„Sozialversicherungsfreie Beschäftigung“ bleibt ein Risiko

Kurzfristige Beschäftigung von Hausmännern und -frauen

Viele Betriebe, besonders im Bereich der Sonderkulturen, sind darauf angewiesen, Saisonarbeitskräfte zuverlässig sozialversicherungsfrei beschäftigen zu können. Doch gerade diese sozialversicherungsfreie Beschäftigung wurde in den letzten Jahren zum Risiko. Immer wieder ist von hohen Nachforderungen der Beiträge zur Sozialversicherung durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zu hören.

Auch das Urteil vom Bayerischen Landessozialgericht von September 2024 hat letztlich keine Klarheit für die landwirtschaftlichen Betriebe mit sozialversicherungsfreien Arbeitskräften gebracht.

Foto: Setzepfand

Bestätigt sah sich die DRV oftmals durch die Entscheidung des Sozialgerichts Landshut vom 9. März 2023. In dieser hatte sich das Gericht erneut mit dem die sozialversicherungsfreie Beschäftigung ausschließenden Merkmal der „Berufsmäßigkeit“ befasst.

Sozialgericht Landshut setzt strenge Maßstäbe

Nach der Definition des Bundessozialgerichts (BSG) aus früheren Entscheidungen ist die Berufsmäßigkeit der Beschäftigung zu verneinen, soweit eine Saisonarbeitskraft ihren Lebensunterhalt anderweitig abgesichert hat. Das heißt, dass sie nicht im entscheidenden Maße auf das Einkommen der Saisonbeschäftigung angewiesen ist.

Die Definition des BSG hatte das Sozialgericht Landshut dahingehend konkretisiert, dass es bei der Beurteilung der Berufsmäßigkeit entscheidend auf den Anteil der Vergütung der Saisonarbeit im Verhältnis zum gesamten Jahreseinkommen des Beschäftigten ankomme. Bei der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften aus Ländern mit geringerem Lohnniveau führe dies im Regelfall dazu, dass das Merkmal der Berufsmäßigkeit erfüllt sei, da der Lohn aus der Saisonarbeit einem erheblichen Anteil am Jahreseinkommen entspricht. Ein bloßes Ankreuzen des Feldes Hausmann/-frau im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht der DRV führe nicht per se zu der unwiderleglichen Vermutung des Status als Hausmann/-frau und zum Verneinen der Berufsmäßigkeit.

Bayrisches Landessozialgericht widerspricht

Mit seinem Urteil vom 18. September 2024 hat das Bayerische Landessozialgericht nunmehr die Entscheidung des Sozialgerichts Landshut aufgehoben. Laut dem Gericht kann entgegen der Auffassung der Landshuter Richter nicht der Schluss gezogen werden, dass aufgrund des großen Entgeltgefälles zwischen dem Herkunftsland und dem Beschäftigungsland der Saisonarbeiter regelmäßig eine berufsmäßig ausgeübte Tätigkeit vorliege. Ginge man in diesen Fällen von einer regelmäßig berufsmäßigen Beschäftigung aus, bliebe diesen Arbeitskräften die Ausübung einer geringfügigen Tätigkeit in den meisten Fällen verwehrt. Dies führe aufgrund der vergleichsweise hohen Vergütung in Deutschland zu einer Diskriminierung der Arbeitskräfte aus Niedriglohnländern.

Auch im Hinblick auf die Beweislast hat das Bayerische Landessozialgericht eine andere Auffassung vertreten. Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass die Beweislast für das Merkmal der „Berufsmäßigkeit“ nicht beim Arbeitgeber lag. Durch Vorlage des ausgefüllten Fragebogens der DRV sei der Arbeitgeber seinen Pflichten ausreichend nachgekommen. Der Fragebogen konkretisiere den Umfang der erforderlichen Mitwirkung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber sei, soweit die Angaben der Arbeitnehmer im Fragebogen vollständig sind, nicht verpflichtet diese Angaben genauer zu hinterfragen und weitere Nachweise zum Einkommen und Bestreiten des Lebensunterhalts anzufordern.

Gibt es eine Lösung des Problems?

Aufgrund der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts wird nunmehr vielfach die Lösung des „Hausmann/-frau“-Problems verlautbart.

Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd möchte jedoch davor warnen, die falschen Konsequenzen aus den genannten Urteilen zu ziehen. Tatsache ist, es gibt weiterhin sich widersprechende Entscheidungen. Insbesondere hinsichtlich der Konkretisierung des Merkmals „Berufsmäßigkeit“ sind sich die Gerichte nicht einig.

Auch hinsichtlich der Frage der Beweislast können weiterhin Probleme auftreten. Es ist zwar erfreulich, dass nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg nunmehr auch das Bayerische Landessozialgericht die Beweislast auf Seiten der Rentenversicherung sieht. Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass Beweislastfragen immer Entscheidungen im Einzelfall sind. Diese Entscheidungen sind nicht universal auf alle Fälle anzuwenden. Die Entscheidung beruht im jetzt entschiedenen Fall auf dem „alten Fragebogen“ der DRV, in welchem für Hausmänner/-frauen keine Angaben zur Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlich waren. Änderungen dieser Fragebögen können schnell zu weitergehenden Prüfpflichten der Arbeitgeber führen. Diese sind daher stets angehalten, die von den Arbeitskräften ausgefüllten Fragebögen auf Vollständigkeit zu überprüfen.

Es bleibt weiter abzuwarten, ob das neuerliche Urteil eine Änderung der Prüfpraxis durch die Deutsche Rentenversicherung zur Folge hat. Auszuschließen ist das nicht.

Sebastian Schnabel, Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd sowie Landwirtschaftlicher Arbeit­­geberverband Rheinhessen-Pfalz e.V. – LW 48/2024