„Speed-Dating“: Landwirte und Kritiker im Gespräch

Harmonische Gespräche und viel Verständnis

„Date einen Landwirt“ lautet der Titel einer neuen Veranstaltung des Kreisbauernverbände Waldeck und Frankenberg. Bei der Premiere in der Jausenstation Dülfershof ging es aber nicht um Flirt-Partner, wie der Name vermuten lässt. Landwirte aus der Region, darunter vor allem jüngere Leute, saßen vielmehr Multiplikatoren aus der Gesellschaft gegenüber – Jäger, Naturschützer, Vertreter von Forst, Kirche sowie einer Bürgerinitiative gegen Massentierhaltung waren eingeladen.

Junge Landwirte kamen mit Naturschützern, Forstleuten, Gegnern von Massentierhaltung und anderen Berufsgruppen ins Gespräch; im Bild Nina Brand (Biolegehennenbetrieb in Elleringhausen) mit Kreisjagdberater Heinrich Engelhardt.

Foto: Höhne

„Das ist ein Experiment“, sagte Stephanie Wetekam, Geschäftsführerin des Kreisbauernverbands Waldecks. „Dialog statt Protest“ lautete das Motto am Donnerstagabend. Jeweils fünf Minuten saßen sich Landwirte und Gesprächspartner an Zweiertischen gegenüber und stellten im Wechsel Fragen. Themen wie die Abschaffung der Milchquote, Ãœberschussproduktion und vor allem Details zum Naturschutz standen im Fokus. „Wir arbeiten pfluglos, um den Humus zu erhalten“, berichtete eine Bäuerin aus Elleringhausen mit 200 Milchkühen.

Ein Landwirt aus Dainrode bekannte sich zu „industrieller Mengentierhaltung“ und gab einen Einblick über die Arbeit auf seinem Hof mit 300 Milchkühen. Nebenan fühlten Berufskollegen ihren Redepartnern auf den Zahn: „Was machen wir Landwirte falsch?“, und „Wie beurteilen Sie die Wertschätzung der Landwirtschaft?“ Gerade diese Frage treibt viele Bauern um in Zeiten zunehmender öffentlicher Diskussionen über den Einsatz von Chemikalien auf den Feldern.

Im Flug verging die Redezeit, und alle wurden aufgefordert zum Wechseln der Plätze – neuer Partner, neues Thema. Matthias Eckel, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Frankenberg, klingelte hartnäckig die Signalglocke, weil die heißen Diskussionen nicht enden wollten. Dafür blieb nach dem offiziellen Teil ausreichend Gelegenheit.

Verständnis auf beiden Seiten

Am Ende zogen die rund 20 Teilnehmer ein positives Fazit. Ãœberrascht reagierte ein Junglandwirt aus Dorfitter auf harmonische Gespräche und viel Verständnis auf beiden Seiten: „Ich hatte eigentlich erwartet, dass einige auf Krawall gebürstet sind.“

Weiter im Gespräch bleiben, das sei bei stetig abnehmenden Zahlen der landwirtschaftlichen Betriebe die Herausforderung der Zukunft. Deswegen soll das „Speed-Dating“ auch keine Eintagsfliege sein, kündigte Wetekam an. Für eine Neuauflage lud ein Landwirt spontan auf seinen Hof nach Dainrode ein, und Naturschützer regten an, dies mit dem Besuch eines NABU-Projekts zu verbinden.

Höhne – LW 6/2019