Schäferfest in Hungen wieder ein voller Erfolg

Landesleistungshüten lockte zahlreiche Besucher an

Im Rahmen der Hungener Kirmes verwandelte sich die Stadt am vergangenen Wochenende einmal mehr zum Zentrum der hessischen Schäferschaft und lockte damit viele hundert Besucher in den Stadtkern und an die angrenzende Schafweide. Zum 94. Mal feierte Hungen damit das jährliche Schäferfest, und machte seinem Titel als Schäferstadt damit alle Ehre.

Neben dem Landesleistungshüten wurde auch das neue Schäferkönigspaar gekrönt. Von links: Bürgermeister Rainer Wengorsch, Schäferkönig Benedikt Schwing, Schäferkönigin Isabel Olbrich und Verbandsvorsitzender Reinhard Heintz.Foto: Hoppe

Beim Landesleistungshüten warten verschiedene Aufgaben auf die Hirten und ihre Hunde, wie sie auch bei der alltäglichen Arbeit immer wieder auftreten können. Im Bild Schäfer Stefan Heintz beim Leistungshüten.

Neben dem traditionellen Schaf-Markt rund um das Kulturzentrum „Alte Grundschule“, standen am Samstag auch zahlreiche Vorführungen in der Hütetechnik, Schafschur und Informationsstände rund um Schafe und Naturschutz für die Besucher parat. Daneben stand auch der Wettbewerb im Landesleistungshüten auf dem Festprogramm: Beim Landesleistungshüten warten verschiedene Aufgaben auf die Hirten und ihre Hunde, wie sie auch im alltäglichen Schäfergeschäft immer wieder auftreten können. So muss das Gespann aus Mensch und Tier zeigen, wie sie Schafe auf die Weide und wieder herab führen, eine Brücke überqueren oder dem Straßenverkehr begegnen. Insgesamt acht Züchter qualifizierten sich in diesem Jahr für den Wettkampf und demonstrierten auf der Weide „Am Grassee“ ihre Fähigkeiten. Nach Grußworten von Bürgermeister Rainer Wengorsch, der die beachtliche Tradition der Schäferei, die auch in Hungen bewahrt werde, betonte und weiteren Grüßen des Präsidenten des hessischen Bauernverbands, Karsten Schmal, übernahm der Vorsitzende des „Hessischen Verbandes für Schafzucht und -haltung“, Reinhard Heintz, die Prämierung der Wettbewerbsteilnehmer. Die Bewertung übernahmen Schäfermeister Ralf Bauer aus Marsberg-Udorf, Schäfermeister Harald Schmid aus Münzenberg-Gambach und Landeslehrschäfermeisterin Andrea Gerlach aus Braunfels-Philippstein. Letztgenannte präsentierte den Hütern am Samstagnachmittag auch die Ergebnisse ihrer Läufe: Als Sieger und damit bester Schafhüter Hessens ging am Ende erneut Frank Meyenberg aus Hüttenberg mit 91 von 100 möglichen Punkten aus dem Wettbewerb hervor, der bereits in den vergangenen Jahren immer wieder die höchste Punktzahl erreichte. Zweiter wurde Volker Schuhmacher aus Usingen-Eschbach (84 Punkte) und dritter Manfred Jauering aus Staufenberg-Mainzlar (81 Punkte). Auf dem vierten Platz landete Harald Bangert aus Korbach-Meineringshausen (80 Punkte), fünfter wurde Steffen Schierholz aus Willingen (78 Punkte), den sechsten Platz teilten sich Ralf Meisezahl aus Hungen und Stefan Heintz aus Langgöns-Dornholzhausen (beide 77 Punkte) und auf Platz sieben landete Peter Safranek aus Kassel (72 Punkte). Neben der Siegerehrung zum Landesleistungshüten standen am Samstag auch mehrere Ehrungen an: Den alle drei Jahre verliehenen Ehrenpreis des Landes Hessen erhielt Patricia Heilbronn aus Alsfeld-Altenstädten für ihr hervorragendes Engagement als Züchterin. Auf ihrem heimischen Betrieb züchtet sie nicht nur ostfriesische Milchschafe, sondern vermarktet auch alle Produkte der Tiere selbst. Dazu engagiert sie sich auch ehrenamtlich um den Erhalt und die Unterstützung der heimischen Schäfereibetriebe.

Für langjährige Mitgliedschaft im „Hessischen Verband für Schafzucht und -haltung“ wurden weitere Mitglieder geehrt: Für 25 Jahre wurde Ralf Bauer aus Marsberg (der als Schiedsrichter das Landesleistungshüten bewertete) geehrt und Adolf Frese aus Wolfhagen ist bereits seit 40 Jahren Verbandsmitglied.

Auch heute noch gehört das Schaf zu den wichtigen Nutztieren in Deutschland – auch wenn die Bedeutung der Wolle stark abgenommen hat. Nach Verbandsangaben gibt es derzeit hessenweit 5 599 Schafhalter mit mehr als 165 000 Schafen. Jeder Hesse isst im Schnitt 0,9 Kilogramm Lammfleisch pro Jahr.

Viele Schäfer haben finanziell zu kämpfen

Doch bei aller Liebe für die Tiere und Freude an den Festlichkeiten beschäftigten auch ernste Themen die Schäfer: Nach wie vor sind die niedrigen Wollpreise ein Ärgernis, denn nach der Schur bleiben höchstens ein paar Cent für den Schäfer übrig, so dass sich der Wollverkauf eigentlich nicht auszahlt, erklärte Reinhard Heintz. Auch der Lammverkauf, der früher eine große Einnahmequelle für die Züchter war, kann heute nur noch gerade so die Kosten decken. „Geld kommt eigentlich nur über die Landschaftspflege mit den Tieren in die Kasse eines Schäfers herein“, so Heintz. Darum haben viele Schäfer finanziell zu kämpfen, insbesondere wenn Zusatzkosten auf die Züchter zukommen, wie derzeit die Blauzungen-Krankheit. „Wir befürchten, dass diese Krankheit auch zu uns nach Hessen kommen könnte“, berichtete Heintz weiter. „Aber viele Züchter hier in Hessen haben ihre Tiere bereits impfen lassen, so dass wir hier mit keinen allzu großen Schwierigkeiten rechnen.“ Auch eine eventuelle Ansiedelung von Wölfen in Hessen macht den Schäfern zu schaffen: Denn bislang ist dafür von staatlicher Seite aus noch keine Planung für den Zusammenstoß von Schäfern und Wölfen geschaffen worden. „Dabei geht es weniger darum, dass einmal ein Schaf gerissen wird, sondern viel mehr darum, dass dann die Herde nicht mehr führbar ist“, erklärte der Präsident des hessischen Bauernverbands, Karsten Schmal. Denn eine solche Konfrontation könnte dazu führen, dass eine Herde allein schon durch den Anblick von fremden Hunden panisch wird. Gerade in der derzeitigen Wirtschaftslage für die Schafzüchter könnten Schäden durch Wölfe der „Tropfen sein, der das Fass zum Ãœberlaufen bringt“, und somit viele Schäfer zum Aufgeben bewegen.

Die Teilnehmer des Leistungshütens, von links (Platzierung entspricht der Reihenfolge): Der Erstplatzierte Frank Meyenberg, Volker Schumacher, Manfred Jauernig, Harald Bangert, Steffen Schierholz, Stefan Heintz, Ralf Meisezahl und Peter Safranek.Foto: Hoppe

Krönung des neuen Schäferkönigspaares

Am Sonntagmorgen folgten die nächsten beiden Höhepunkte: Die Krönung des neuen Schäferkönigspaares und die Enthüllung der Figur des „Guten Hirten“, die nun am Hungener Festplatz ihren neuen, dauerhaften Standort finden soll. Das neue Hessische Schäferkönigspaar besteht aus Isabel Olbrich aus Ober-Mörlen und dem Nonneröther Benedikt Schwing. Die 18-jährige Schülerin ist bereits seit ihrer Kindheit von Schafen und Hunden begeistert und da verwundert es auch nicht weiter, dass sie sich als Hobby eine kleine, fünfköpfige Schafherde hält. Benedikt Schwing hat seine Schäfer-Ausbildung unter anderem bei dem Hungener Stadtschäfer Ralf Meisezahl durchlaufen. Am Nachmittag startete dann der große Umzug durch die Hungener Innenstadt mit den Schäfern an der Spitze. Verzichten mussten die zahlreichen Besucher und Teilnehmer beim Festzug jedoch auf die sonst üblichen Schafe: Aufgrund der sehr hohen Temperaturen am Wochenende sollten die Tiere etwas geschont werden.

Constantin Hoppe – LW 35/2016