Streit um Zertifizierung, Stilllegung und Personal

Diskussion mit Parteienvertretern zur Forstpolitik

Erhebliche Gegensätze in den forstpolitischen Vorstellungen und Vorhaben wurden bei der Podiumsdiskussion des Hessischen Waldbesitzerverbandes zwischen den Vertretern von CDU und FDP auf der einen Seite und vor allem der Grünen, aber auch der SPD auf der anderen Seite deutlich.

Dr. Walter Arnold, CDU

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Der Sprecher der CDU-Landtagsfraktion für Forstpolitik, Dr. Walter Arnold, machte deutlich, dass er Anhänger der Eigenverantwortung ist. Der Wald habe eine Gemeinwohlfunktion, aber es solle auch Geld verdient werden. Zur Diskussion über nachhaltige Waldwirtschaft wandte sich Arnold entschieden gegen eine Zertifizierung nach FSC, weil diese viele betriebswirtschaftliche Nachteile habe.

Dagegen sprach sich die agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Martina Feldmayer, für eine FSC-Zertifizierung des Staatsforstes aus, der jetzt PEFC-zertifiziert ist. FSC sei verbindlicher und werde strenger geprüft. „Das ist, was Verbraucher nachfragen.“ Verbraucher orientierten sich gerne an Label. Diese seien Entscheidungshilfen beim Kauf von Papier oder Holz, so Feldmayer. Der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes, Michael Freiherr von der Tann, hielt dem entgegen, dass Verbraucher gar nicht wüssten, was sich hinter den Zertifizierungen verberge und dass FSC auch mit Holz anderer Zertifizierungen oder gar ohne Zertifizierung gemischt werden könne.

Frank Sürmann, Sprecher für Umweltpolitik der FDP-Landtagsfraktion bezweifelte ebenfalls die Bedeutung und Zweckmäßigkeit der FSC-Zertifizierung. Sie sei eher „gefühlt“. Er habe bei einem Verpackungshersteller erfahren, dass in den mit FSC ausgezeichneten Produkten nur 8 Prozent zertifiziertes Holz drin seien, der Rest sei aufgemischt worden.

Martina Feldmayer, Die Grünen

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Der umweltpolitische Specher der SPD-Landtagsfraktion Heinz Lotz unterstützt dagegen die Zertifizierung nach FSC, wenngleich er das Problem mit der Aufmischung sieht. Nach seiner Ansicht muss der Staatswald bei der Zertifizierung Vorbildcharakter haben, dies gelte auch im Hinblick auf die Anwendung von Chemie, die er, auch zur Bekämpfung von Borkenkäfern, ablehnt.

Die Befürchtung der Waldbesitzer, dass bei einer Zertifizierung des Staatswaldes nach FSC der Druck auf die Privatwaldbesitzer erhöht werde, ebenfalls zu zertifizieren, sieht Frau Feldmayer nicht.

Ein weiteres Thema war die personelle Ausstattung des Landesbetriebs Hessenforst. Feldmayer sprach sich dafür aus, den Landesbetrieb personell besser aufzustellen. Hierbei sollen laut Grünen-Parteiprogramm auch Biologen, Geologen und Pädagogen eingestellt werden, um die Forstämter insbesondere bei der wichtigen Waldpädagogik zu unterstützen.

Arnold vertrat den Standpunkt, dass die Forstleute die Waldpädagogik selbst durchführen können. Zur personellen Ausstattung wies er außerdem darauf hin, dass der Waldbesitz bis 5 Hektar von Hessenforst kostenlos mitbetreut werde. Er sprach sich außerdem für den Erhalt der jetzigen Forstämter aus.

Heinz Lotz, SPD

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Demgegenüber kritisierte Lotz, dass nach der Ankündigung des Landes Personal abgebaut werde, bis zum Jahr 2025 sollen demnach 235 Stellen gestrichen werden. Er monierte auch, dass die Förster ausschließlich als Angestellte und nicht mehr als Beamte beschäftigt werden. Baden-Württemberg, das nach wie vor Beamte einstelle, sei mittlerweile viel attraktiver für Forstleute.

Sürmann betonte, dass die FDP dafür sorgen wolle, dass genügend Förster insbesondere auch Referendare ausgebildet werden, so dass auch genügend Nachwuchs für den Privatwald da sei. Er hält Hessen nach wie vor attraktiv für Forstleute. Einig waren sich die Politiker in der Ablehnung des Verkaufs von Staatswald an Private. Arnold betonte, dass keiner gerne Grund verkaufe, Grundstücks-Veräußerungen zur Arrondierung müssten jedoch möglich sein.

Streitpunkt unter den Parteien ist dagegen die Frage, wie die Biodiversitätsstrategie, bei der es um die Anpassung der Wälder an den Klimawandel geht, umgesetzt werden soll. Die Grünen fordern laut Feldmayer hierzu eine Herausnahme aus der Nutzung von im Schnitt 5 Prozent der Forstflächen insgesamt. Dies wollen sie erreichen durch einen Nutzungsverzicht auf 10 Prozent der Staatsforstfläche in Hessen. Für die Privat- und Kommunalforste solle die Teilnahme freiwillig bleiben, so die Grünen-Politikerin. Der Staatsforst solle lediglich Vorbild sein.

Frank Sürmann, FDP

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Arnold sagte, dass 6 Prozent für den Staatswald ausreichten. Auf den nicht bewirtschafteten Flächen dominiert in Hessen aufgrund der natürlichen Voraussetzungen die Buche, die Fichte, der Brotbaum der Forstbetriebe, wird verdrängt. Der Waldbauer und Zimmereiinhaber, Karl Fischer, warf der Grünen-Politikerin dann auch vor, Lobbyarbeit für die Stahl- und Betonindustrie zu machen. Denn die jetzt schon knappe Fichte werde noch knapper. „Und mit Buche können Sie keine Dachstühle bauen.“

Der Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes, Christian Raupach, machte deutlich, dass der Anbau von Fichte auch durch eine FSC-Zertifizierung weiter eingeschränkt würde, denn diese beschränke den Anbau „nicht standortgerechter“ Bäume langfristig auf 20 Prozent der Forstfläche.

Ein unterschiedliches Verständnis von sinnvollen Wirtschaftsabläufen wurde auf dem Podium ebenfalls deutlich. So wandte sich Feldmayer gegen den Export von heimischen Buchen nach China und den nachfolgenden Reimport von Bucheerzeugnisse. Das würde Arbeitsplätze hierzulande vernichten.

Sürmann dagegen fragte, wer sonst außer China Buche kaufen solle. Export und Reimport sind für ihn normale wirtschaftliche Abläufe, wie sie auch in anderen Sektoren praktiziert werden.

CM  – LW 35/2013