Unsere Arbeit wird nicht gerecht entlohnt

Betriebskosten steigen, Erzeugerpreise viel zu niedrig

Bei der Kreisbauernversammlung Mainz-Bingen, in der Radsporthalle in Klein-Winternheim vergangene Woche wies Kreisvorsitzender Ludwig Schmitt auf die unbefriedigende Einkommenssituation nach einem schwierigen Jahr 2016 hin.

Ludwig Schmitt fordert, dass betroffene Landwirte bei der Ausarbeitung von Bewirtschaftungsplänen in Natura 2000-Gebieten ihr Fachwissen mit einbringen.

Foto: Setzepfand

So stellten die langen Regenfälle die Beratung der DLRs und die Landwirte vor nervenaufreibende Entscheidungen. Trotz gutem Ausbildungsstand der Betriebsleiter, trotz modernster Technik konnte in vielen Obstbaukulturen die Fäule oder die Kirschessigfliege nicht aufgehalten werden. Im Weinbau waren Bio- und konventionell arbeitende Winzer in nicht mehr gekanntem Maße von der Peronospora betroffen. Derzeit sehen die Winzer die Folgen des hohen Peronosporabefalls an dem schlecht ausgereiften Holz. Das Biegen falle sehr schwer. Landwirte, Obstbauern und Winzer mussten hohe Betriebskosten für Pflanzenschutzmittel in Kauf nehmen, um überhaupt eine Ernte einzufahren. „Ohne Pflanzenschutzmittel hätte es eine Missernte gegeben“, sagte Schmitt. Und all die Bemühungen und Mehrkosten wurden in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandeln überhaupt nicht gewürdigt. Hier werde ein Handelskrieg um Marktanteile auf dem Rücken der Bauern ausgetragen. Vordergründig werde mit Regionalität geworben, doch eingekauft werde, wo es am billigsten sei. „Das ist nicht nachhaltig, sondern ausbeuterisch“, so Schmitt.

Auch BWV-Präsident Eberhard Hartelt bemerkte in seinem Vortrag „Landwirtschaft zwischen Ökonomie und Ökologie“, dass die Landwirte zwischen den Anforderungen der Ökonomie und den Umweltauflagen zermahlen werden. Im Kreis Mainz-Bingen sei laut Schmitt, der Einfluss des ideologisierten Naturschutzes besonders deutlich zu spüren. Die ausgedehnten Natura 2000-Flächen Richtung Ingelheim schränken den Anbau von Obst gravierend ein. Er forderte bei der Ausweisung von Natura 2000 Gebieten und bei der Festlegung der künftigen Bewirtschaftungspläne die betroffenen Landwirte und Winzer mit einzubeziehen, nicht nur die Landwirtschaftskammer. Auch müssen in einem angemessenen Umfang finanzielle Mittel für den Ausgleich vermögensrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Nachteile bereitgestellt werden, und zwar aus Umwelttöpfen, nicht aus GAP-Mitteln, so Schmitt.

Obstbau soll in Frostlagen verbannt werden

Auch im Vogelschutzgebiet Ober-Hilbersheimer Plateau sei eine deutliche Beschränkung der Bewirtschaftung durch die Natura 2000-Regelungen geplant. Hier solle der Obstbau vertrieben werden zugunsten der Rohrweihe, die vor allem Ackerflächen benötige. Dass diese bisher auch gut mit den Obstbaukulturen zwischen den Ackerflächen leben konnte, spiele für die Untere Naturschutzbehörde keine Rolle. Schmitt wies darauf hin, dass all die schützenswerten Arten doch nur vorhanden seien, weil die Landwirte all die Jahre so vielfältig die Kulturlandschaft pflegten. Schmitt wehre sich auch, dass nun in den Natura 2000-Gebieten kein Kulturartenwechsel mehr möglich sei, was doch für die fruchtbare Bewirtschaftung unabdingbar ist.

Nach Ansicht der Naturschutzbehörde sollen die Obstbauern ihre Bäume in der Rheinaue pflanzen. „Das ist unser Ruin. Frost und Hagel sind dort erheblich häufiger. Es sei denn man lässt uns den Obstbau in Folien- oder Treibhäusern tätigen. Das wäre eine Lösung“, so der Obstbaumeister.

Er verlange von der Politik, dass diese mit den Landwirten redet und nicht diktatorisch Verordnungen überstülpe. Es wurden Schutzgebiete für Tiere und Pflanzen ausgewiesen, dabei dürfe man den Menschen, der in die Kulturlandschaft gehöre nicht vergessen. Landwirte und deren kommende Generationen seien es, die die Kulturlandschaft und die Biodiversität zukünftig bewahren.

BWV-Präsident Eberhard Hartelt rief die Landwirte auf sich sowohl bei der Sozialwahl als auch dem Konsultationsverfahren zu beteiligen.

Foto: Setzepfand

Konsultationsverfahren und Sozialwahlen stehen an

Dass diese schöne Kulturlandschaft von vielen Menschen geschätzt werde, zeigen die vielen Gäste in den Weingütern. Der Weintourismus ist für zahlreiche Winzer ein wichtiges Standbein. Daher dürfe nicht passieren, was in Nierstein-Schwabsburg geschah, wo nun eine Motocross-Strecke den Tourismus bremst, so Schmitt.

Doch nicht alle schätzen die Arbeit der Bauern. Das zeigen die neuen Bauernregeln von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Hartelt nannte diese diffamierend, billig, unterstes Niveau. Und ein Landwirt rief: „Die sollte zurücktreten, nur entschuldigen, das reicht nicht.“ Hartelt dankte den vielen Landwirten, die sich in den sozialen Medien eingemischt haben und ihrerseits eigene Bauernregeln aufgestellt haben, wie diese „Geht´s nach Barbara Hendricks hier auf der Flur, fehlt bald vom Bauern jede Spur. Als Folge dann, das ist gewiss, bald nichts mehr Bezahlbares auf dem Teller ist.“

Hendricks stehe dafür ein, dass die Betriebsprämien der Landwirte an weitere Umweltleistungen gebunden werden, was in der Diskussion der neuen GAP 2020, sehr umstritten ist. „Wir müssen die Direktzahlungen der ersten Säule beibehalten“, sagte Hartelt, das zeigte dieses schwierige Jahr 2017. In manchen Regionen machen die Direktzahlungen 80 Prozent des Einkommens der Landwirte aus, da gebe es keine Frage, sagte Hartelt. Es werde wieder ein Konsultationsverfahren der EU geben, in dem die Meinung der Bürger abgefragt werde. Zuletzt war dies vor zwei Jahren der Fall mit dem Thema Natura 2000, damals war es sehr kompliziert und auf einen Landwirt kamen 100 Umweltschützer, die sich in Standardantworten zeigten. „Da werden wir vom Verband noch Unterstützung geben“, so Hartelt.

Ingo Steitz, der rheinhessische Weinbaupräsident, betonte die Sonderstellung des Weinbaus in der Gunst des Verbrauchers. Selbst für die Biowinzer, die im vergangenen Jahr nach dem Pflanzenschutzmittel Kaliumphosphonat verlangten, wurde von Seiten der Medien und Verbraucher Empathie entgegengebracht, das habe ihn erstaunt. Das liege wohl daran, dass Wein ein Kulturgut, ja ein Genussmittel sei, dass viele Verbraucher ihren Winzer kennen und ihm vertrauen.

Er rief die Landwirte auf zur Sozialwahl ihre Stimme abzugeben. Es gehe nicht so sehr darum, wer genau nun dort sitze, sondern dass dieses System unterstützt werde.

zep – LW 7/2017