„Soft Skills“ im Management – worauf es Banken ankommt

Betriebliche Kennzahlen sind wichtig, aber nicht alles

In früheren Zeiten war die Finanzierung landwirtschaftlicher Unternehmen in vielen Fällen durchaus einfacher als heute. Wurde Geld benötigt, ging man zu seiner Hausbank im Ort. Wenn die Zahlen passten und auch „genügend Platz“ im Grundbuch war, stand einer Kreditvergabe nichts im Wege. Dann konnten die Verträge gleich nach den Verhandlungen mit dem Bankberater unterschrieben werden und dem Vorhaben des Betriebes stand nichts mehr entgegen. Heute ist die Situation in den Betrieben meist völlig anders.

Ein wichtiges Instrument für das Meistern von Phasen niedriger Erzeugerpreise ist die Liquiditätsvorausschau, um auch in turbulenten Zeiten einen kühlen Kopf bei der Sicherung der Zahlungsfähigkeit zu behalten. Wer den Geld­be­darf für die nächsten Monate kennt, kann rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um in Engpässen zahlungsfä­hig zu bleiben. Ein exaktes Berichtswesen gegenüber der finanzierenden Bank ist Grundvoraussetzung.

Foto: Moe

Wer in der Landwirtschaft wettbewerbsfähig bleiben will, muss laufend in seinen Betrieb investieren. Meist einen viel größeren Anteil im Verhältnis zum Betriebsvermögen, als früher. Der Fremdkapitalanteil vieler wachsender Betriebe ist gewaltig und damit das Risiko angestiegen, die Kapitaldienstleistungen fristgerecht erfüllen zu können.

Werthaltige Besicherung der Finanzierungen fehlt

Infolge der agrarwirtschaftlichen Rah­menbedingungen sind auch die Wachstumsschritte in der Landwirtschaft deutlich größer geworden. Einhergehend damit steigt die Fremdkapitalbelastung der Unternehmen. Eine vollständige werthaltige Besicherung der Finanzierungen ist daher häufig nicht mehr möglich. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sind die Banken gezwungen genauer hinzuschauen. Auch wenn die Finanzierungsmittel voll werthaltig abgesichert sind, darf der Finanzierungspartner allein schon wegen der Regulatorik im Bankensektor nicht mehr nach diesem Prinzip verfahren. So verfolgt auch die Bank im Interesse aller Beteiligten mehr denn je die Frage, ob und wie das finanzierte Unternehmen in der Lage ist, nachhaltig Zins- und Tilgungsleistungen erbringen zu können.

Die Jahresabschlüsse reichen nicht mehr aus

Aussagefähiges Zahlenwerk zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und den Produktionskennzahlen des Betriebes sind in jedem Fall unerlässlich und die Grundvoraussetzung für die Geschäftsbeziehung. Wer Geld von der Bank haben will, muss im Normalfall nicht nur die Jahresabschlüsse der vergangenen Jahre und aktuelle Zwischenberichte wie Geldrückberichte, Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) des laufenden Geschäftes aus der Finanzbuchhaltung bereithalten, sondern auch Planzahlen vorlegen, aus denen man eine Vorstellung über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens gewinnen kann. Welche Unterlagen bei der Bank einzureichen sind und worauf geachtet werden sollte, ist in (Krisen-) Zeiten, wie in der jüngeren Vergangenheit mit einem teils extrem schwierigen Markt­umfeld, häufig thematisiert worden und Gegenstand von Vorträgen und Fachbeiträgen in den Landwirtschaftsblättern. Dabei bleibt häufiger unberücksichtigt, dass es neben diesen essenziellen „harten“ Zahlen, Daten und Fakten außerdem eine ganze Reihe von sogenantnen weichen Fakto­ren gibt, welche mitunter genauso wichtig für die Ein­schätzung des Unternehmens durch die Bank sein können.

Vertrauenswürdige Unternehmerpersönlichkeit

Dreh- und Angelpunkt jeder Finanzierung ist die Beurteilung der Unternehmerpersönlichkeit. Dabei ist die Vertrauenswürdigkeit die erste wichtige Eigenschaft, die gegeben sein muss. Ohne eine solide Vertrauensbasis kommt eine Geschäftsbeziehung erst gar nicht zustande. Dazu ist es eine Grundvoraussetzung, dass ein ehrlicher Umgang miteinander gepflegt wird und auch kritische Themen offen angesprochen werden können.

Klare Einschätzung des Vorhabens erforderlich

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass der Unternehmer eine klare und realistische Einschätzung davon hat, wo er steht und wo er hin will. Dafür ist es hilfreich, dass Landwirte sowohl ihre Produktionsdaten, als auch die daraus resultierenden Erlös- und Kostenstrukturen kennen und beispielsweise die Frage beantworten können, wie hoch die Vollkosten für die Produktion von einem kg Milch, einer t Weizen oder einem Absetzferkel zu kalkulieren sind.

Eigene Leistung realistisch einordnen und vergleichen

Neben der Kenntnis dieser Kennziffern und Einordnung der Produktionsverfahren seines Betriebes in den Kennzahlen sollte der landwirtschaftliche Unternehmer einen guten Überblick haben, wie er im Vergleich mit Berufskollegen da steht und wie seine Position im Wettbewerb ist. Was die Ziele für die zukünftige Entwicklung des Betriebes angeht, legen die Banken Wert auf eine klare und nachvollziehbare Strategie. So müssen Landwirte als Unternehmer eine Vorstellung entwickeln, wo sie im nächsten aber auch in fünf oder zehn Jahre stehen wollen – und nicht zuletzt – wie sie dort hinkommen wollen. In diesem Zusammenhang ist es von Vorteil, wenn die Landwirte wissen, welche Einflüsse auf die Bezugs- und Absatzmärkte wirken, auf denen sie sich mit ihren Erzeugnissen behaupten müssen und wie diese funktionieren. Auch hier müssen sie als Unternehmer über umfassende Informationen verfügen, um eine gute Einschätzung treffen zu können, wie sich beispielsweise Mengen­änderungen auswirken und wovon Preisentwicklungen für Betriebsmittel und die erzeugten Produkte abhängen. Zum anderen sollten sie wissen, an welche Abnehmer sie ihre Produkte verkaufen und wie gut oder schlecht diese aufgestellt sind. Hilfreich ist zum Beispiel, wenn Landwirte eine realistische Vorstellung davon haben, ob ihre Molkerei in der Lage ist, mit einem sinkenden Milchpreisniveau besser umzugehen, weil sie möglicherweise breiter in Produktlinien oder produktionstechnisch effizienter aufgestellt ist, als ein an­deres Milchunternehmen. Oder aber wie ein Handelsembargo auf das Schlachtunternehmen, mit dem der Betrieb zusammenarbeitet, wirken kann, wenn es beispielsweise einen großen Teil des Fleisches exportiert.

Zwischen Risikogespür und Risikobereitschaft

Ein weiterer Aspekt, der nicht nur bei der Bank ins Visier der Betrachtung geraten sollte, ist das Thema Risiko. Landwirte sollten in verschiedener Hinsicht ein gesundes Bewusstsein für die Risiken haben, die Investitionen, betriebliches Wachstum und die Inanspruchnahme von Fremdkapital mit sich bringen. Zum einen sollten die Unternehmer sich im Klaren darüber sein, dass insbesondere schnelle und große betriebliche Entwicklungsschritte, die in der Regel nur mit Hilfe einer entsprechenden finanziellen Begleitung durch die Bank realisiert werden können, nicht nur ein unternehmerisches, sondern in Abhängigkeit von der Haftungsform des Unternehmens auch ein beträchtliches persönliches Risiko mit sich bringt. Hier weden leicht Fehler gemacht und nicht selten laufen Unternehmer in bestimmten Situationen sprichwörtlich „blind“ mit voller Wucht ins offene Messer. Das ist ebenso wenig im Interesse der Bank. Die andere Seite der „Medaille Risiko“ ist eine angemessene Risikobereitschaft. Damit ist nicht nur der Mut gemeint, die betriebliche Entwicklung voranzutreiben, um neue Wege zu gehen. Daran mangelt es vielen Unternehmern auch im Bereich der Landwirtschaft häufig nicht. Vielmehr erwartet die Bank von ihren Kunden die Bereitschaft, in einem der betrieblichen Situa­tion angemessenen Umfang Sicherheiten und Eigenkapital vorzeigen zu können, wenn die Betriebe Kredite zur Realisierung ihrer betrieblichen Vorhaben anfragen. Nur wer selbst etwas wagt, gewinnt die Risikobereitschaft seiner Bank und bekommt von ihr die nötigen finanziellen Mittel, um die weitere betriebliche Entwicklung gestalten zu können.

Finanzielle Entwicklung zeitnah einschätzen können

Landwirte haben gerade in der heutigen Zeit ihre Produktion vielfach besonders gut im Griff. Auch die Bank wünscht sich hier Geschäftspartner mit einer besonders guten Produktionstechnik. Das ist die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes. Gleichzeitig ist es unbedingt notwendig, dass Landwirte auch ihre produktionstechnischen Kennzahlen beherrschen. Wer zeitnah die zur Einschätzung der finanziellen Lage des Betriebes erforderlichen Unterlagen und Informationen liefern kann, wird eine konstruktive Begleitung durch seinen Finanzierungspartner erhalten. Das fällt nicht jedem leicht. Manch einer nutzt nicht regelmäßig zum Beispiel Ta­bel­lenkalkulationen oder elektronisch geführte Ackerschlagkarteien. Das ist legitim, solange er sich dieser Schwäche bewusst ist. Wer das selbst nicht leisten kann, muss diese wichtige Leistung zukaufen, in dem er beispielsweise eine geeignete Bürokraft beauftragt oder einen Teil der kaufmännischen und administrativen Aufgaben an einen Dienstleister auslagert. Hier sind Steuer- und Wirtschaftsberater, sei es in Form der Offizialberatung oder durch ein privatwirtschaftliches Beratungsbüro, zu nennen, die in vielen Fällen ein breites Spektrum an Service in diesem Bereich anbieten. Dazu zählt auch die Vor- und Aufberei­tung von Unterlagen für die Bank oder die Begleitung zum Ge­spräch mit seinem Kreditinsti­tut.

Dr. Tim Obermowe, NordLB – LW 21/2017