TG-Vorstände sollen für Fehler der Behörde zahlen

Folgen für ehrenamtliche Arbeit bei der Flurbereinigung

Zwei Flurbereinigungsverfahren, in denen der ehrenamtliche Vorstand der Teilnehmergemeinschaft (TG) für Fehler der Flurbereinigungsbehörde geradestehen soll, sorgen bei den Betroffenen für großes Unverständnis und Entsetzen und könnten weitreichende Folgen für bestehende als auch künftige Verfahren haben. In beiden Fällen handelt es sich um Fehler bei der Auftragsvergabe für Wegearbeiten, die die zuständigen Ämter für Bodenmanagement im Auftrag der TG ausgeschrieben haben. In Frankenau im Landkreis Waldeck-Frankenberg wurde der Vorsitzende aufgefordert, rund 10 000 Euro an Fördergeldern zurückzuzahlen. In Kirtorf-Lehrbach im Vogelsberg beläuft sich die Forderung an den Vorsitzenden auf über 13 000 Euro. Beide Vorstände klagen gegen den Bescheid beim zuständigen Verwaltungsgericht.

Mit der Brücke über den Haferbach in der Gemarkung Lehrbach wurde vor fünf Jahren die letzte große Baumaßnahme in der Flurbereinigung abgeschlossen. Heute sind der Kirtorfer Bürgermeister Andreas Fey (rechts), Helmut Lenz (links) und Reiner Männl (hinten) von der TG mehr als enttäuscht von dem Amt für Bodenmanagement Fulda, das wegen eines Vergabefehlers eine Rückforderung von EU-Fördergeldern verlangt.

Foto: Günther Krämer

Bei der Flurbereinigung in Frankenau mit 713 Hektar Fläche und 370 Beteiligten, die 2011 für das Naturschutzgroßprojekt Edersee-Kellerwald eingeleitet worden war, hat das Amt für Bodenmanagement (AfB) in Korbach irrtümlicherweise Wegearbeiten in einem Los vergeben, die in zwei Losen hätten vergeben werden müssen. Dadurch waren laut AfB Mehrkosten von 12 600 Euro entstanden und 10 100 Euro zu viel an EU-Förderung ausgegeben worden. Die Vergabe erfolgte bereits im Jahr 2015. Zwischenzeitlich wurde dies vom Landesrechnungshof moniert. Im Sommer 2020 informierte das Amt die Teilnehmergemeinschaft. Ende November bekam dann der Vorsitzende des Vorstandes, Herbert Ruhwedel (65), die Zahlungsaufforderung mit dem Zahlungsziel 4. Januar zugestellt, wie der Vorsitzende dem LW berichtete. Kurz vor Weihnachten wurde eine Klageschrift erstellt und an das Verwaltungsgericht gesendet.

Aufträge hätten getrennt vergeben werden müssen

In Kirtorf-Lehrbach ist der Fall sehr ähnlich. Die Flurbereinigung umfasst hier eine Fläche von 544 Hektar mit 124 Beteiligten. Die letzte größere Baumaßnahme wurde 2016 fertiggestellt, ein Rad- und Wirtschaftsweg mit drei kleinen Brücken über einen Bach. Damals waren alle Teilnehmer mit den Flurbereinigungsverfahren zufrieden, wie der Vorsitzende des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft, Helmut Lenz (70) dem LW sagte. Aber auch hier hat man sich zu früh gefreut. Im Sommer vergangenen Jahres wurde der Vorstand über einen Fehler im Vergabeverfahren unterrichtet. Dieser bestand darin, dass bei der Auftragsvergabe die Lose Erneuerung des Wirtschaftsweges und Erneuerung der Brücken nicht getrennt ausgeschrieben worden waren. Einen Rückforderungsbescheid über 13 377,83 Euro erhielt Lenz dann im Dezember mit dem Zahlungsziel 20. Januar.

Moralische Unterstützung durch die Kommunen

Das für dieses Verfahren zuständige AfB in Fulda argumentierte, nachdem die TG Widerspruch eingelegt hatte, dass die Auftragsvergabe von der TG durchgeführt wurde, auch wenn sie sich bei der Durchführung des Vergabeverfahrens des AfB bedient habe. Die TG-Vorsitzenden hingegen sind überzeugt, dass der ehrenamtliche Vorstand davon ausgehen muss, dass die hauptamtlichen Vertreter der Flurbereinigungsbehörde bei Vergabe gewissenhaft ihren Amtspflichten nachkommen.

In beiden Fällen haben die Teilnehmergemeinschaften in diesem Streit die Unterstützung der Kommunen. „Der Magistrat hält den Sachverhalt für sehr fragwürdig und sieht das Land Hessen in der Pflicht, für den Schaden aufzukommen“, sagte der Frankenauer Bürgermeister Björn Brede der nordhessischen Zeitung HNA. Und der Kirtorfer Bürgermeister Andreas Fey kann laut Oberhessischer Zeitung nicht verstehen, dass die Zusammenarbeit zwischen der Teilnehmergemeinschaft und der Flurbereinigungsbehörde gesetzlich verankert ist, dem ehrenamtlichen TG-Vorstand aber die volle und alleinige Verantwortung eines Vergabefehlers angelastet werde.

Wer übernimmt dann künftig noch Verantwortung?

Für den Frankenauer TG-Vorsitzenden Ruhwedel ist klar, dass er zunächst keine Unterschriften mehr leistet. „Der Vorstand trifft keine Entscheidungen mehr, derzeit herrscht Stillstand“, sagt er dem LW, obwohl sich das Verfahren im Stadium der Besitzeinweisung befindet. Dasselbe gilt für Lehrbach, wo das Flurneuordnungsverfahren seit 1997 läuft und längst noch nicht abgeschlossen ist. „Wer soll künftig noch im Vorstand Verantwortung übernehmen, wenn er solche Risiken eingehen muss?“, fragen Ruhwedel und Lenz übereinstimmend. Zumal die Rückforderungen ja leicht viel höher ausfallen könnten.

Der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Frankenberg, Matthias Eckel, sieht das auch so. Er hat seinen Mitgliedern, die sich im Vorstand von Teilnehmergemeinschaften engagieren empfohlen, vorerst keine Unterschriften mehr zu leisten.

CM – LW 25/2021