Spargel, Erdbeeren, Zwiebeln und Buschbohnen

Gemüsevermarktung für die Familienbetriebe

Die Obst- und Gemüsezentrale Rhein-Main eG (OGZ) in Griesheim existiert seit 1967, gemeinsam mit der 100-prozentigen Tochter Agrarprodukte Hartmann GmbH (APH) in Lampertheim sind die rund 65 Mitarbeiter für die Vermarktung zahlreicher Gemüsekulturen zuständig. Rund 50 Erzeuger liefern vor allem Erdbeeren, Spargel, Zwiebeln, Kartoffeln und Buschbohnen an. Als Nischenprodukte werden auch Rhabarber, Zuckermais, Speisekürbis, Erbsen und Kohl vermarktet.

Vom Buschbohnenvollernter auf den großen Anhänger, zur OGZ, aussortieren noch zusammenhängender Bohnen und ab in die Waschtrommel – anschließend werden die Bohnen in großen Kisten ins Kühlhaus auf 4 bis 5 °C heruntergekühlt.

Foto: Setzepfand

Kurz nach der Gründung der OGZ aus den zwei Genossenschaften in Zwingenberg und Nauheim zählte die Organisation 15 000 Mitglieder in der Erzeugergenossenschaft. „Jeder Opel-Mitarbeiter in Rüsselsheim und jeder Südhesse, der einen größeren Garten hatte, war Mitglied bei uns“, sagt Richard Hefermehl, der seit 1990 Betriebsleiter am Standort Griesheim und gleichzeitig das historische Gedächtnis der OGZ ist.

Die Opelaner hatten vier Zwetschgenbäume, eine Reihe Johannisbeeren und einige Meter Spargel, das war mehr als die Familie verwerten konnte.Von der Bergstraße kamen vor allem Äpfel, die dort auf Streuobstwiesen und Plantagen angebaut wurden und in den großen Kühllagern in Griesheim untergebracht wurden. Der Schwerpunkt der Vermarktung lag damals noch deutlich im Obstbau. Mitte der 80er Jahre wies die OGZ 5 000 Mitglieder auf. Heute liegt der Schwerpunkt im Gemüsebau mit noch 90 Mitgliedern.

„Wir erhalten finanzielle Unterstützung über die Gemeinsame Marktordnung (GMO) der EU aus der ersten Säule der GAP. Dies verpflichtet uns, die Andienungspflicht von 100 Prozent durchzusetzen, dabei kann jeder Landwirt bis zu 25 Prozent Direktvermarktung an Endverbraucher betreiben. Da etliche Landwirte die Vermarktung selbst in die Hand nehmen und sich der Strukturwandel bemerkbar macht, hat dies zu deutlich geringeren Mitgliederzahlen geführt“, erklärt Sebastian Herbel (41). Der studierte Betriebswirt ist Vorstandssprecher und für die Verwaltung zuständig.

80 Prozent gehen in den Lebensmitteleinzelhandel

Die OGZ erzielte im Jahr 2019 einen Umsatz von 35 Mio. Euro. Über 80 Prozent der Ware geht in den Lebensmitteleinzelhandel (LEH), der Rest an Großhändler und Märkte, auch im Ausland. Mit anderen Erzeugergenossenschaften kooperiert die OGZ, betont Herbel. So bündeln sie die Spargelvermarktung mit der Pfalzmarkt eG in Mutterstadt, mit Allia Loga in Lampertheim werden vor allem die Zwiebel- und die Buschbohnenvermarktung überregional organisiert. „Unsere Erzeuger sind noch die klassischen Familienbetriebe“, sagt Herbel. Die Nebenerwerbsbetriebe fallen zunehmend weg, da die Nachkommen in anderen Branchen arbeiten.

Nebenerwerbsbetriebe fallen mehr und mehr weg

Rund 5 000 t Busch- und Stangenbohnen werden jährlich in Lampertheim umgeschlagen. Hier im Bild ist die visuelle Qualitätskontrolle der Buschbohnen zu sehen. Auf dem geriffelten Tisch davor werden gebrochene Buschbohnen mechanisch aussortiert.

Foto: Setzepfand

Die besondere Situation in den Corona-Zeiten zeigte, dass es wieder die Familie war, die die Saison gerettet hat. Familienmitglieder, die in Kurzarbeit gerieten, haben problemlos beim Spargelstechen ausgeholfen, erklärt Hefermehl. Der ein oder andere Betriebsleiter, dem der Aufwand mit dem Einfliegen der Saisonarbeitskräfte zu groß war, hat wieder selbst zum Spargelmesser gegriffen. Die Anbaufläche der aktiven Mitglieder ist breit gefächert und liegt zwischen fünf und einigen hundert Hektar, schätzt Herbel.

Im Frühjahr sind die wichtigsten Kulturen nach wie vor Spargel und Erdbeeren. Sie haben einst die Hälfte des Umsatzes der OGZ erwirtschaftet. Heute werden von rund 40 Erzeugern und den kooperierenden Erzeugergemeinschaften von April bis Juni rund 1 000 t Spargel vermarktet. In der OGZ werden diese sortiert, eventuell geschält und verpackt. Im Jahr 2012 hat die OGZ eine professionelle Schälstation eingerichtet, mit der 15 t Spargel täglich zu Gebinden von 400, 500 oder 750 g verpackt werden können. In der Hauptsaison sind 15 Mitarbeiter an der Maschine beschäftigt. Der Schälprozess ist nach dem Internationalen Featured Standard (IFS) Food zertifiziert. Der geschälte Spargel ist bei 6 bis 8 °C zehn Tage im versiegelten Tray haltbar. Mit der neuen Packstation für Spargel, die im Jahr 2018 erweitert wurde, können bis zu 50 t täglich computergesteuert verwogen und verpackt werden.

Auch dem Trend zum Grünspargel kommt die OGZ nach und hat in den vergangenen Jahren die Fläche angepasst. Insgesamt wurde im aktuellen Jahr zwar weniger Menge an Spargel umgesetzt, doch durch die Preissteigerung sei der Umsatz vergleichbar mit dem Vorjahr.

Die Erdbeeren von 15 Erzeugern – sie bauen diese auf 120 ha, teilweise im geschützten Anbau an – werden von April bis Juni angeliefert. Die Anlieferung erfolgt entweder in der eigenen kompostierbaren Holzschliffschale oder in vom LEH vorgegebenen Verpackungen. In der Packstation können bis zu 40 t Erdbeeren am Tag bearbeitet werden. Rund 2 000 t werden jährlich von der OGZ in Griesheim vermarktet.

Richard Hefermehl, der Betriebsleiter in Griesheim, führte durch die Hallen der Zwiebelabfertigung.

Foto: Setzepfand

In Griesheim ist der Zwiebelanbau seit Jahrhunderten eine Tradition und somit ein Schwerpunkt der OGZ. Hier hat die Erzeugergenossenschaft bereits vor einigen Jahren in eine spezielle Verpackungslinie investiert, um die Zwiebeln aus der Region Südhessen in Säcke oder Netze abzupacken. Die OGZ vermarktet in Gebinden von 0,5 bis 25 kg direkt an den LEH, Großhändler oder ins europäische Ausland. Täglich können bis zu 200 t Speisezwiebeln verpackt werden.

Insgesamt werden jährlich rund 25 000 t Speisezwiebeln von der OGZ vermarktet. Die Aufbereitung erfolgt an beiden Standorten, das Abpacken nur in Griesheim. „Wir sind darauf bedacht, ganzjährig Zwiebeln aus Deutschland liefern zu können. Die Sommerzwiebeln lagern bis Juni, dann werden die Winterzwiebeln vermarktet“, erklärt Hefermehl. Die Betriebe sprechen die Sortenwahl mit der OGZ ab, die wiederum die Betriebe mit Sä-, Bewässerungs- und Erntetechnik unterstützt.

Ganzjährig Zwiebeln aus Deutschland

Viele der Erzeuger haben selbst in Lagerraum für Zwiebeln mit moderner Lüftungstechnik investiert. Zusätzlich verfügt die OGZ im Keller unter der Halle in Griesheim über eigene Lagerkapazitäten von rund 3 000 t. „Bei der Zwiebel ist zu spüren, dass sie ein globales Produkt ist. Sie unterliegt sehr starken Preisschwankungen“, bemerkt Hefermehl.

Die Kartoffeln der Sorte Miranda von Landwirt Michael Weigandt aus Büttelborn werden enterdet und auf den LKW geladen, dieser Service bietet die OGZ ihren Landwirten an.

Foto: Setzepfand

Mittlerweile werden zwar keine Kartoffeln mehr in Griesheim abgesackt, da der LEH seit geraumer Zeit nur noch gewaschene Kartoffeln annimmt, doch die OGZ bietet ihren Erzeugern weiterhin den Service des Enterdens und des Beladens von rund 1 000 t Kartoffeln für die Industrie. Vor allem für den Transport zur nahegelegenen Chipsfabrik sei dies wichtig.

Deutlich wird die Nähe der OGZ zu den Erzeugern beim Produkt Buschbohne. Etwa 20 Erzeuger von OGZ und Allia bauen die Hülsenfrucht auf rund 400 ha zwischen Frankenthal und Rüsselsheim für die Vermarktung über die OGZ und APH an. Andreas Urbach, der 39-jährige Geschäftsführer am Standort Lampertheim, betreut die Buschbohnen-Erzeugerbetriebe von der Anbauplanung bis zur Anlieferung.

Ein bis zweimal die Woche ist Urbach draußen auf den Feldern und überprüft den Reifezustand, die Bewässerung sowie die Vitalität der Pflanzen insgesamt. Fällt ihm etwas auf, kontaktiert er den Erzeuger, der für den Pflanzenschutz, die Bestandspflege sowie die Bewässerung verantwortlich ist. Urbach besorgt das Saatgut, legt die Aussaattermine von April bis Juli und die Erntetermine von Juni bis Oktober fest. Gemeinsam mit der Erzeugerorganisation Allia verfügt die OGZ mittlerweile über drei Vollerntemaschinen für Buschbohnen. „Damit haben wir nun die notwendige Kapazität und Schlagkraft um flexibel auf Erntespitzen zu reagieren“, sagt Urbach. „Am Standort Lampertheim haben wir die ganze Sortier- und Verpackungstechnik auf die Buschbohne abgestimmt.“

Buschbohnen – geschlossene Kette bis zur Auslieferung

Der Buschbohnenvollernter wirft die Buschbohnen in große Anhänger der Erzeuger, diese werden in Lampertheim entleert. Zuerst werden noch zusammenhängende, krumme und gebrochene Bohnen aussortiert, meist ein Drittel der Gesamtmenge. Dann werden die Bohnen gewaschen. Die vorsortierten Buschbohnen kommen ins Kühlhaus bei 4 bis 5 °C. Nach dem Herunterkühlen gibt es eine visuelle Qualitätskontrolle, bei der wiederrum fehlerhafte Ware entnommen wird. Täglich können 100 t Bohnen verpackt werden. Zu 80 Prozent gehen die Buschbohnen in den Frischmarkt, zu 20 Prozent in die Industrie. Damit sind vor allem Tiefkühlwaren und Konserven gemeint.

In diesem Jahr haben die kühlen Nächte im April zu einem schwierigen Saisonstart geführt. Zwar stelle die Buschbohne keine besonderen Ansprüche an den Boden, doch Wärme benötigt die Hülsenfrucht schon. Seit zwei Jahren versuchen sich einige Erzeuger auch im Bioanbau von Buschbohnen, rund 20 ha werden davon angebaut. „Wir möchten hier Erfahrungen sammeln und uns weiterentwickeln“, sagt Urbach. Bisher liegt der Bioanbau der OGZ über alle Kulturen bei drei Prozent. „Ausbaufähig“, bemerkt Herbel.

Stets auf der Suche nach neuen Kulturen

In den vergangenen Jahren hat die OGZ gemeinsam mit einem Erzeugerbetrieb am Standort Lampertheim den Anbau von Stangenbohnen erfolgreich ausgebaut. Eine anspruchsvolle, arbeitsintensive Kultur, bei der von der Flächenvorbereitung über die Ernte bis hin zum Packprozess sehr viel Handarbeit nötig ist. Während bei einigen Kulturen aufgrund gedeckter Nachfrage die Anbaufläche stabil gehalten oder reduziert wird, ist die OGZ mit ihren Mitgliedern stets auf der Suche nach neuen Kulturen, die regional angebaut und vermarktet werden können.

zep – LW 32/2020