Schulterschluss für Artenvielfalt
Verbände werben für kooperativen Naturschutz
Die beiden Bauern- und Winzerverbände und mehrere Naturschutzverbände aus Rheinland-Pfalz haben sich kürzlich mit einem gemeinsamen öffentlichen Appell an die Landesregierung gewandt und für einen kooperativen Weg im Naturschutz sowie für einen Schulterschluss Artenvielfalt geworben. Hintergrund sind die aktuellen Verhandlungen zum Insektenschutzpaket auf Bundesebene, bei denen sich die Verbände Unterstützung beim Land erhoffen. Das LW hat mit der Vorsitzenden des Naturschutzbundes (NABU) Rheinland-Pfalz, Cosima Lindemann, und dem Präsidenten des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, über das Verhältnis Naturschutz und Landwirtschaft und über den Schulterschluss gesprochen.
Frau Lindemann, welche Eindrücke haben Sie von dem „Zusammentreffen“ von Landwirtschaft und Natur gewonnen?

Foto: Setzepfand
Eberhard Hartelt: Viele Arten sind wegen der Kultivierung der Landschaft erst hier eingewandert und heimisch geworden. Die Landwirtschaft ist oftmals der Grund für die Artenvielfalt vor Ort. Das ist ja für uns Landwirte nicht einfach zu verstehen: Wir schaffen durch die Bewirtschaftung Lebensräume, Naturschutzgebiete werden deswegen eingerichtet, und jetzt soll genau diese Bewirtschaftung erheblich eingeschränkt werden. Aber klar ist auch, dass durch die Intensivierung Lebensräume verloren gehen. Und auch wir müssen Verantwortung für den Naturschutz übernehmen.
Wie kam es zum Schulterschluss zwischen Landwirtschafts- und Naturschutzverbänden bei der Erhaltung der Artenvielfalt?
Lindemann: Für mich liegt es auf der Hand, dass man die Probleme nur gemeinsam lösen kann, die Landwirtschaft ist Teil des Problems, aber die Bauern sind auch Teil der Lösung. Sie haben das Know-how in der Landbewirtschaftung, wir haben das Know-how in Natur- und Artenschutz. Ohne die landwirtschaftliche Nutzung gibt es keine Biodiversität. Wir wollen auch ein Gegenmodell zur Konfrontation schaffen angesichts der Bauernproteste und der Demos von Naturschützern. Spaltungsprozesse haben wir ja schon genug in unserer Gesellschaft.
Hartelt: Der Schulterschluss hat sich schon seit einiger Zeit angebahnt. Wir haben uns auf Veranstaltungen kennengelernt, und Aussagen von Frau Lindemann über einen kooperativen Ansatz haben eine gemeinsame Basis geschaffen. Durch den Beschluss des Bundeskabinetts zum Insektenschutzpaket im September 2019 haben sich die Gespräche dann verdichtet, weil wir da handeln müssen. Wichtig ist, dass Landwirte und Naturschützer nüchtern über Ursache und Wirkung bei Bewirtschaftung und Artenschutz diskutieren und nicht darüber, wer die Schuld trägt.
Mit Cosima Lindemann und Eberhard Hartelt sprach Cornelius Mohr – LW 24/2021