Soja passt auch nach Nordhessen

In Reichensachsen bei Eschwege wurden Pflanzenbauthemen diskutiert

Zu einer Vortragstagung, bei der aktuelle Fragen der Pflanzenproduktion behandelt wurden, hatten der Landesbetrieb Landwirtschaft und das Regierungspräsidium Gießen nach Wehretal-Reichensachsen eingeladen. Behandelt wurden die Themen Herbizidresis­tenzen, Soja-Anbau, Strohmanagement als Teil der Feldhygiene und Precision Farming.

Nach der Begrüßung durch Manfred Kirchner vom LLH in Eschwege führte Karl-Heinrich Claus, LLH Petersberg, durch das weitere Programm. Er leitete in die Themen, deren Problemstellungen und Lösungsansätze langfris­tiger Natur seien, ein.

Resistente Unkräuter sind teilweise hausgemacht

„Die Zeitbombe tickt“, warnte Dr. Dominik Dicke mit Blick auf die im Lande zunehmenden Resistenzen bei Unkräutern. Vor allem Ackerfuchsschwanz, Windhalm und Taube Trespe bereiten dem Pflanzenschützer Sorgen. Er machte deutlich, wie wichtig der Wirkstoffwechsel im Rahmen einer Herbizidstrategie ist: „In einer Unkrautpopulation sind immer einzelne Pflanzen dabei, die durch Mutationen besser mit dem einen oder anderen Pflanzenschutzmittel zurechtkommen. Wendet man dann dieses Mittel immer wieder an, selektiert man die resis­tenten Pflanzen heraus und baut eine unempfindliche Population auf. Das Mittel zeigt dann – je nach Resistenztyp – einen sofortigen oder schleichenden Wirkungsverlust“, so Dr. Dicke.

Vor allem Herbizide der Wirkstoffklassen (WK) A, B und C seien betroffen, bei Bodenherbiziden sei das Risiko von Resistenzerscheinungen geringer. Eine Resistenzstrategie müsse folgendes Ziel verfolgen: Die Unkrautpopulation muss durch ackerbauliche und Pflanzenschutz-Maßnahmen von vorneherein klein gehalten werden. Dazu müssten Herbizide gezielt unter Berücksichtigung ihrer Wirkungsweise (Wirkstoffklasse; boden- oder blattwirksam) unter optimalen Bedingungen eingesetzt werden, um regelmäßig hohe Wirkungsgrade zu erzielen.

Im Landkreis Gießen habe man beispielsweise wegen auffälliger Windhalmbestände Versuche angelegt und festgestellt, dass gegen Atlantis und Broadway (beide WK B) eine Wirkort-Resistenz besteht und auch durch eine Erhöhung der Aufwandmengen keine besseren Wirkungsgrade mehr zu erreichen sind. IPU (WK C) beispielsweise sei aber noch voll wirksam.

Dr. Dicke wies auch darauf hin, welche weiteren Faktoren für die Resis­tenzentwicklung beziehungsweise Wirksamkeit von Herbiziden eine Rolle spielen. Vor allem förderten Frühsaaten und der Pflugverzicht das Aufkommen von Ungräsern. Daher sollte bei konservierenden Bodenbearbeitungssystemen unbedingt die übrigen Risikofaktoren minimiert werden.

Soja-Anbau ist bis nach Hannover möglich

LLH-Berater Frank Hahn erläuterte die Produktionstechnik des Soja-Anbaus.

Foto: Becker

„Auch weitere Fruchtfolgen können das Risiko für Resistenzerscheinungen senken“, sagte Frank Hahn vom LLH in Fritzlar, der über den Anbau von Sojabohnen referierte. Außerdem könnte die Aufnahme der bisher im heimischen Anbau unterrepräsentierten Leguminosen Arbeitsspitzen brechen. Allerdings muss laut Hahn eine neue Kultur vor allem wirtschaftlich sein, aber auch in die Betriebsabläufe passen, handelbar sein und sollte möglichst keine zusätzliche Investitionen zur Folge haben.

„Der Anbau von Sojabohnen, die weltweit als Ölsaat gehandelt, aber dennoch eigentlich eine Leguminose sind, erfolgt vor allem in den USA, Brasilien und Argentinien.“ In Europa sei Italien einer der größten Produzenten mit rund 155 000 ha (USA 31 Mio. ha). Aber auch in Deutschland sei der Anbau möglich, da durch die Züchtung mittlerweile Soja-Sorten zur Verfügung ständen, die bis zum 52. Breitengrad, also bis zur Höhe Hannovers, angebaut werden könnten. Beim Soja-Anbau seien nicht nur die Temperaturen und die Niederschläge begrenzender Faktor, sondern auch die Tageslängen, da es sich um eine Kurztagspflanze handele.

„Die benötigte Temperatursumme von etwa 1500 °C wurde auch in Nordhessen in den letzten drei Jahren immer erreicht. Und auch die Durchschnittstemperatur von 15 °C ist nur selten ein Problem, allerdings ist die Kultur noch immer relativ frostempfindlich“, charakterisierte der Berater die Pflanze. Der Wasserbedarf sei insgesamt relativ gering, aber zur Blüte Ende Juni/Anfang Juli müsse genug Wasser da sein; aber auch das sei in Hessen in der Regel gegeben. Standorte mit lockeren, leicht erwärmbaren Böden und hoher Wasserkapazität seien ideal, Frühjahrstrockenheit kein Problem, so Hahn.

Zur Sortenwahl bemerkte er, dass man zur Sicherheit sehr frühe Typen anbauen sollte (000-Sorten), um eine sichere Abreife zu gewährleisten. In der Fruchtfolge würde Soja vor allem nach Wintergetreide gut passen, aber auch nach Sommergetreide oder Mais. Die Aussaat könne mit herkömmlicher Technik erfolgen, aber eine Impfung des Bodens mit Knöllchenbakterien, vor allem bei erstmaligem Anbau, mittels eines Schneckenstreuers sei unumgänglich. Bei der Ernte müsse auf die Höhe des sortenindividuellen Schotenansatzes geachtet und entsprechend höher oder tiefer geschnitten werden.

„Die Wirtschaftlichkeit bei 30 dt Ertrag und 45 bis 50 Euro/dt liegt etwa im Bereich von Wintergerste oder Stoppelweizen“, resümierte Frank Hahn. Die Versuche des LLH hätten jedenfalls gezeigt, dass Sojabohnen in Hessen grundsätzlich angebaut wer-den könnten.

Strohmanagement verbessert Feldhygiene und Arbeitsqualität

Ergebnisse und Praxisbeispiele zur Strohzerkleinerung als ein Maßnahmenbaustein zur Feldhygiene stellte Dr. Marco Schneider vom LLH in Alsfeld vor.

„Das Mulchen ist in Aufwand und Kosten etwa mit dem Grubbern vergleichbar“, so Dr. Marco Schneider vom LLH in Alsfeld.

Foto: Becker

„Pflügen reicht oft nicht zur Verrottung“, sagte Schneider und zeigte auf, in welchen Fruchtfolgesituationen einer Strohzerkleinerung besondere Bedeutung zukommt: In Weizen nach Mais (Ziel Fusarium-Bekämpfung), in Weizen nach Weizen (Ziel DTR-Bekämpfung), in Weizen nach Raps (Ausfallraps zum Auflaufen bringen) in Mais nach Mais (Zünsler und Blattkrankheiten bekämpfen) und in Raps nach Weizen (Ziel Strohhrotte fördern).

Versuche hätten beispielsweise gezeigt, dass eine Strohzerkleinerung die DON-Gehalte von Winterweizen nach Körnermais etwa halbieren könne, erläuterte der LLH-Berater. Auch habe sich gezeigt, dass ein Mulchgang ohne jede weitere Bearbeitung in engen Getreidefruchtfolgen deutlich mehr Ausfallgetreide auflaufen lasse als eine 12 cm tiefe Stoppelbearbeitung.

„Das Mulchen ist in Aufwand und Kosten etwa mit dem Grubbern vergleichbar, macht sich aber vor allem dann bezahlt, wenn man einen Getreidehochschnitt vornimmt“, führte Schneider aus. Wenn man mit dem Mähdrescher nur die Ähren abschneide und viel weniger Stroh durch die Maschine laufe, könne die Schlagkraft des Mähdrusches deutlich erhöht und so der nachfolgend notwendige Mulcher-Einsatz bezahlt werden. Vor allem in schwierigen Erntejahren, wenn jede Mähdrescherstunde besonders kostbar ist, sei dies eine bedenkenswerte Alternative.

Mehrjährige Auswertungen zum Precision Farming

Ãœber den Einsatz von Precision Farming in Praxisbetrieben referierte Jens Symanneck von der AgriCon GmbH im sächsischen Ostrau. „Durch eine teilflächenspezifische Arbeitsweise können erhebliche Mengen an Produktionsmitteln wie Pflanzenschutz-Präparate und Dünger eingespart und außerdem deutlich homogenere Bestände ins Feld gestellt werden, was wiederum die Ernte effektiver macht“, umriss der Fachmann die Vorteile.

„In unseren Auswertungen der letzten Jahre haben wir bessere N-Bilanzen, Mehrerträge von rund 5 Prozent und Leistungssteigerungen beim Mähdrescher von 12 bis 20 Prozent festgestellt. Bei der Düngung konnten etwa 50 bis 100 Euro pro Hektar eingespart werden“, so der Referent.

Dies sei heute Stand der Technik, aber in absehbarer Zukunft werde auch die Einzelpflanzenbehandlung in einer Überfahrt mit verschiedenen Pflanzenschutzmitteln durch optische Erkennung und Ansteuerung einzelner Düsen und Tanks möglich sein. So würden auch im Pflanzenschutz große Einsparungen und positive Umweltwirkungen ermöglicht, prognostizierte Symanneck.

KB – LW 6/2013