Trockenheit macht den Bauern Sorgen
LW befragt Landwirte zur Situation ihrer Kulturen
Das ungewöhnlich trockene Frühjahr 2011 bereitet den Bauern auch im LW-Gebiet zunehmend Kopfzerbrechen. Welche Probleme aktuell bestehen und wie die weitere Entwicklung eingeschätzt wird, hat das LW bei Betriebsleitern in Hessen und Rheinland-Pfalz nachgefragt.
Wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) gemessen hat, fielen im März und April in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland durchschnittlich nur rund 22 Prozent der normalen Niederschläge. Und auch im Mai ist bisher kein Regen in Sicht, der die Situation maßgeblich verbessern könnte.Öko-Landwirt Uwe Brede von der Domäne Niederbeisheim hat vor allem Probleme bei den Leguminosen – Bohnen Erbsen – festgestellt, denn die kleinen Pflänzchen sind noch sehr empfindlich. „Wir hatten in den letzten sechs Wochen nur etwa 6 mm Niederschlag. Und obwohl wir durch pfluglosen Ackerbau eine gute Bodenstruktur haben, beginnt auch der Winterweizen stellenweise schon zu reduzieren.“ Aber auch Unkräuter hätten zum Glück mit der Dürre zu kämpfen. Die besonders problematischen Pflanzen Ackerwinde und Klettenlabkraut blieben auch wegen des fehlenden Stickstoffes eher klein.
Getreide braucht zum Schossen Wasser
Schweinezüchter Norbert Klapp bewirtschaftet in Malsfeld 40-er bis 60-er Basalt-Verwitterungs-Böden konventionell und kann sich mit 18 mm Niederschlag im letzten Monat verglichen mit den meisten Kollegen der Region noch glücklich schätzen. „Bei unseren Sommerungen wie Mais und auch Kohl sieht es momentan noch recht gut aus, aber auch hier muss es in den nächsten Tagen unbedingt regnen, denn Bewässerung findet in unserem Gebiet üblicher Weise nicht statt. Anders zeigt sich das Wintergetreide, das jetzt schossen will: Hier fehlt das Wasser und die Pflanzen reduzieren schon bei der Einkörnung.“
Deutlich zu sehen sei, dass er schon im Februar Gülle gefahren habe. Diese Bestände präsentierten sich doch etwas besser, als Schläge, die erst später angedüngt wurden. Aber auch seine Mineraldüngergabe lag noch ungelöst an der Bodenoberfläche.
„Wir ernten jetzt, was da ist“
Milchbauer Bernd Lux, Schwarzenborn, bewirtschaftet sein Grünland auf rund 600 m Höhe. Selbst hier im Knüllgebirge sind nur rund 8 mm Regen gefallen, und Lux rechnet daher mit Ertragseinbußen beim Grundfutter von etwa einem Drittel. „Wir werden morgen unseren ersten Schnitt einfahren, denn mehr wird es nicht, und wer weiß was noch kommt. Auch die Qualität wird ab jetzt eher schlechter, und eine eventuell folgende Regenperiode würde uns ja auch nicht weiterhelfen“, so Lux.
Der Mais sei gerade aufgelaufen und habe die letzten Nachtfröste der vorgezogenen Eisheiligen gut überstanden. Im Tal sei die Temperatur eher noch niedriger gewesen und von dort sei auch von einzelnen Frostschäden berichtet worden.
Grünland und Raps leiden stark unter den Witterungsbedingungen
„In Oberhessen stellen wir erhebliche Unterschiede zwischen den Standorten fest“, schildert Martin Henz, Kreislandwirt Marburg-Biedenkopf, die Situation. Henz bewirtschaftet in Moischt einen Betrieb mit Ackerbau und Rinderhaltung auf 150 ha mit 40 ha Grünland. Während im Wintergetreide an den Standorten mit tiefgründigen, wasserspeichernden Lehmschichten wie im Amöneburger Becken zur Zeit noch keine Trockenschäden festzustellen seien, reagierten die Bestände auf den flachgründigen Böden und in den Höhenlagen bereits deutlich mit Trockenstress.
Die Aussaat der Zuckerrüben habe noch rechtzeitig erfolgen können, und die Reihen stünden gut. Ebenso laufe auch der Mais zufrieden stellend auf, berichtet Henz. Schwierig könne es aber auf den spät gesäten Flächen werden, wie auf den Maisflächen mit Zwischenfruchtanbau. Der Raps leide sehr stark unter den Witterungsbedingungen in diesem Frühjahr. Bei näherer Betrachtung zeige sich zum Teil, dass Schoten nur schwach angesetzt wurden.
Teure Beregnung im Gemüsebau
Jürgen Beckenbach, Landwirtschaftsmeister aus Eich am Rhein, betreibt einen Acker- und Gemüsebaubetrieb von 200 ha, davon 60 ha Zwiebeln, 6 ha Spargel und Kartoffeln. „Wir müssen in den Zwiebeln bis zu drei Beregnungsgaben mehr geben als in normalen Jahren. Pro Beregnungsgabe fallen 100 Euro/ha an. Das heißt, meine Produktionskosten steigen enorm und ich weiß nicht, ob ich dieses Geld im Handel jemals wieder sehen werde“, sagt der 45-Jährige. Auch müsse er Prioritäten setzen: Zwiebeln vor Getreide.
Tagsüber bekämpft er die Trockenheit, nachts beregnete er gegen den Frost. Das hat nicht auf allen Kartoffelfeldern geklappt, da eine Beregnungsanlage ausfiel, ein Kartoffelfeld Frostschäden erlitt und der Bestand um zwei bis drei Wochen zurückgeworfen wurde.
Beckenbach kämpft ständig mit den Extremen. So standen einige seiner Winterzwiebeln, die er im August aussäte, mehrere Monate unter Wasser, da im Rahmen einer Renaturierungsmaßnahme der Ablauf eines Baches zum Rhein geschlossen wurde und nach dem Willen der Landespflegebehörde auch nicht mehr mit dem Rhein verbunden werden soll; der Ausfall ist enorm.
An Wasser mangelt es in Eich nicht, obwohl der Wasserstand des Rheins derzeit 1,7 m unter Normalniveau liegt. Beckenbach beneidet manchmal die Landwirte im Hügelland, deren Böden sehr viel besser das Wasser halten, als seine sandigen Lehmböden mit kiesigem Untergrund.
Beim Pflanzenschutz in den Zwiebeln konnte Beckenbach aufgrund der Trockenheit auf eine Fungizidspritzung verzichten, musste allerdings beregnen, damit das Herbizid wirkt. „Beim Spargel haben wir überhaupt keine Probleme. Die Rhizome lagern so tief und haben sich bereits im Vorjahr gestärkt, dass genügend Kraft zum Austrieb schönster Spargeln vorhanden ist.“ Nur der Preis beim Spargel könnte besser sein.
Eine angespannte Versorgungslage bei heimischen Zwiebeln oder Kartoffeln befürchtet Jürgen Beckenbach trotz allem nicht: „Wir werden genügend Ware von bester Qualität auf den Markt bringen, das dauert nicht mehr lange.“
Krankheiten auf niedrigem Niveau
Wie das DLR in Bad Kreuznach mitteilt, sind mit der Trockenheit die Getreidebestände von Krankheiten weitgehend verÂschont geblieben. In den feuchteren Regionen wie etwa im WesÂterwald werde gelegentlich von bekämpfungswürdigen Blatt- und Netzflecken berichtet, der aber keine teuren Fungizidmaßnahmen rechtfertige. In den übrigen Gebieten sollte bei entsprechend anfälligen Sorten vor allem auf PLS-Flecken geachtet werden. „Es lässt sich bereits jetzt absehen, dass dieses Jahr im Getreide keine aufwendigen Fungizidmaßnahmen erforderlich sind. Auch Braunrost, in Trockenjahren die wichtigste, meist einzige bekämpfungswürdige Krankheit, ist bisher nicht übermäßig in Erscheinung getreten. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass der notwendige Tau mittlerweile vor allem auf schwächeren Standorten ausbleibt“, heißt es im aktuellen Warndienst. LW