Südhessische Landwirtschaft ist gut aufgestellt
Vertreterversammlung des RBV Starkenburg in Traisa
Dr. Willi Billau und seine Kollegen aus dem Vorstand des Regionalbauernverbandes Starkenburg (RBV) begrüßten zur Mitglieder offenen Vertreterversammlung vorigen Mittwoch zahlreiche Landwirte. Neben den MitglieÂdern waren auch Ehrengäste und Vertreter der Landwirtschaftsämter gekommen. Turnusgemäß standen Vorstandswahlen an. Den Gastvortrag hielt der stellvertretende Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes, Dr. Hans Hermann Harpain.

Foto: Kirsten Sundermann
Vorstand des RBV einstimmig im Amt bestätigt
Was die Diskussionen um die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, beziehungsweise des Waldumbaues sowie Aufspiegelung im Ried angehe, so werde derzeit aus Kostengründen eine Lösung in Richtung „Waldumbau“ favorisiert, meinte er. Die entsprechenden Ackerflächen seien also nicht mehr gefährdet.
Als „Unding“ bezeichnete Billau aber, dass die deutsche Chemieindustrie wegen der extrem strengen „zonalen“ Gesetzesvorgaben derzeit lieber die europäische, als die heimische Landwirtschaft beliefere. Was die umÂstrittene Hofabgabeklausel angeht, so hat er Verständnis für die älteren Landwirte, die noch arbeiten können und wollen, dies aber nicht tun dürfen, da sie sonst ihre Rente gefährden. Um dieses Problem zu lösen, müsse eine „politische“ Lösung angestrebt werden. Dass der Milchpreis jetzt mit dem Wegfall der Milchquote zum 1. April, ebenso wie beispielsweise die Fleischpreise, auf dem freien Markt angekommen seien, findet er normal. Auch wenn es einigen MilchÂbauern verständlicherweise noch schwer falle, diese Entwicklung zu akzeptieren.
RBV-Geschäftsführer Peter Gheorgean trug den Jahres-Abschluss vor. Der RBV hat im vergangenen Jahr gut gewirtschaftet und mit einem kleinen Plus abgeschlossen. Die Vertreter stimmten einstimmig der Entlastung des Vorstandes sowie dem Haushaltsentwurf für das laufende Geschäftsjahr zu. Auch Wahlen zum Vorstand standen auf der Tagesordnung, da die Wahlperioden für Dr. Willi Billau aus Lampertheim, Werner Wenz aus Pfungstadt, Michael Dörr aus Roßdorf, Franz Keil, aus Wald-Michelbach, Wilfried Bär-Arras aus Reichelsheim, Sebastian Roßkopf aus Rodgau und Thomas Schuchmann aus Reinheim endeten. Bis auf den Letztgenannten stellten sich alle Vorstandsmitglieder der Wiederwahl und wurden einstimmig in ihren Ämtern bestätigt.
Für Schuchmann wurde der (nicht mit ihm verwandte) Björn Schuchmann aus Otzberg nominiert und einstimmig gewählt. Gerald Stork aus Bad König-FürsÂtengrund ergänzt fortan das Team der Kassenprüfer.
Eine Ehrung wurde Dr. Klaus Neumeyer zuteil, dem früheren Leiter der Friedrich-Aereboe-Schule in Griesheim. „In seinen fast 35 Berufsjahren hat er sich um das Beste gekümmert, was wir haben“, stellte Dr. Billau heraus und meinte damit den bäuerlichen Nachwuchs. Er überreichte dem beliebten Fachlehrer zwei Bücher als Präsent und zugleich Zeichen der Wertschätzung seitens der Landwirte.Betriebe in Hessens Süden erzielen hohe Wertschöpfung
Ãœber die aktuelle Lage der südhessischen Landwirtschaftsbetriebe sprach Dr. Hans Hermann Harpain vom HBV. Der mit vielen statistischen Details unterlegte Vortrag ermöglichte den anwesenden Betriebsleitern eine unter dem Strich gesehene positive Standortbestimmung der landwirtschaftlichen Betriebe in Südhessen. Dr. Harpain ging auf die Leistungen der Landwirtschaft ein und meinte, dass die Landwirte „stolz auf das Erreichte“ sein könnten. Man habe gut ausgebildete Betriebsleiter, motivierte Familien, leistungsfähige Betriebe und ein ertragsfähiges Geschäftsmodell.
Deutschland sei mittlerweile der zweitgrößte Agrarproduzent in der Europäischen Union und sogar drittgrößter Agrarexporteur weltweit. Hier sei außerdem Lebensmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit sowie Tier- und Umweltschutz garantiert.
Foto: Kirsten Sundermann
Flächenstilllegung bedroht Existenzen in Südhessen
Ein weiteres Problem sieht der stellvertretende HBV-Generalsekretär in der Umsetzung der europaweit geforderten, ökologischen Vorrangflächen. Die bürokratischen Vorgaben zwängen viele Betriebsleiter zu einer faktischen „Flächenstilllegung.“ Dies sei angesichts der globalen Herausforderungen – NahrungsÂmittelversorgung und Energiewende – unverantwortlich, vor allem in Südhessen, wo zwei Drittel aller Hessen auf einem Drittel der Fläche dieses Bundeslandes leben. Gut aufgestellt sei Südhessen vor allem bei den Sonderkulturen, also Gemüse und Erdbeeren, und komme damit auf einen Produktionswert von über 130 Mio. Euro. Wichtig sei dazu auf jeden Fall eine verlässliche Versorgung mit Betriebsmitteln, insbesondere im Bereich Pflanzenschutz. Dr. Harpain wünscht sich hierbei Diskussionen, die auf fachlich/sachlicher Basis geführt werden.
Weiterer Schwerpunkt in seinen Ausführungen war der ausufernden Bürokratie gewidmet, die dringend abgebaut werden müsst. Dazu sei beispielsweise die Zuteilung der Prämien wieder an der Fläche fest zu machen. Vorgaben für die Betriebe müssten praxistauglich ausgestaltet werden.
Deutliche Kritik äußerte Dr. Harpain am sogenannten Grünlanderhaltungsgebot. Bereits heute bestehe in Hessen ein Überhang an Grünland. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Grünlandstatus führt zu einem fundamentalen Vertrauensverlust und gefährdet den kooperativen und freiwilligen Umwelt-, Natur- und Gewässerschutz.Sundermann
Sundermann – LW 14/2015