TG-Vorstände sollen für Fehler der Behörde zahlen
Folgen für ehrenamtliche Arbeit bei der Flurbereinigung
Zwei Flurbereinigungsverfahren, in denen der ehrenamtliche Vorstand der Teilnehmergemeinschaft (TG) für Fehler der Flurbereinigungsbehörde geradestehen soll, sorgen bei den Betroffenen für großes Unverständnis und Entsetzen und könnten weitreichende Folgen für bestehende als auch künftige Verfahren haben. In beiden Fällen handelt es sich um Fehler bei der Auftragsvergabe für Wegearbeiten, die die zuständigen Ämter für Bodenmanagement im Auftrag der TG ausgeschrieben haben. In Frankenau im Landkreis Waldeck-Frankenberg wurde der Vorsitzende aufgefordert, rund 10 000 Euro an Fördergeldern zurückzuzahlen. In Kirtorf-Lehrbach im Vogelsberg beläuft sich die Forderung an den Vorsitzenden auf über 13 000 Euro. Beide Vorstände klagen gegen den Bescheid beim zuständigen Verwaltungsgericht.

Foto: Günther Krämer
Aufträge hätten getrennt vergeben werden müssen
In Kirtorf-Lehrbach ist der Fall sehr ähnlich. Die Flurbereinigung umfasst hier eine Fläche von 544 Hektar mit 124 Beteiligten. Die letzte größere Baumaßnahme wurde 2016 fertiggestellt, ein Rad- und Wirtschaftsweg mit drei kleinen Brücken über einen Bach. Damals waren alle Teilnehmer mit den Flurbereinigungsverfahren zufrieden, wie der Vorsitzende des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft, Helmut Lenz (70) dem LW sagte. Aber auch hier hat man sich zu früh gefreut. Im Sommer vergangenen Jahres wurde der Vorstand über einen Fehler im Vergabeverfahren unterrichtet. Dieser bestand darin, dass bei der Auftragsvergabe die Lose Erneuerung des Wirtschaftsweges und Erneuerung der Brücken nicht getrennt ausgeschrieben worden waren. Einen Rückforderungsbescheid über 13 377,83 Euro erhielt Lenz dann im Dezember mit dem Zahlungsziel 20. Januar.
Moralische Unterstützung durch die Kommunen
Das für dieses Verfahren zuständige AfB in Fulda argumentierte, nachdem die TG Widerspruch eingelegt hatte, dass die Auftragsvergabe von der TG durchgeführt wurde, auch wenn sie sich bei der Durchführung des Vergabeverfahrens des AfB bedient habe. Die TG-Vorsitzenden hingegen sind überzeugt, dass der ehrenamtliche Vorstand davon ausgehen muss, dass die hauptamtlichen Vertreter der Flurbereinigungsbehörde bei Vergabe gewissenhaft ihren Amtspflichten nachkommen.
In beiden Fällen haben die Teilnehmergemeinschaften in diesem Streit die Unterstützung der Kommunen. „Der Magistrat hält den Sachverhalt für sehr fragwürdig und sieht das Land Hessen in der Pflicht, für den Schaden aufzukommen“, sagte der Frankenauer Bürgermeister Björn Brede der nordhessischen Zeitung HNA. Und der Kirtorfer Bürgermeister Andreas Fey kann laut Oberhessischer Zeitung nicht verstehen, dass die Zusammenarbeit zwischen der Teilnehmergemeinschaft und der Flurbereinigungsbehörde gesetzlich verankert ist, dem ehrenamtlichen TG-Vorstand aber die volle und alleinige Verantwortung eines Vergabefehlers angelastet werde.
Wer übernimmt dann künftig noch Verantwortung?
Für den Frankenauer TG-Vorsitzenden Ruhwedel ist klar, dass er zunächst keine Unterschriften mehr leistet. „Der Vorstand trifft keine Entscheidungen mehr, derzeit herrscht Stillstand“, sagt er dem LW, obwohl sich das Verfahren im Stadium der Besitzeinweisung befindet. Dasselbe gilt für Lehrbach, wo das Flurneuordnungsverfahren seit 1997 läuft und längst noch nicht abgeschlossen ist. „Wer soll künftig noch im Vorstand Verantwortung übernehmen, wenn er solche Risiken eingehen muss?“, fragen Ruhwedel und Lenz übereinstimmend. Zumal die Rückforderungen ja leicht viel höher ausfallen könnten.
Der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Frankenberg, Matthias Eckel, sieht das auch so. Er hat seinen Mitgliedern, die sich im Vorstand von Teilnehmergemeinschaften engagieren empfohlen, vorerst keine Unterschriften mehr zu leisten.
CM – LW 25/2021