Strukturwandel verlangsamt sich

In zehn Jahren 35 600 Betriebsaufgaben

Der Strukturwandel in der deutschen Landwirtschaft hält an. Das geht aus ersten vorläufigen Ergebnissen der Landwirtschaftszählung 2020 hervor, die das Statistische Bundesamt (Destatis) vergangene Woche vorgestellt hat. Demnach ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe seit der vorangegangenen, umfassenden Erhebung im Jahr 2010 um etwa 35 600 oder 12 Prozent auf rund 263 500 gesunken. Der Wandel hat sich allerdings verlangsamt.

Die Zahl der Geflügelhaltungen ist seit 2016 nahezu konstant.

Foto: landpixel

Laut Destatis ging die Zahl der Betriebe zwischen 2010 und 2016 jährlich noch um etwa 4 000 zurück, während die betriebseigene Fläche im jährlichen Mittel um etwa 0,8 ha anstieg. Zwischen 2016 und 2020 belief sich der jährliche Rückgang auf etwa 3 000 Betriebe und die Flächenzunahme auf 0,6 ha.

Anhebung der Erfassungsschwelle

Zwischen der Agrarstrukturerhebung im Jahr 2007 und der Landwirtschaftszählung 2010 war die Zahl der Betriebe mit 20 Prozent besonders kräftig zurückgegangen; dies ist aber auch auf die Anhebung der Erfassungsschwelle von 2 auf 5 ha zurückzuführen. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) ist derweil zwischen den Zählungen von 2010 und 2020 weitgehend konstant geblieben und lediglich um 1 Prozent auf 16,6 Mio. ha zurückgegangen.

Nahezu unverändert blieb auch die Art der Hauptnutzung: Auf Ackerland entfielen 70 Prozent der LF, auf Dauergrünland 29 Prozent und auf Dauerkulturen 1 Prozent. Die durchschnittliche Betriebsgröße beziffern die Statistiker für 2020 auf 63 ha LF; zehn Jahre zuvor waren es 56 ha. Die Zahl der Betriebe, die mehr als 100 ha bewirtschaften, stieg laut Destatis um etwa 4 500 auf rund 38 100 an. Damit entfiel im vergangenen Jahr 63 Prozent der gesamten LF auf 14 Prozent der Betriebe; 86 Prozent verfügten über maximal 100 ha.

Betriebe in Ost und West nähern sich einander an

Ost- und Westdeutschland nähern sich dabei langsam an. Laut Destatis-Vizepräsident Christoph Unger geht die durchschnittliche Betriebsgröße in Ostdeutschland leicht zurück, weil unter anderem neue beziehungsweise ausgegründete Betriebe eher über kleinere Flächen verfügten.

Starke Abnahme der Schweinehaltungen

Fortgesetzt hat sich die Konzentration auch in der Veredlung. Zum Stichtag 1. März 2020 wurden den Angaben des Bundesamts zufolge in 167 900 Betrieben Tiere gehalten; der Anteil ging damit um 9 Prozentpunkte auf 64 Prozent zurück. Die Anzahl der Veredlungsbetriebe verringerte sich um 22 Prozent, während sich der Rückgang bei den Großvieheinheiten auf 7 Prozent belief.

Besonders deutlich zeigte sich diese Entwicklung in der Schwei­nehaltung. Laut Destatis ist die Zahl der Betriebe mit Schweinen in den vergangenen zehn Jahren um 47 Prozent auf 32 100 zurückgegangen, während der Schweinebestand im gleichen Zeitraum um nur 4 Prozent auf 26,6 Mio. Tiere abnahm.

Konzentration in der Milchviehhaltung

Bei den Rindern wurden zum Stichtag etwa 108 400 Betriebe und rund 11,3 Mio. Tiere erfasst. Die Zahl der betreffenden Betriebe ging der Erhebung zufolge seit 2010 um ein Viertel zurück, während die Tierzahl zugleich nur um ein Zehntel verringert wurde. Besonders stark war die Konzentration bei den Milchviehhaltern. Ihre Zahl schrumpfte um 40 Prozent auf 54 100 Betriebe, während der Milchviehbestand lediglich um 5 Prozent auf 4,0 Mio. Tiere abnahm.

Weniger drastisch vollzog sich der Strukturwandel in der Geflügelhaltung. Gemäß den Angaben der Statistiker ging die Anzahl der Betriebe hier im vorigen Jahrzehnt um 16 Prozent auf etwa 50 800 zurück, allerdings beschränkt sich diese Entwicklung im Wesentlichen auf den Zeitraum zwischen 2010 und 2016. Seitdem ist die Betriebszahl laut Destatis nahezu konstant. Insgesamt ist ihm zufolge zu beobachten, dass die Tierbestände seit 2010 nicht mehr in dem Maße sinken wie die Zahl der Betriebe. Verbunden damit ist eine zunehmende Spezialisierung: 2020 wurde in 61 Prozent aller tierhaltenden Betrieb nur noch eine Art gehalten; 2010 hatte dieser Anteil bei 57 Prozent gelegen.

Anteil Ökoschweine bei 1 Prozent

Weiter an Bedeutung gewonnen hat der Ökolandbau. 2020 wirtschafteten Destatis zufolge etwa 26 400 Betriebe nach biologischen Kriterien; das waren 9 900 oder 60 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Bezogen auf die gesamte Landwirtschaft ist der Anteil somit um 4 Prozentpunkte auf 10 Prozent der Betriebe gestiegen. Der nach ökologischen Vorgaben bewirtschaftete Anteil der LF legte von 5,6 auf 9,6 Prozent zu.

Insgesamt belief sich die Fläche des Ökolandbaus 2020 auf mehr als 1,6 Mio ha; das entsprach einem Plus von 69 Prozent gegenüber 2010. Mehr als die Hälfte der ökologisch bewirtschafteten Fläche war Dauergrünland; auf Ackerland entfielen 46 Prozent.

Auch die ökologische Tierhaltung wächst. Die Zahl der Ökobetriebe mit Tierhaltung stieg um 43 Prozent auf 17 500; bezogen auf die tierhaltenden Betriebe der gesamten Landwirtschaft war das ein Anteil von 10 Prozent. Rinder waren auf 13 300 Biohöfen zu finden, Geflügel auf 5 600 und Schweine auf 1 700. Die Zahl der ökologisch gehaltenen Schweine ist seit 2010 um 41 Prozent auf 219 000 Tiere gestiegen, der Anteil am gesamten Schweinebestand liegt damit aber nur bei knapp 1 Prozent.

936 900 Arbeitskräfte auf den Betrieben tätig

Wie Destatis außerdem berichtete, waren auf den landwirtschaftlichen Betrieben Deutschlands von März 2019 bis Februar 2020 gut 936 900 Arbeitskräfte tätig; das entsprach gegenüber 2010 einem Rückgang um 13 Prozent. Mit 436 100 Personen waren etwas weniger als die Hälfte Familienarbeitskräfte in Einzelunternehmen. Dazu kamen 229 300 unbefristet angestellte Arbeitskräfte sowie 271 500 saisonal Beschäftigte. Von den in der Landwirtschaft tätigen Personen waren der Erhebung zufolge 335 000 weiblich. Besonders hoch war der Anteil der Frauen mit 33 Prozent bei den Familienarbeitskräften und mit 43 Prozent bei den befristet Beschäftigten, während nur jeder neunte Betrieb von einer Frau geführt wurde.

Zusätzliche Standbeine

Zunehmend Verbreitung finden auf den Betrieben zusätzliche Standbeine. Im Jahr 2020 erwirtschafteten 42 Prozent von ihnen Umsätze aus außerlandwirtschaftlichen Tätigkeiten; bei 21 Prozent davon machen diese Tätigkeiten mindestens die Hälfte des Gesamtumsatzes aus. Am häufigsten sind die Diversifizierungsaktivitäten in der Forstwirtschaft anzusiedeln, gefolgt von der Erzeugung erneuerbarer Energie und Arbeiten für andere landwirtschaftliche Betriebe.

age – LW 4/2021