Schutz vor Starkregen und Austrocknung
Agroforst-Feldtag für Landwirte in Mittelhessen
Am 10. Juni kamen Interessierte aus der landwirtschaftlichen Praxis, Beratung und Forschung zusammen, um im Rahmen eines Feldtages drei Beispiele für Agroforstsysteme in Mittelhessen zu besichtigen, die bereits umgesetzt und bewirtschaftet werden. Ziel war es, praktische Erfahrungen und Erkenntnisse über die Chancen und Herausforderungen auszutauschen.

Foto: von Klitzing
Agroforst-Forschung am Gladbacher Hof
Das erste besichtigte Agroforstsystem auf dem Gladbacher Hof in Villmar-Aumenau ist eine Mischung aus Ackerbaunutzung mit sechs Baumreihen auf 3,5 ha. Die Fläche wurde im Jahr 2020 mit Unterstützung des Landes Hessen als Forschungsprojekt angelegt. Voraus ging ein längerer Planungsprozess, bei dem die Ziele der Anlage, mit den Ideen aller am Projekt Beteiligten abgestimmt wurden, wie Dr. Philipp Weckenbrock von der Universität Gießen erläuterte: „Die Erfordernisse der Bewirtschaftung hatten höchste Priorität und eine klare Kommunikation aller Beteiligten ist entscheidend und zielführend gewesen.“
Die ackerbauliche Nutzung der Flächen soll durch die Baumstreifen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden, idealerweise sollen die positiven Auswirkungen überwiegen. Der Erosionsschutz spielt hierbei eine wichtige Rolle.
Starkregen führte zu Bodenverlusten
Nach einem Starkregenereignis von 100 mm im Jahr 2018 war die Gefahr sehr deutlich geworden, dass der für die Produktion wertvolle Oberboden dieser Fläche (70 Bodenpunkte) auf Dauer verloren gehen kann, wenn Starkregenereignisse erneut auftreten. Die Tendenz dazu ist gegeben, sodass bereits 2024 auch wieder Starkregen in Villmar fielen, wenn auch etwas geringer als 2018.
Die Wirksamkeit der Baumreihen gegen die Erosion wird durch die Uni Gießen untersucht. Zudem wird in Zukunft auch ein akustisches Bioversitäts-Monitoring innerhalb der Systeme erfolgen.
Der Abstand der Baumreihen ist mit 18 m auf ein vielfaches der Arbeitsbreite gewählt worden, die Baumstreifen sind jeweils 3 m breit. Viele Fragen der Praktiker drehten sich um Themen wie die Pflege der Baumstreifen, Pflanztechnik, Wurzelschnitt und den Schutz der Bäume.
Wenn Greifvögel junge Bäume anfliegen und als Ansitz für ihre Jagd nutzen, knicken sie öfters den obersten Trieb der Bäume ab. Um dies zu verhindern, ist das Aufstellen mehrere Sitzstangen für Greifvögel sinnvoll.
Ackerbau mit Wert- und Energieholz in Waldsolms
Auf dem Biolandhof Busch durfte die Gruppe in Waldsolms aus erster Hand erfahren, wie Hannes Busch die Agroforst-Baumstreifen in seinen Ackerbau integriert. Die Fläche ist auf einem windigen Hang gelegen. „Ein Ziel unseres Agroforststreifens ist die Reduzierung der Windgeschwindigkeit, um so die Feuchtigkeit in Trockenphasen besser im Bestand zu halten“, erklärte Hannes Busch. Der Standort ist mit 36 Bodenpunkten eher karg und flachgründig, sodass ein mehr an Feuchtigkeit umso wertvoller für den Ackerbau ist, wenn der Plan aufgeht.
Gepflanzt wurden insgesamt drei Reihen mit verschiedenen Werthölzern: zum Beispiel Wildkirsche, Walnuss-Hybriden und Baum-Hasel. Dazwischen wurden Pappel-Ruten zur energetischen und stofflichen Nutzung für den mittleren bis langen Umtrieb gesetzt (Ernte in 8 bis 20 Jahren). Der Abstand zwischen den Baumreihen beträgt 36 m. Die Abstände zum Feldrand wurden so gewählt, dass das System auch nach GAP DZV als Agroforstsystem gilt.
Der Bioland-Betrieb nimmt unter anderem am Projekt Humus-Klima-Netzwerk teil, worüber die Materialkosten der Agroforstanlage als eine Maßnahme gefördert werden konnten. „Den Plan für ein Agroforstsystem hatte ich schon seit längerer Zeit und konnte ihn nun umsetzen. In ein paar Jahren werden wir noch mehr darüber wissen, wie gut es in unseren Betrieb und für unsere Standortbedingungen passt“, so Hannes Busch.
Schutz vor Wildschäden
Eine Herausforderung ist der Schutz vor Wildschäden. Rehböcke fegen gerne an jungen Bäumen und knicken diese dabei oft ab. Eine Ablenkung mit zum Beispiel Holzpfählen wirkt der Erfahrung nach nicht, da lebendiges, frisches Holz bevorzugt wird. Aus der Gruppe kamen Hinweise, mit dem Jagdpächter zu sprechen, da es pro Jahr nur ein paar wenige, standorttreue Tiere sind, die die Fegeschäden verursachen. Zudem kann eine Zaunkonstruktion errichtet werden, was aber aufwendig bei der Errichtung und Pflege ist, zusätzliche Kosten verursacht und zum Beispiel Kaninchen dennoch unten eindringen und Schäden verursachen können.
Um die Verdunstung in den Baumstreifen zu verringern und die Konkurrenz durch Unterwuchs zu vermeiden, wird Kleegras als Mulchmaterial verwendet, da dies ohnehin in ausreichender Menge im Betrieb vorhanden ist. Bisher gab es nur wenige Ausfälle der gepflanzten Bäume.
Walnussproduktion und Ackerbau in Langgöns
Die Brüder Michel und Max Textor haben auf ihrem Bioland-Betrieb in Niederkleen mit der Pflanzung von Walnussbäumen zur Fruchtproduktion begonnen; der Pflanzabstand beträgt 12 x 12 m.
Die Walnuss braucht zur Fruchtentwicklung eher nährstoffreiche und tiefgründige Böden, die teilweise am Standort in der Wetterau vorhanden sind (Bodenpunkte bis zu 75). Zwischen den Reihen wird Ackerbau betrieben oder Heu für die Tiere auf dem Betrieb gewonnen. Mögliche ackerbauliche Nutzungen sind Hafer, Weizen oder Kartoffelanbau.
„Die Neuanlage hat sich bisher bewährt, wenn sie in mehrjährigen Kleegras-Bestände gepflanzt wird, was den Beikraut-Druck in der Fläche maßgeblich verringert und eine gute Bodenstruktur für die Jungbäume bietet“ so Michel Textor. Auf diese Art wurde die zuletzt gepflanzte Walnussanlage erfolgreich umgesetzt.
Fachliche und finanzielle Unterstützung durch Silvocultura
Diese wird fachlich und finanziell im Rahmen des Förderprogramms Silvocultura unterstützt. Hier werden 50 Euro pro Baum erstattet, die in diesem Beispiel bezogen auf die Materialkosten (Pflanzgut, Baumschutz, usw.) kostendeckend sind. Auf dem Betrieb Textor wurden 2023/2024 in diesem Rahmen 240 Bäume gepflanzt.
Für die Biodiversität und als Kennzeichnung der elf Baumreihen wurden elf verschiedene nicht-Walnuss-Bäume (Maulbeere, Edelkastanie, Ahorn, Ulme) jeweils an den Beginn einer jeden Reihe gepflanzt. Eine Bedingung dabei ist, dass mindestens 70 Bäume pro teilnehmendem Betrieb gepflanzt werden. Gefördert werden Einzelbäume, das heißt zum Beispiel Stammholz, Obst oder Nuss. (Informationen zum Programm, das bis 2027 läuft, gibt es hier: www.silvocultura.ch/programm).
Die erwarteten Vorteile von Agroforstsystemen im Umgang mit Starkregen und Dürrephasen sind vielversprechend. In den kommenden Jahren werden weitere wertvolle Erfahrungen aus hessischen und bundesweiten Beispielen erwartet. Langfristige Beobachtung und Begleitung der Flächen sind entscheiden.
Die Flächen werden langfristig begleitet
Wie lässt sich die Ackerbauliche Nutzung langfristig mit der Baumbewirtschaftung kombinieren? Wie gut passen die Arbeitsabläufe verschiedener Kulturen ineinander? Welche technischen und personellen Voraussetzungen sind innerbetrieblich notwendig? Es ist ermutigend zu sehen, dass Agroforstsysteme bereits jetzt auch unabhängig von staatlicher Förderung über Projekte und verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten entwickelt und erprobt werden. Für weiterführende Informationen steht die Beratung jederzeit zur Verfügung (Fachberatung gibt es u.a. bei Bioland und beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen).
Organisiert wurde die Veranstaltung von Bioland e.V., dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen und der Vermarktungsgesellschaft Kornbauern.
Oliver Döll, Christian Dyroff, Robert von Klitzing, LLH; Tobias Hoppe, Bioland e.V. – LW 26/2024