Unbeeindruckt gedeihen die Weinberge im neuen Jahrgang

Weinwerbung auf Digitalkurs

Es habe schon etwas Mut bedurft, in dieser Zeit zur Mitgliederversammlung des Rheinhessenwein zu kommen, begrüßte Vorsitzender Thomas Schätzel am 25. Juni 2020 in Worms die Anwesenden. Während sich die Weinwirtschaft in der Corona-Krise neu zusammenruckelt, gebe es neue Gewinner und Verlierer.

Unter entsprechenden Hygieneauflagen fand die Mitgliederversammlung des Rheinhessenwein e.V. im Wormser in Worms statt.

Foto: Willersinn

„Die Natur bleibt von der Pandemie zum Glück vollkommen unbeeindruckt: Die Weinberge stehen vielversprechend da“, sagte Schätzel.

In der Kommunikation von Rheinhessenwein sei der Wechsel von dem Slogan „Rheinhessen. Die Weine der Winzer“ hin zu „Weine aus Rheinhessen: Qualität die man schmeckt“ in 2019 vollzogen worden. Die Umsetzung fand in Kooperation mit dem DWI statt. Dadurch können nun auch Gelder aus der Binnenmarktförderung der EU beansprucht werden. Allerdings wünscht sich Schätzel, dass die Kofinanzierung der Weinwerbung von derzeit 50 auf 75 Prozent angehoben wird. Um die Förderprogramme besser nutzen zu können, ist ein Ausbau der eigenen Finanzierungsbasis unabdingbar, erklärt Schätzel. Auch aus diesem Grund hat sich der Gesamtvorstand einstimmig für eine Erhöhung des Mitgliedbeitrages von 39 auf 100 Euro pro Jahr geeinigt. Klar sei das ein großer Sprung, aber in Bezug auf die lange Zeit (letzte Änderung des Beitrages war 1993) bestehe eine entsprechende Anpassungsnotwendigkeit, so Geschäftsführer Bernd Kern. Demgegenüber stehe ein großer Leistungskatalog, der in den letzten Jahren immer wieder angepasst werden musste.

Rückläufige Zahlen im Markt

Kern stellte den Geschäftsbericht dar: Die Rheinhessen haben es geschafft, Marktanteile zurückzugewinnen und vermarkteten 2019 34,3 Prozent der deutschen Weine (2018: 31,5 Prozent). Der Durchschnittspreis sei allerdings von 2,23 Euro/l in 2018 auf 2,15 Euro/l in 2019 zurückgegangen. Im Direktverkauf liegt er bei 5,54 Euro pro 0,75 l-Flasche und damit deutlich höher als im Vorjahr (5,08 Euro). Insgesamt werden 22 Prozent der rheinhessischen Weine direkt vermarktet, 71 Prozent über Kellereien und 7 Prozent durch Kooperationen. Der Export musste 2019 in Menge und Preis zurückstecken, die Strafzölle der USA seien dabei noch nicht abgebildet. Es gibt allerdings auch hoffnungsvolle Märkte. Darunter Japan mit einem Zuwachs von 23 Prozent. Dies sei eine Auswirkung aus dem 2019 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen der EU, so der Geschäftsführer. „Rheinhessen profiliert sich wieder stärker im Weißweinbereich, das zeigen auch die Pflanzungen in diesem Frühjahr“, zeigte Kern auf. Waren 2009 noch 59 Prozent der Rebfläche mit Weißweintrauben bepflanzt, sind es zehn Jahre später schon fast 67 Prozent.

Bernd Kern freut sich über einen immer größeren Zulauf zur Homepage www.rheinhessen.de und zum Newsletter mit 10 000 Abonnenten sowie 17 000 Facebook-Follower. Das neue Roadmovie, welches Weinkönigin Eva Müller auf der Versammlung vorstellte, habe gute Impulse gebracht.

Da viele Präsenz-Veranstaltungen durch die Corona-Pandemie ausfallen mussten, wurden entsprechende Online-Formate angeboten. Zudem hat Rheinhessenwein gemeinsam mit der VRM Digitalagentur für Marketing überlegt, wie durch digitales Marketing neue Zielgruppen erreicht werden können. Entwickelt wurden dabei auch Anzeigenrahmen für Instagram.

Prof. Dr. Hans Schultz von der Hochschule Geisenheim University zeigte durch unterschiedliche Studien auf, an welchen Stellschrauben in der Landwirtschaft und im Weinbau gedreht werden muss, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. So müsse die Unterlagenfrage neu angegangen werden, um den Wassermangel in den Griff zu bekommen. Böden seien der unterschätzte Klimafaktor und Erosion sei absolut zu vermeiden. Die ständige Bearbeitung der Böden wirkt sich negativ auf den Austrag von Klimagasen aus. Nur wenn ein verbessertes Klimapotenzial im Preis der Produkte ausgeglichen wird, könne es eine Lösung geben. Denn „billige Lebensmittel sind teuer“, so Schultz. Zudem müsse die Zweiteilung von ökologisch und konventionell aufgebrochen werden. Es gehe um die einzelnen Systeme und was diese zum Klima beitragen – oder eben nicht. Aber um eine Verbesserung zu erreichen, müsse man dies auch wollen: „Nachhaltigkeit fängt im Kopf an.“

iw – LW 27/2020