Unternehmensergebnisse deutlich gesunken

Hessischer Bauernverband zieht verhaltene Erntebilanz

Auf den Feldern in Hessen gab es in diesem Jahr eine gute Getreide­ernte. Als Folge der niedrigen Preise bei fast allen landwirtschaftlichen Produkten, besonders bei Milch und Schweinen, sinken aber die Unternehmensergebnisse der landwirtschaftlichen Betriebe rapide. Unter dem Strich fällt daher die Bilanz des Hessischen Bauernverbandes (HBV) zur Ernte 2015 sehr verhalten aus, wie HBV-Generalsekretär Peter Voss-Fels bei einem Presse­gespräch im Vorfeld des Landeserntedankfestes in Lindenholzhausen erläuterte.

Informierten über die Ergebnisse hessischer Betriebe, v.l.: Peter Voss-Fels (Generalsekretär des HBV), Bernd Schäfer (stellvertretender Vorsitzender KBV Limburg-Weilburg) und Bernd Weber (HBV-Pressesprecher).

Foto: Moennig

Stabiles Erntewetter, durchweg gute Getreideerträge, aber in fast allen Sparten keine kostendeckenden Erzeugerpreise. So umriss Voss-Fels die Erntebilanz. Im abgeschlossenen Wirtschaftsjahr 2014/15 ist das Unternehmensergebnis bei den vom HBV analysierten 450 Betrieben um rund 12 Prozent gesunken. Im Vergleich zum vorangegangenen Wirtschafts­jahr fiel der Gewinn im Durchschnitt auf 28 700 Eu­ro pro Arbeitskraft. Wie Voss-Fels erläuterte, gibt es dabei große Unterschiede je nach Betriebsform und regionaler Erntesituation. Vom Unterneh­mens­er­gebnis sind noch Steuern und Sozialabgaben (Kranken­versicherung, Berufsgenossenschaft und Beiträge zur Alterskasse) zu bezahlen und Er­satz­in­vestitio­nen zu tätigen, wie der HBV-Generalsekretär weiter ausführte. Erst dann habe man den Gewinn als Familien­einkommen vorliegen. Neuinves­titionen seien aus dem Gewinn zu tätigen, um den Betrieb wettbewerbsfähig zu halten.

Starke Verluste mussten im ab­gelaufenen Wirtschaftsjahr die Veredlungsbetriebe mit einem Minus von 21 Prozent und die Futterbaubetriebe mit minus 17 sowie die Gemischtbetriebe (minus 12 Prozent) hinnehmen. Fürs laufende Jahr 2015/16 rechnet der HBV mit weiter fallenden Gewinnen aufgrund der ge­sun­kenen Erzeugerpreise.

In diesem Jahr wurde in Hessen eine durchschnittliche Ernte von rund 2,14 Mio. t Getreide eingefahren. Bezug nehmend auf das von den Vereinten Nationen für 2015 ausgerufene Jahr des Bodens meinte Voss-Fels: „Die Landwirtschaft hat es geschafft, den Boden fruchtbar zu halten. Das zeigt sich in schwierigen Jahren wie diesem mit extremer Sommertrockenheit.“ Gleichwohl seien die Böden sehr unterschiedlich in ihrer Leistungsfähigkeit. So hätten die Löss-Lehm-Standorte ein hohes Wasserspeichervermögen von circa 240 Liter pro m³. Die Erträge seien dementsprechend trotz der Trockenheit stabil gewesen.

Nord-Süd-Gefälle bei Mais und Rüben

Auf flachgründigen Standorten hingegen seien teils starke Ertragsverluste von bis zu 30 Prozent entstanden. Beim Winterraps wurden 214 000 t geerntet, das sind 24 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr. Der Rückgang ist zum Teil auf die Verringerung der Rapsanbaufläche in Hessen von 63 350 ha im Jahr 2014 auf etwa 56 000 ha im Erntejahr 2015 zurückzuführen. Beim Mais sah man in Hessen dieses Jahr ein Nord-Süd-Gefälle, von sehr guten Beständen in Waldeck bis teils kaum über die Kniehöhe reichende Kulturen mit unzureichender Kolbenentwicklung im Ried. Ein vergleichbarer Trend zeichnet sich laut Voss-Fels bei den Zuckerrüben ab.

Proberodungen für den Bereich Wabern haben eine Ertragseinschätzung von gut 75 t Rüben je ha bei einem Gehalt von gut 18 Prozent Zucker ergeben. In der Wetterau als Gunstregion für den Hackfruchtanbau, die mit zu den ertragsstärksten Rübenstandorten Deutschlands zählt, liegt die Ernteschätzung für die jetzt angelaufene Kampagne bei einem Rübenertrag von fast 73 t je ha und einem Zuckergehalt von 17,6 Prozent. Bei Kartoffeln geht der HBV nach vorläufigen Angaben von einer Verringerung der Erntemenge um 16 Prozent für Hessen auf etwa 188 600 t im Vergleich zum Vorjahr aus.

Position der Erzeuger in der Wertschöpfungskette stärken

Viele Landwirte in Hessen halten Milchkühe und Rinder. Gerade diese Betriebe stehen zurzeit wirtschaftlich „mit dem Rücken an der Wand“, mahnte der Generalsekretär. Bei einem Milchgeld von derzeit etwa 28 Cent je Liter seien die Kosten der Erzeugung von circa 40 Cent je Liter bei Weitem nicht gedeckt.

Hinzu komme, dass als Folge der Trockenheit über die gesamte Saison vom Frühjahr bis zum Spätsommer nicht genug Grundfutter geerntet werden konnte. Auf den Grünlandflächen trat vielerorts auch eine Mäuseplage auf, die zu zusätzlichen Futterverlusten geführt habe, beschrieb Voss-Fels weiter. Da die wirtschaftliche Perspektive für viele landwirtschaftliche Betriebe in Hessen zurzeit sehr unsicher ist, nutzte der HBV-Generalsekretär die Pressekonferenz, um auf die zu geringe Entlohnung der Arbeit der Landwirte und den Stellen­wert des Berufstandes in der Gesellschaft hinzuweisen. Die Erzeugerpreise honorierten die Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft nicht.

Der Lebensmitteleinzelhandel nutze seine Marktmacht auf Kosten der Bauern aus, in der Wertschöpfungskette gebe es keinen fairen Wettbewerb. Er sagte: „Die Discounter diktieren den Molkereien die Preise.“ Der HBV stelle Forderungen an die Politik. Sie richten sich unter an­derem ans Bundeskartellamt mit dem Ziel, die Position der Erzeuger in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette zu stärken. Weiterhin an die Politik, dass Russland das Importembargo zu überwinden.

Landwirtschaft ist wichtiger Teil der Gesellschaft

Trotz der aktuell schwierigen Lage am Markt sieht Voss-Fels langfristig gute Perspektiven für die Landwirtschaft wegen der weltweit wachsenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Zuversicht im Berufsstand werde am Interesse junger Menschen deutlich. In Hessen gibt es dieses Jahr 143 neue Auszubildende in der Landwirtschaft.

Bernd Schäfer, stellvertretender Vorsitzender des KBV Limburg-Weilburg, informierte über Landwirtschaft im Kreisgebiet. Der 50-Jährige bewirtschaftet mit seiner Ehefrau Giedre in Runkel einen 130-ha-Betrieb mit 40 ha Grünland und 80 Kühen. Ein Problem ist der starke Flächenverlust. Mit der angekündigten Sperrung der Bundesstraße 49 für Traktoren würde zudem eine wichtige „Verkehrsader“ zu den Feldern, aber auch zum Handel wegfallen.

Moe – LW 43/2015