten, um die Voraussetzungen für profitables Wachstum zu verbessern“, umriss Kempkes die strategischen Eckpfeiler des Programms.
Umsatz nicht die primäre Kenngröße
Als Richtgröße für den Konzerngewinn plant die RWZ dem Vorstandsvorsitzenden zufolge bis zum Jahr 2020 mit einem Ergebnis von 15 bis 20 Mio. Euro. Bei einem nach seinen Worten wünschenswerten Umsatz von dann 2 Mrd. Euro entspräche dies einer Rendite von bis zu 1 Prozent. Hinsichtlich der Eigenkapitalquote strebt der Vorstand eine Steigerung von zuletzt 21 auf 25 bis 26 Prozent in den nächsten Jahren an. Kempkes stellte mit Blick auf die angestrebte Entwicklung der RWZ klar, dass der Umsatz für ihn nicht die primäre Kenngröße sei; wichtig sei der Ertrag. Deshalb strebt der Vorstandschef dort Allianzen an, wo diese den Ertrag steigern, auch wenn dadurch der Umsatz der RWZ geschmälert werde. Ein Beispiel dafür ist laut Kempkes der geplante Produktionsverbund im Futtermittelbereich mit der Agravis, ein anderes das beabsichtigte Gemeinschaftsunternehmen mit LandÂgaard im Bereich Profi-Gartenbau.
Wie der RWZ-Vorstandschef zum Geschäftsjahr 2016 im Einzelnen berichtete, erzielte besonders der Handel mit Kartoffeln und Getreide ein starkes Ergebnis. Trotz erneut schwieriger Marktbedingungen seien im Getreide- und Ölsaatengeschäft fast 3 Mio. t und damit 15 Prozent mehr als im Vorjahr umgesetzt worden. Erlöst worden seien 560 Mio. Euro bei zufriedenstellenden Margen. Ein Treiber des guten Ergebnisses sei insbesondere das Vertriebsgebiet Thüringen/Sachsen gewesen.
Die im Kartoffelhandel tätigen RWZ-Tochterunternehmen hätten die verarbeitete Menge an Speise- und Veredlungskartoffeln mit 2 Mio. t stabil halten und den Absatz bei Pflanzkartoffeln um 10 Prozent steigern können. Primär preisbedingt sei der Umsatz gegenüber 2015 um 65 auf 360 Mio. Euro gestiegen. Mit der Ertragslage sei er hier zufrieden, sagte Kempkes. „Richtig gut“ verlief nach seinen Worten das Betriebsmittelgeschäft, und zwar in allen drei Bereichen. Der Absatz von Düngemitteln sei entgegen dem Branchentrend um 20 000 t auf die Rekordmenge von 780 000 t gesteigert worden, aber der Umsatz sei preisbedingt auf 165 Mio. Euro geÂsunÂken. Beim Pflanzenschutz gelang es laut Kempkes, den Umsatz mit 203 Mio. Euro auf dem Vorjahresniveau zu halten. Das Saatgutgeschäft sei leicht geschrumpft, nämlich um 3 Prozent auf 64 Mio. Euro.
An Futtermitteln handelte die RWZ 2016 rund 530 000 t, davon 320 000 t Eigenproduktion in den Kraftfutterwerken Neuss und Wiesbaden. Erlöst wurden hier laut Konzernangaben 200 Mio. Euro. Der Vorstandsvorsitzende sprach mit Blick auf diesen Geschäftsbereich von „einem der besten Jahre“. Den geplanten Verkauf von 75 Prozent der RWZ-Futtermittelwerke an die Agravis begründete er mit dem enger werdenden Markt und den wachsenden Ansprüchen der Nachfrager. Die dazu notwendigen Investitionen könne die RWZ allein nicht schultern. Ausdrücklich betonte Kempkes, dass der Vertrieb nicht verkauft werde. Marke und Rezepturen würden beibehalten. Man werde jedoch ein breiteres Sortiment anbieten können.
Zur Landtechniksparte stellte der RWZ-Vorstandschef fest, dass diese in einem deutlich rückläufigen Markt den Umsatz bei 240 Mio. Euro knapp gehalten habe. Ein Rückgang in der Zulassung von Neumaschinen sei durch ein starkes Servicegeschäft rund um Reparaturen und Ersatzteile kompensiert worden, auch dank zwei neu errichteter Agrartechnikzentren in Gundersheim und Diez.
age – LW 18/2017