Stallprojekte bauwilliger Betriebsleiter haben es schwer

Geplanter Hähnchenstall stößt auf Bürger-Widerstand

Um als Landwirt seinen Betrieb zu erhalten, erfordert es viel ökonomi­sches Know-how. Um als bauwilliger Betriebsleiter auch die Zukunft des Betriebs zu sichern, braucht man heute großen Mut. Noch mehr aber braucht man starke Nerven, sein Zukunftsprojekt im Widerstand des Bürgers zu realisieren. Das zeigt ein aktuelles Beispiel aus Waldeck. Hier will Landwirt Karl Schwalenstöcker einen Maststall für Hähnchen bauen und stößt auf großen Protest, ausgelöst durch eine Bürgerinitiative vor Ort.

Sind überzeugt vom Vorhaben des Betriebs und wollen durchhalten, von links: KBV-Geschäftsführerin Stefanie Wetekam mit der Familie Schwalenstöcker, Karl, Nils und Christel.

Foto: Moe

Landwirtschaftsmeister Karl Schwalenstöcker (55) möchte zwei Hähnchenmastställe für jeweils 37 500 Tiere bauen. Zusammen mit Ehefrau Christel (53) und Sohn Nils (26) haben sie sich vor knapp zwei Jahren dazu entschlossen, als Nils seinen Agrartechniker-Abschluss in Fritzlar gemacht hat und feststand, dass er mit in den Betrieb einsteigen will. Warum Hähnchen? Weil Karl Schwalenstöcker darin einen zukunftsträchtigen Zweig für den Betrieb sieht. „Der Konsum an Geflügelfleisch steigt in der Bevölkerung weiter an. Das sehe ich nicht so bei Schweinefleisch oder Milch.“

Hähnchenmast passt gut in den betrieblichen Ablauf

Weiterer wesentlicher Grund für ihn ist, dass sich dieses Verfahren gut in den bisherigen Betriebsablauf integrieren lässt. Getreide könne zu etwa 15 Prozent aus eigenem Anbau als Futter eingesetzt werden. Der Geflügelmist würde zunächst über eine Biogasanlage als Substrat verwertet. Für diese Biogasanlage eines anderen Betriebes baut Schwalenstöcker bisher bereits Biogasmais sowie Zuckerrüben an. Derzeit wird der 285 ha große Betrieb, wovon ein Viertel Eigentum ist sowie 150 ha von der Waldeckischen Domanialverwaltung (Domanium) gepachtet sind, viehlos als reiner Ackerbaubetrieb bewirtschaftet.

Familie sieht ihre Zukunft in der Landwirtschaft

Im Alter von 40 Jahren hatte Karl Schwalenstöcker die Möglichkeit erhalten, den Gutsbetrieb als Nachfolger zu pachten. Dazu musste er seinen 15 Kilometer entfernt liegenden Hof in Korbach-Meineringhausen verlassen, die Flächen des elterlichen Betriebes werden jetzt mitbewirtschaftet. Trotz der guten Ausstattung mit Ackerland sieht Karl Schwalenstöcker künftig wenig Perspektiven allein darin, den Betrieb nur durch Ackerbau sichern zu können. Zumal geplant ist, dass beide Söhne, beides Agrartechni­ker, künftig in der Landwirtschaft bleiben wollen und das am liebsten auf den elterlichen Betrieb.

Protest ist sachlich nicht begründet

Die Bürgerinitiative beklagt, dass mit dem Stall der Luftkurort Waldeck beeinträchtigt werde. Nach den Plänen soll der Stall aber im freien Feld circa 1,3 Kilometer entfernt von der Stadt Waldeck errichtet werden. Die Edertalsperre ist etwa zwei Kilometer entfernt, das nächste Flora-Fauna-Habitat (FFH) Naturschutz-Gebiet rund zweieinhalb Kilometer. Gleichwohl habe die Bürgerinitiative einen anderen Standort in der Nähe einer Wind­kraftanlage vorgeschlagen. „Das passt jedoch nicht zum Vorwurf der Bürgerinitiative der Massentierhaltung“, stellte Karl Schwalenstöcker fest.

Bürgerinitiative übt großen Druck auf die Familie aus

Die Bürgerinitiative übt großen Druck auf die Landwirtschaftsfamilie aus. Auffällig ist, dass von den rund 1 000 Unterschriften gegen den Stall, ledig­lich etwa 100 Unterschriften von Personen aus Waldeck sind.

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Die beiden Töchter sind außerhalb der Landwirtschaft tätig. Christel Schwalenstöcker erwähnte in diesem Zusammenhang: „Ich bin froh, dass unsere Kinder bereits im Erwachsenenalter sind und nicht mehr zur Schu­le gehen. Wir haben von anderen in solchen Situationen gehört, welchen Druck dann die Kinder aushalten müssen, wenn der Vater Landwirt ist und einen Stall bauen will.“

Aufklären, sich der Kritik stellen und informieren

Stefanie Wete­kam, Geschäftsführerin des Kreis­bauern­ver­ban­des Waldeck, die den Betrieb in seinem Bauvorhaben fachlich berät, berichtete von vergleichbaren Fällen bei Mitgliedsbetrieben im Verbandsgebiet und sagte „Wenn ein Stall gebaut werden soll, gibt es gleich Protest und Bürgerinitiativen entstehen, die das verhindern wollen, sogar bei Ökobetrieben.“ Und so ist auch im Fall Schwalenstöcker festzustellen, dass nicht Argumente zählen. Der Bauernverband unterstützt den Betrieb auch dahingehend, dass er das Gespräch mit Gegnern und Kritikern des Vorhabens der Bauernfamilie sucht und Aufklärung zur modernen Nutztierhaltung betreibt. „Wir informieren vollständig und beantworten alle Anfragen“, betont KBV-Geschäftsführerin Wetekam. Auch wurde eine Info­ver­anstaltung auf einen vergleichbaren Betrieb organisiert (Bericht im LW 30, Seite 36), um über die heutige Form der Landwirtschaft aufzuklären. Wie geht es weiter? Inzwischen ist das große Gutachten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), das neun Schützgüter umfasst, wie Mensch, Boden, Luft und Wasser, abgeschlossen und der Antrag am 1. Juni eingereicht worden. Bis zum 8. August müs­sen die Träger öffentlicher Belange ihre Stellungnahmen zurückgesendet haben. Dann erfolgt die Offenle­gung beim Regierungspräsidium Kassel. Karl Schwalenstöcker rechnet damit, dass die Offenlegung zum Jahresende, beziehungsweise zum Beginn 2018 erfolgt. Er hofft, in knapp einem Jahr mit dem Bau der beiden Hähnchenställe beginnen zu können. Die Investi­tionssumme kalkuliert er auf 1,5 Mio. Euro. Das Emissionsgutachten und die Umweltverträglichkeitsprüfung haben ihm einschließlich der Kosten für den Architekten bereits circa 20 000 Euro gekostet, bevor es überhaupt losgeht. Er ist aber zuversichtlich, denn alle rechtlichen Vorgaben werden konsequent umgesetzt.

Moe – LW 31/2017