Sorge um Einschränkung von Düngung und Pflanzenschutz

DBV-Forum Ackerbau: Chancen, aber auch Bedrohungen

Stärken und Schwächen, Potenziale und Bedrohungen für den Ackerbau in Deutschland wurden vergangene Woche in einem Forum auf dem Deutschen Bauerntag diskutiert. Der Vorsitzende des DBV-Fachausschusses für Getreide, Wolfgang Vogel, beklagte zu Beginn, dass die Bedeutung des Ackerbaus nicht erkannt werde, sondern in der Öffentlichkeit negative Assoziationen vorherrschten.

Will Ausgleichsflächen für die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln: UBA-Präsidentin Maria Krautzberger.

Foto: Mohr

Vogel kritisierte die immer neuen Standards in der EU und Deutschland, während die hiesigen Ackerbauern in Konkurrenz beispielsweise zu den Erzeugern im Schwarzmeer-Gebiet stünden. Sorge macht ihm vor allem die Novellierung der Düngevorordnung und die Zulassungssituation bei Pflanzenschutzmitteln. „Fachlich unbegründete Eingriffe in bewährte landwirtschaftliche Produktionsverfahren und dadurch steigende Produktionskosten bedrohen unsere hart erkämpfte Wettbewerbsfähigkeit massiv“, warnte der Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes.

Gute Aussichten für den Ackerbau auf den Märkten

Professor Dr. Hiltrud Nieberg vom Thünen-Institut zeichnete ein positives Bild für die Zukunft des Ackerbaus angesichts der Erhöhung des Gewinns in den letzten zehn Jahren. Real hätten sich die Gewinne verdoppelt. Mittlerweile könnten die Vollkosten gedeckt werden. Bei den Getreideerträgen sei Deutschland international führend. Aufgrund der Effektivität gebe es hierzulande die niedrigsten Direktkosten, aber hohe Arbeitserledigungskosten. Auf der anderen Seite müsse man die Bodenpreise, die stark angestiegen seien, im Auge behalten.

Für Optimismus spricht nach Einschätzung von Nieberg die steigende Nachfrage nach Agrargütern bei steigender Weltbevölkerung. Auf der anderen Seite erwartet sie steigende Kosten durch die zurückgehende Verfügbarkeit von neuen Pflanzenschutzmitteln. Durch eine Verschärfung der Düngeverordnung sieht sie vor allem die tierhaltenden Betriebe betroffen, während Ackerbaubetriebe von einem Gülleexport und damit von einem Nährstoffzufluss profitieren könnten.

Immer weniger Wirkstoffe zur Verfügung

Friedhelm Decker, DBV-Umweltbeauftragter und bis vor kurzem Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes, wies die öffentliche Kritik am Import von Soja zurück. Es gebe eine effektive weltweite Arbeitsteilung: Deutschland sei prädestiniert für die Weizenproduktion, Brasilien für den Anbau von Soja. Sollten die beiden Länder diese Produkte selbst anbauen, bräuchten sie die doppelte Fläche für den gleichen Ertrag.

Mit der Verschärfung der Pflanzenschutzmittel(PSM)- Zu­lassung sieht Decker den modernen Ackerbau in Frage gestellt. „Wir brauchen eine wissenschaftlich fundierte und risiko­orientierte Zulassung“, so Deckers Forderung. Endlich in die Tat umgesetzt werden müsse die Harmonisierung der Pflanzenschutzmittelzulassung in Europa mithilfe der zonalen Zulassung. Als besonders problematisch bezeichnete Decker die immer offenkundiger werdenden Zielkonflikte. Beispielsweise werde es bei immer weniger verfügbaren Wirkstoffen zunehmend schwieriger, Resistenzen zu vermeiden. Scharf kritisierte er auch die Novelle der Düngeverordnung. Es wäre ein Fehler, von der bedarfsgerechten Düngung abzugehen, warnte er.

Zulassungsstau beim BVL

Staatssekretär Dr. Robert Kloos vom Bundeslandwirtschaftsministerium nannte die kritischen Punkte bei der Novelle der Düngeverordnung: die starke Begrenzung des Bilanzüberschusses bei Stickstoff auf 40 statt bislang 60 Kilogramm, die Verlängerung der Sperrfrist für die Gülleausbringung auf vier Monate und die Verlängerung der Lagerkapazität von 6 auf 9 Monate. „Das akzeptieren wird nicht“, machte der Staatssekretär klar. „Wir wollen praxisgerechte Lösungen.“ Sein Haus schlage insbesondere Stickstoff-Obergrenzen für verschiedene Regionen vor.

In puncto Pflanzenschutz stellte er klar, dass beide Verfahren – chemisch und mechanisch – notwendig seien. Der Zulassungsstau bei PSM komme teilweise von den vielen Anträgen für eine Verlängerung von alten Zulassungen, die im Moment beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) lägen. „Wir sind überrollt worden.“

Mit Spannung wurden die Aussagen der seit Mai dieses Jahres amtierenden Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), Maria Krautzberger, erwartet. Krautzberger (SPD), die Soziologie und Anglistik studierte, war von 1999 bis 2011 Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Bei ihrem erstmaligen Auftritt beim Bauernverband gab sie sich konziliant: „Ich weiß um die Konflikte meines Hauses mit dem Berufsstand. Deshalb ist es mir wichtig, hier zu sein, um den Dialog zu erneuern und voneinander zu lernen.“ Gleichwohl formulierte sie deutlich ihre Ziele. Dabei steht die Reduzierung der Ammoniakemissionen ganz oben, die vor allem in der Tierhaltung entstehen. Der Ackerbau könne beispielsweise zur Minderung durch Schleppschlauchausbringung von Gülle beitragen.

Darüber hinaus müsse der Stickstoffbilanz-Überschuss in Deutschland abgesenkt werden. In der Nachhaltigkeitsstrategie habe sich die Bundesregierung schon für das Jahr 2010 vorgenommen, den Bilanzüberschuss auf maximal 80 Kilogramm pro Hektar Land abzusenken. Mit rund 114 Kilogramm Stickstoff pro Hektar im Jahr 2011 sei man von diesem Ziel noch deutlich entfernt.

Flächenausgleich für Pflanzenschutzanwendung

Dass die Grundwasserbelastung mit Nitrat wegen der Auswahl des Messnetzes falsch dargestellt werde, bestritt sie. Bei 14 Prozent des repräsentativen Messnetzes werde der Gehalt von 50 Milligramm/Liter Nitrat überschritten, im Belastungsmessnetz seien es über 40 Prozent. Sie plädierte im Gegensatz zu Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt für eine bundesweite Anlagenverordnung für JGS-Anlagen, was mit strengeren Sicherheitsanforderungen einhergeht.

Beim Thema Pflanzenschutz beklagte die UBA-Chefin die Zunahme der eingesetzten Pflanzenschutzmittelmenge. Sie forderte einen Flächenausgleich für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die meisten Mittel könnten genehmigungsfähig bleiben, wenn dafür Flächen als Ausgleich nicht gedüngt und nicht gespritzt werden, so die Vorstellung Krautzbergers.

Cornelius Mohr – LW 27/2014