„Verbraucher entscheidet über die Art der Tierhaltung“
Bischof Algermissen besuchte Schweinemastbetrieb
Landwirte sowie der Hessische Bauernverband sahen sich gegenüber einem Bischofswort, das Bischof Heinz Josef Algermissen im verganÂgenen Jahr in der Bistumszeitschrift Bonifatiusbote unter der Ãœberschrift „Fleischkonsum ohne Gewissen“ verfasst hatte und in dem er die Massentierhaltung anprangerte, ausgesetzt. Auf Einladung des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld stattete der Bischof nunmehr einem Schweinemastbetrieb einen Informationsbesuch ab.

Foto: Karl-Heinz Burkhardt
Durch die industrielle FleischÂproduktion werde die traditionelÂle Tierhaltung auf den Kopf geÂstellt. Der Bischof schrieb von einer „… fatalen Massentierhaltung. Tiere werden in Mastfabriken zu Instrumenten der FleischÂproduktion. Im Jahr 2013 wurden hierzulande in modernen Schlachtereien 730 Mio. TieÂre geschlachtet, im Minutentakt, oft auf grausame Weise. Das geschieht in riesigen Tötungsfabriken auf dem Lande, die Transporter fahren bevorzugt nachts dorthin ...“ Wo Tiere als Massenware in klimatisierten Ställen gemästet würden, seien Weideflächen unnötig, denn das Futter stelle die Industrie. Wolle man das ändern, müsse man dringend zu einem verantworteten Konsum kommen. Algermissen weiter: „Der ist aber so wenig zu verordnen, wie die Wertschätzung von Lebensmitteln oder das Mitgefühl mit den leidenden Tieren in Mastställen und Schlachtfabriken.“
Ländliche Räume brauchen jeden Landwirtschaftsbetrieb
In Briefen brachten daraufhin Landwirte aus der Region ihre Enttäuschung zum Ausdruck, andere fühlten sich sogar angegriffen, da sie seit jeher in ihren Familienbetrieben auf das Wohl ihrer Tiere achten.
Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, wandte sich in einem Brief an den Bischof, in dem er ihm Klischees zur „Massentierhaltung“ vorhielt.
Weiterentwicklungen in der Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft hätten dazu geÂführt, dass es den Nutztieren heute besser gehe als noch vor Jahren. In Anbetracht, dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe abnehme, wies er seinerzeit auch darauf hin, dass jeder einzelne Betrieb zum Erhalt der ländlichen Räume und der regionalen Lebensmittelversorgung wichtig sei.
Der Geschäftsführer des KBV, Dr. Hubert Beier, hatte sich in einem Brief an den Bischof gewandt und war dabei auf einige regionale Aspekte eingegangen. Der „Rundumschlag“ durch den Bischof gegen die landwirtschaftliche Tierhaltung wurde von Seiten des Kreisbauernverbandes ebenfalls massiv kritisiert. Daraufhin fand ein Gespräch zwischen dem Bischof und Vertretern des Bauernverbandes im Bischofshaus statt.

Foto: Karl-Heinz Burkhardt
„Wir wollen gute Fleischqualität produzieren“, so Kömpel. Geschlachtet würden die Tiere über „kurze Wege“ im Schlachthof Fulda. Verarbeitet werden sie anschließend in der hofeigenen Metzgerei zu über 100 Wurstsorten. Im Hofladen, regionalen Lebensmittelmärkten und dreimal wöchentlich in Frankfurt biete man diese an.
In dem Gespräch mit den Landwirten erklärte der Bischof, das eigentliche Problem sei der Massenkonsum an Billigfleisch bei den Discountern. In früheren Jahren stand Fleisch nur ab und zu auf dem Speiseplan. Heute, wo Fleisch „billig“ zu kaufen sei, gebe es wöchentlich mehrmals Grillpartys mit Billigfleisch. Gesund sei der hohe Fleischverzehr zudem nicht. Weniger, dafür aber qualitativ gutes und in der Region erzeugtes Fleisch zu verzehren, das sei auch sein Anliegen, so Algermissen.
„Massenkonsum von Billigfleisch“
Der Verbraucher entscheide so mit über die Tierhaltung. Betriebe, welche die Verbraucher so bedienen können, bildeten jedoch eine Nische, waren sich die Anwesenden im Klaren. Landwirt Peter Bleuel betonte „Kein Erzeuger hat ein Interesse daran, schlechtes Fleisch zu erzeugen“. Bleuel kritisierte auch, dass infolge der Zunahme übertriebener gesetzlicher Auflagen auch familiengeführte Bäckereien sowie Metzgereien, Gaststätten geschlossen werden müssten und Verbrauchern nur noch der Einkauf beim Discounter bleibe.
Daher gab auch KBV-Vorsitzender Lothar Röder zu bedenken, dass vielen Verbrauchern infolge ihrer Lebensumstände nur der Gang zum Supermarkt bleibe.
Burkhardt – LW 44/2015