Synergieeffekte müssen konsequent genutzt werden

Infoveranstaltung der Rinderzüchter Fulda-Hünfeld

Derzeit finden die gemeinsamen Winterinformationsveranstaltungen der Zucht- und Besamungsunion Hessen (ZBH) und des Hessischen Verbandes für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (HVL) statt. Neben aktuellen Themen aus der Milchleistungsprüfung, der Rinderbesamung und der Zuchtviehvermarktung werden die Rinderzüchter über die Entwicklungen im Zuchtgeschehen informiert.

HVL-Bezirksvorsitzender Winfried Schäfer (r.) und ZBH-Bezirksvorsitzender Winfried Seng (2.v.l.) ehrten Wigbert Kalb (l.) und Theo Seng (2.v.r.) für ihren langjährigen Dienst in der Leistungsprüfung.

Foto: Karl-Heinz Burkhardt

In Petersberg-Margretenhaun trafen sich dazu Ende Dezember die Rinderzüchter des Bezirks Fulda-Hünfeld. Im Anschluss wurde der Betrieb von Florian Reith in Dörnbach besichtigt. Knapp 57 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Landkreis Fulda ist Dauergrünland. Die Milchwirtschaft hat in der Region weiterhin einen hohen Stellenwert. Entsprechend groß war das Interesse an der Veranstaltung. HVL-Bezirksvorsitzender Winfried Schäfer aus Dipperz-Külos begrüßte rund 200 Landwirte. Am 1. Januar hat die neue Gesellschaft „Qnetics“ des Landesverbandes Thüringer Rinderzüchter e.G. (LTR), des Thüringer Verbandes für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (TVL) und der Zucht- und Besamungsunion Hes­sen e.G.(ZBH) ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen. Diese hat ihren Sitz in Alsfeld, dessen Aufsichtsrat unter anderem der Fuldaer Kreislandwirt Emil Funk aus Hünfeld-Rückers angehört. Ziel sei die Bündelung der Kräfte der Organisation, die Steigerung der Leistungsfähigkeit sowie ein Voranbringen der Tierzucht, erläuterte Ronald Bi­a­lek, einer der drei Qnetics-Geschäftsführer neben Rudi Paul und Dr. Sonja Kleinhans. Infolge zurückgehender Tierzahlen sowie der Milch erzeugenden Betriebe in Hessen und Thüringen verspreche man sich durch diesen Zusammenschluss Synergieeffekte.

In ihrer Funktion als HVL-Ge­­schäftsführerin ging Dr. Sonja Kleinhans auf Auswertungen der Milchkontrolle in Hessen ein. 1 7935 Betriebe liefern die Milch an zehn Molkereien (siehe Seite 10). Sie sprach von einer stabilen Entwicklung der Milchleistung pro Kuh und ebenfalls bei den Milchinhaltsstoffen. Weitere Themen der Veranstaltung befassten sich mit dem Online-Herdeninformationssystem „Net Rind“ und dem Trächtigkeitstest über die Milch. Auch ging es um Tierwohl-Kriterien in der Milchvieh­haltung und um die Früherkennung von Klauenproblemen, die zu den Hauptabgangsursachen von Kühen zählt.

Großes Interesse der Landwirte herrschte an der Informationsveranstaltung von ZBH und HVL in Margretenhaun.

Foto: Karl-Heinz Burkhardt

Eignung für Melkroboter und Gesundheit beurteilen

Jost Grünhaupt, Zuchtleiter beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, befasste sich mit Merkmalen in der Zuchtwertschätzung zur Eignung der Kuh, beziehungsweise ihres Euters, zum störungsfreien Melken in Robotermelkan­lagen. Corinna Pohlmann berichtete von positiven Ergebnissen des Projektes zur genomischen Typi­sierung „Kuh Vision“, bei der die Wirtschaftlichkeit mit robusten Tieren an erster Stelle stehe. Als ein wichtiges Management-Tool zur Verbesserung der Tiergesundheit stellte sie die akurate Dokumen­tation von Daten heraus. Rudi Paul informierte über die Zuchtviehvermark­tung. Insgesamt seien die Exportaussichten positiv. Hauptabnehmer von Tieren im Jahr 2017 war Russland mit einem Geschäft von über 12 000 Rindern, ferner Türkei, Italien und Polen. Ãœber die Rinderkrankheit Paratuberkulose, die zu gravierenden wirtschaftlichen Verlusten führen kann, informierte Dr. Irene Noll vom Regierungspräsidium Gießen. Es handele sich um eine chronisch fortschreitende Darmkrankheit, die sich seit 2015 in einem hessischen Ausmerzungsprogramm befinde.

Milchleistung ist leicht gesunken

Im Landkreis Fulda gehörten im Jahr 2017 (Jahr 2016) 294 Be­triebe mit 16 976 Kühen der Milchleistungsprüfung an. Demzufolge gaben vier Betriebe (34) mit insgesamt 230 (304) Kühen die Milch­erzeugung auf. Die Aufteilung der Rinderrassen im Landkreis betrug bei den HF-Schwarzbunten 56,2 (57,3) Prozent, HF-Rotbunten 13,5 (14,4) Prozent sowie bei der Zweinutzungsrasse Fleckvieh 19,4 (19,5) Prozent. Die mittlere Jahresleistung aller geprüften Kühe ging gegenüber dem Vorjahr zurück. Allerdings gab es hinsichtlich der Milchleistung deutliche Rassen-Unterschiede, wobei die Herdbuchtiere im Durchschnitt circa 1 000 kg Milch über der Leistung der Nichtherdbuchkühe lagen. Die mittlere Jahresleistung je Kuh betrug bei den Schwarzbunten 8 396 (8 779) kg, bei den Rotbunten 7 557 (7 818) kg und beim Fleckvieh 6 716 (7 093) kg Milch. Mit 4,12 Prozent Fett und 3,43 Prozent Eiweiß blieben die Milchinhaltsstoffe stabil. Von 2010 bis 2016 ist die Zahl der Milcherzeuger in Hessen um fast 1 000 auf jetzt 3 059 gesunken. Seit 2013 verringerten sich im Kreis Fulda die Milcherzeugerbetriebe um 69. Seit 2010 ist die Zahl der Tiere je Betrieb in Hessen um 20 Milchkühe gestiegen.

Fleischrinder gewinnen einen höheren Stellenwert

Ferner stellte Rudi Paul neu­e Vererber vor. Um Planungssicherheiten zu vermeiden, riet er zu Lieferverträgen bei Bullensperma. In Bezug auf Perspektiven in der Rinderzucht ging es um die Vererbung des Beta-Kaseingehaltes in der Milch. Das Eiweiß wird in Verbindung mit Milchintoleranz und Verdau­ungs­­problemen bei Menschen gebracht. Bei Milcherzeugern sei es das Ziel, schrittweise mit dem Einsatz von sogenannten A2-Vererbern die Anlagen für das „richtige“ Eiweiß in der Herde zu vermehren, erläuterte Paul. Während die Rinderbesamungen im Milchviehbereich 2017 zurückgingen, haben sie bei den Fleischrinderrassen zugenommen, stellte er fest. Insbesondere bei der Rasse Weiß-Blaue-Belgier. Mit der sogenannten „Inra 95“ verfü­ge man über eine Kreuzung mit zahlreichen Vorteilen, sagte Paul. Diese setze sich aus den Rassen Weiß-Blaue-Belgier sowie Blonde d´Aquitaine (zu jeweils 20 Prozent), Limousin und Maine Anjou (zu je vier Prozent) sowie Charolais (zu 54 Prozent) zusammen.

Hervorragender Zuchtbetrieb vorgestellt

Im Anschluss hatten die Landwirte die Möglichkeit, den Betrieb der Familie Reith in Dipperz-Dörmbach zu besichtigen. LLH-Zuchtleiter Jost Grünhaupt gab Schleifen für drei Kü­he mit einer Lebensleistung von über 100 000 Litern Milch. (Bericht im LW 2/2018).

Burkhardt – LW 1/2018