Sparkasse Wald ist lukrativ bei nachhaltiger Nutzung

Erwerbswaldwirtschaft oft noch in den Kinderschuhen

Die naturnahe Waldwirtschaft ist ein Schlüssel zum Erfolg in Wirtschaftswäldern, die Jagd der Dreh- und Angelpunkt in der Kostenstruktur der Forstwirtschaftsbetriebe. Erfolgreich gemanagte Privatwaldbetriebe können mit ihren Forsten Renditen erwirtschaften, die mit denen in der Landwirtschaft durchaus mithalten können, so die drei Kernaussagen des Forums „Unternehmerische Erwerbswaldwirtschaft – Wege in die Zukunft“, das während der DLG-Wintertagung in Berlin stattfand.

Nur 48 Prozent des Zuwachses werden genutzt und viele deutsche Wälder seien in einem schlechten Pflegezustand.

Foto: landpix

„Wir müssen mit unseren Betrieben Geld verdienen, der Wald ist die Lebensgrundlage unserer Familien“, sagte Rupprecht Freiherr von Reitzenstein, Land- und Forstwirt aus Issigau in Bayern und Vorsitzender des Ausschusses für Forstwirtschaft. Auch er wies auf die Wald-Wild-Problematik als Schlüsselproblem der Erwerbswaldwirtschaft hin und ermunterte die Zuhörer, traditionelles Denken zu überdenken.

Das forderte auch Dr. Franz Staudinger, Geschäftsführer der Hatzfeld-Wildenburg'schen Forstverwaltung in Wissen in Rheinland-Pfalz. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nach seiner Ansicht in der naturnahen Waldbewirtschaftung, der die natürlichen Prozesse, also die Kräfte der Natur, intelligent nutze und somit die Kosten im Forstbetrieb minimiere. Voraussetzungen seien unter anderem ein konsequentes Erschließungssystem im Wald, waldverträgliche Schalenwilddichten und natürlich auch der Wille zu einer nachhaltigen Einkommenssicherung aus dem Wald.

Dem Modell der „Naturgemäßen Erwerbswaldwirtschaft“, der ein verfügbares Einkommen generiere, steuertechnisch ein „echter“ Betrieb sei und auch Einnahmen für die Gesellschaft beinhalte, stellte er das heute noch oft verbreitete Modell der „Alimentation“ gegenüber: Weil andere Ziele über die der Einkommenserzielung gestellt werden, vor allem die Jagd, werden hier die Einnahmen aus Holzverkauf und weiteren Geschäftsfeldern von der Wald­entwertung und den horrenden Kosten für Kulturbegründung und -pflege, Forstschutz aufgefressen. Es verbleibt kein Geld für Investitionen, ein negativer Deckungsbeitrag ist die Folge – und damit auch kein Einkommen für Eigentümer und Gesellschaft. Steuertechnisch sei dieses „Liebhaberei“.

Dr. Straudinger machte als Killer eines neuen Denkens den über Jahre eingetretenen Gewöhnungseffekt verantwortlich. Er bemängelte, dass jeder, der mit dem Wald ein Erwerbseinkommen erziele, unter den Generalverdacht der unsachgemäßen Bewirtschaftung gestellt werde nach dem Motto: „Geld aus der Waldbewirtschaftung ist sicherlich „schmutziges Geld“, weil es auf Kosten der Nachhaltigkeit erwirtschaftet wurde.“

Mehr Wert bei Hektarvorrat

Am Beispiel des Hatzfeld-Wil­denburg'schen Betriebes stellt er vor, an welchen Stellschrauben Betriebe drehen können. Der Betrieb setzt konsequent auf naturgemäße Waldwirtschaft und lenkt den Zuwachs in einem Bestand auf den Einzelstamm. Der gesamte Bestand gewinne an Wert, wenn nicht der gesamte Vorrat pro Hektar im Fokus des Wirtschaftens stehe, sondern der Hektarvorrat an den ausgewählten Einzelstämmen.

Der naturgemäße Waldbau ermögliche den Betrieben dabei, stabile Einnahmen- und Ausgabenflüsse sicherzustellen – auch bei Marktturbulenzen. Durch eine konsequente Bejagung erreiche man, dass die Schutzkosten gegen Schalenwild stabil bei null Euro pro Hektar liegen. Durch den effizienten Personaleinsatz benötige man für die Arbeit lediglich 0,63 Personen pro 1000 Hektar Holzboden. Den „Break-even-point“, also der Prozentsatz des Hieb­satzes zur Deckung aller Kosten, habe man von 71 auf 38 Prozent senken können.

Zur Stabilisierung des Einkommens tragen weiterhin eine Reihe von betriebsnahen, aber holzmarktunabhängigen Geschäftsfeldern bei, zu der der Ruhe-Forst (Friedhof im Wald), das Energie-Contracting sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gehören. Derzeit würden diese Aktivitäten weitere Einnahmen von 65 Euro pro Hektar generieren – bei steigender Tendenz.

Dass für ein neues unternehmerisches Denken in der Waldbewirtschaftung nicht unbedingt ein großer Adelsbetrieb mit vielen Hundert Hektar nötig sind, stellte Wolfgang Ladwig, Förster und Waldbesitzer aus dem thüringischen Saalburg-Ebersdorf im Landkreis Greiz, anhand seines 100-Hektar-Betriebes eindrucksvoll vor. Diesen Forstbetrieb „Lederhose“ – 45 Prozent Fichte, 41 Prozent Kiefer, 5 Prozent Lärche und Douglasie) erwarb Ladwig 2001 von der BVVG – die Bestände waren zum Teil überbestockt und instabil, die zu 70 Prozent wechselfeuchten und staunassen Standorte verschärften das Prob­lem zudem. Weder Lkw-fähige Wege noch eine Feinerschließung waren vorhanden: Die Rückeentfernung lag bei 600 Metern im Schnitt, die Holzpolterplätze mussten oft am Waldrand auf Nachbargrundstücken angelegt werden. Durch den Neubau von zwei Lkw-fähigen Wegen wurde die Wegedichte auf 21 Meter pro Hektar angehoben, außerdem ein flächendeckendes System an Rückegassen angelegt. Die Rückeentfernung konnte somit halbiert, die Rückekosten massiv gesenkt werden. Heute liegen 80 Prozent aller Waldflächen weniger als 400 Meter vom nächsten Lkw-Weg entfernt. „Ohne ein ordentliches Wege- und Gassennetz können sie heute im Wald nicht wirtschaften“, so Ladwig. Alle Bestände über 75 Jahren wurden vorverjüngt. Das minimiert die Kosten und nimmt den Wiederbewaldungsdruck nach Kalamitäten.

Durch starke Eingriffe erziele man eine hohe Bestandesstabilität, weil der Einzelbaum gefördert werde. Ziel sei es, dass der Anteil der grünen Krone bei mindestens 40 Prozent liege. Der Einschlag erfolge dabei durch den Einsatz eines festen Stammes an Lohnunternehmern, die man fair bezahle, sowie durch Brennholzselbstwerber: 21 Prozent des Gesamteinschlages erfolge durch Brennholznutzer. Der durchschnittliche Holzerlös über alle Sortimente inklusive des Brennholzes liege bei 50 Euro/Fm.

Nichts tun bringt auch nichts

Ladwig verwies in diesem Zusammenhang auf das „Waldparadoxon“. Viele Waldbesitzer sehen ihren Wald als Sparkasse, der ohne Nutzung stetig an Wert gewinne. Das Gegenteil aber sei der Fall: Die Sparkasse Wald sei nur lukrativ und sicher bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung. Die Durchforstungen erzielen Holzerlöse und der verbliebene Wald wird mehr wert, weil das Holz am guten Stamm zuwächst. Ladwig zitierte aktuelle Untersuchungen, wonach regelmäßige Durchforstungen über 50 Jahre in einem Wald 26 Prozent mehr Erlöse brachten im Vergleich zum „Nichtstun.“

Als Vorstandsmitglied der örtlichen Jagdgenossenschaft – seine 100 Hektar liegen nicht am Stück, sondern an drei getrennten Standorten – brachte Ladwig sich in die Diskussion ein, forcierte die Anhebung der Abschusszahlen beim Rehwild auf mindestens 8 Stück pro Jahr und 100 Hektar und ließ sich auch selber einen Begehungsschein im Pachtvertrag geben, um mitwirken zu können bei der Jagd. Der Wald verjüngt sich heute kostengünstig und natürlich – inklusive der Mischbaumarten. Und auch die Kosten für den Wildschutz konnten gesenkt werden.

Wie den Wald bewirtschaften?

Waldbesitzer sollten sich die Frage stellen: Will ich meinen Wald selbst bewirtschaften? Bin ich fachkompetent, habe ich Ziele, wann will ich das erledigen, will ich das alleine machen, in einer Betriebsgemeinschaft oder mit Unternehmern? Wenn die Antworten auf diese Fragen nur unzureichend beantworten werden können, sollten Waldbesitzer ernsthaft darüber nachdenken, ob ein Verkauf, eine Verpachtung oder Fremdnutzung nicht die bessere Alternative sein kann.

Auch Dr. Frederik Volckens vom Betriebswirtschaftlichen Büro in Göttingen, der in einem Forstbetriebsvergleich 77 Forstwirtschaftsbetriebe mit zusammen fast 120 000 Hektar untersucht, sagte: „Lange Zeit gab es kein erwerbswirtschaftliches Denken im Forst. In vielen Betrieben ist das leider heute noch der Fall.“ Im Wald sei die Liquidität der Schlüssel zur Rentabilität, denn der erfolgreiche Nachhaltsbetrieb müsse auch Preisdepressionen überstehen und aussetzen können. Dafür müsse aber eine ausreichende Liquidität aufgebaut und vorgehalten werden.

Auch den hohen Staats- und Kleinstprivatwaldanteil machte Dr. Volckens als einen Grund für die geringe ökonomische Ausprägung der Forstwirtschaft in Deutschland aus. In der Landwirtschaft hingegen sei die Struktur und das Denken seit jeher anders: Dort sei der Grund und Boden der knappe Faktor und nicht das Kapital und das Arbeits-Know-how. Weil über 60 Prozent der Ackerflächen in Deutschland verpachtet seien, müssten die Pächter das Geld für zwei Familien verdienen. Dabei offenbare die „einjährige Umtriebszeit“ in der Landwirtschaft schonungslos und zeitnah den Erfolg – oder Misserfolg. „Für Ausreden ist hier kein Platz“, stellte Dr. Volckens fest. Die jahrzehntelange Abschottung vieler Forstbetriebe vom betriebs- und marktwirtschaftlichen Denken habe zu Marktverzerrungen geführt und den Aufbau wettbewerbsfähiger Forststrukturen verhindert. So würden derzeit nur 48 Prozent des Zuwachses verbraucht, die technologischen Entwicklungen seien falsch beurteilt worden, viele Wälder seien in einem schlechten Pflegezustand und würden nicht im Zuwachsoptimum geführt. Gut geführte Betriebe zeigen, was im Forst möglich ist: So lägen die Renditen in den Top-Fichtenbetrieben um die drei Prozent, in den Laubholzbetrieben um die zwei Prozent – und damit in der gleichen Größe wie die in der Landwirtschaft, inklusiv Direktzahlungen. Ohne die Berücksichtigung der Direktzahlungen können sogar die gut geführten, aber naturgemäß schwachen Kiefernbetriebe – geringer Zuwachs und niedrige Erlöse – mit den Renditen in der Landwirtschaft mithalten. Dr. Volckens resümierte, dass sich die Welt in der Land- und Forstwirtschaft gedreht habe: Die sich seit Jahren verändernde Nachfragesituation beginne sich auszuwirken, die Grund- und Bodenpreise würden mit dieser Nachfrage rasant steigen. Weil auch die BVVG mittlerweile nahezu ausverkauft sei, sei Fläche wieder knapp und Waldwerte von 10 000 Euro pro Hektar normal – zumal mittlerweile sogar Fondsgesellschaften sowie Investoren, die ihr Geld sicher in Real-Investments parken wollen, als Mitbewerber auftreten würden.Vor dem Hintergrund der häufigeren Stürme und der Käferprobleme sowie der veränderten Nachfragestruktur seitens der holzverarbeitenden Industrie sollten die Umtriebszeiten und die Bestockungsgrade deutlich abgesenkt werden, empfahl Dr. Volckens. Dadurch könne das Kalamitätsrisiko gesenkt und die interne Verzinsung des Waldes gesteigert werden. Die Ãœberlegungen zu Themen der Kooperation, Lohnbewirtschaftung und Pachtung zur Minderung der Fix- und Verwaltungskosten hätten sich im Forst mittlerweile etabliert und sollten auch von kleineren Waldbesitzern genutzt werden, so Dr. Volckens.

Sein Fazit: „Die Rendite der Waldbewirtschaftung hat sich erhöht, Wald als Vermögenswert war noch nie so gefragt und teuer wie heute und die mittel- bis langfristigen Aussichten sind gut.“ Ch. Mühlhausen, Göttingen