Vermarktung und Nutzung von Körnerleguminosen

Vorteile können in vielen Bereichen genutzt werden

Das Bewusstsein für die Vorteile der Körnerleguminosen ist in den letzten Jahren wieder gestiegen. Politische Maßnahmen wie das Greening und die Agrarumweltmaßnahmen der einzelnen Bundesländer machen den Anbau von Ackerbohnen und Erbsen finanziell attraktiv. Auch aus phytosanitären Gründen – um Ungräser besser in den Griff zu bekommen und die Fruchtfolge zu erweitern – bauen Landwirte wieder mehr Körnerleguminosen an. Ulrich Quendt, Kerstin Spory und Hella Hansen vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen fassen Wichtiges zusammen.

Inzwischen sind Leguminosen wie beispielsweise Erbsen nicht nur für die Tierfütterung interessant, sondern auch die Lebensmittelindustrie hat eine Nische im Markt mit vegetarischen beziehungsweise veganen Produkten entdeckt.

Foto: agrar-press

Die Anbauzahlen sind seit einigen Jahren entsprechend angestiegen. Die Nachfrage nach GVO-freien Futtermitteln steigt, die erheblichen und sozialen Folgen im Zusammenhang mit GVO-Soja-Anbau werden von vielen Verbrauchern kritisch beurteilt. Inzwischen sind Ackerbohnen und Erbsen nicht nur für die Tierfütterung interessant, sondern auch die Lebensmittelindustrie hat eine Nische im Markt mit vegetarischen beziehungsweise veganen Produkten entdeckt. Der Markt für Pflanzenproteine wächst derzeit immens.

Obwohl der Verbrauch die Nachfrage in Deutschland derzeit übersteigt und sich neue Vermarktungswege für die Körnerleguminosen entwickeln, wird der hochwertige Rohstoff immer noch nicht ausreichend vergütet. Lediglich regional, wo sich bestimmte Wertschöpfungsketten im Futter- oder Lebensmittelbereich etablieren, bekommen Landwirte Preise, die sich auch ohne zusätzliche Förderprogramme lohnen.

Erzeugung und Verbrauch von Hülsenfrüchten

Die heimische Erzeugung von Hülsenfrüchten ist in den letzten Jahren bis zum Wirtschaftsjahr 2017/2018 auf rund 530 000 Tonnen kontinuierlich angestiegen. Mit der Trockenheit 2018 sank die Erzeugung in Deutschland mit einer Erntemenge von 380 000 t deutlich gegenüber den Vorjahren. Eine steigende Nachfrage lässt sich am Import von Hülsenfrüchten erkennen: Von 2016/17 auf 2017/18 hat sich die Einfuhr verfünffacht und ist auch zum Jahr 2018/19 nochmals um 30 Prozent angestiegen. Um die Lücke zwischen Verbrauch und Erzeugung zu schließen wurden im Wirtschaftsjahr 2018/2019 450 000 t Hülsenfrüchte aus dem Baltikum, Polen, der Ukraine und Russland importiert.

Der Verbrauch von heimisch angebauten Hülsenfrüchten wie Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen ist seit dem Wirtschaftsjahr 2014/2015 von 344 000 t bis zum Wirtschaftsjahr 2018/2019 auf 729 000 t angestiegen. Der Einsatz in Mischfuttermitteln verdoppelte sich vom Wirtschaftsjahr 2017/2018 zum Wirtschaftsjahr 2018/19 auf rund 189 100 t. In Mischfuttermitteln wurden im Wirtschafsjahr 2018/2019 131 500 t Erbsen, 36 600 t Ackerbohnen und 21 000 t sonstige Hülsenfrüchte (außer Soja) eingesetzt.

Erbsen und Ackerbohnen lohnen sich im Anbau

Die Ergebnisse aus dem Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne zeigen, dass der Anbau von Körnerleguminosen sowohl ökonomisch als auch aus pflanzenbaulicher Sicht lohnend ist. Jedoch müssen die Erzeugerpreise stimmen. Da bisher der gute Futterwert der heimischen Körnerleguminosen lediglich bei der hofeigenen Verwertung den landwirtschaftlichen Betrieben zugutekommt, wird auch dort die höchste Menge verbraucht und kommt nicht beim Landhandel an.

Futtermischer und Händler bekunden zwar grundsätzlich Interesse an heimischen Körnerleguminosen, sind aber nicht bereit, längerfristige Abnahmeverträge und Preise zu vereinbaren. Sie wählen hingegen die preislich günstigsten Arten aus. Das ist häufig Rapsschrot. Landwirten, die zukünftig Körnerleguminosen anbauen, diese aber nicht innerbetrieblich verwerten können, ermöglicht unter anderem ein Angebot des Demonstrationsnetzwerkes Erbse/Bohne, mit Viehbetrieben in Kontakt zu kommen. Auf der Seite www.leguminosenmarkt.de können Anbieter und potenzielle Abnehmer zusammenfinden.

Heimische Körnerleguminosen in Lebensmitteln

Aus gesundheitlichen Gründen empfehlen Ernährungswissenschaftler, den Verzehr von Lebensmitteln tierischer Herkunft zugunsten pflanzlicher Proteinträger zu reduzieren. Die Diskussion um die „Ernährung – mit oder ohne Fleisch“ ist in aller Munde. Erbsen, Ackerbohnen und Co. sind daher auch für die Lebensmittelbranche inzwischen von großem Interesse.

Die Hersteller proteinreicher Nahrungsmittel verzeichnen in den letzten Jahren enorme Umsatzsteigerungen. Für die verarbeitende Industrie sind Fleischersatzprodukte sehr lukrativ, weil pflanzliche Rohstoffe preisgünstiger im Einkauf sind als Fleischprodukte, der Verkaufspreis ist aber mindestens genauso hoch.

Fava-Trading: Ackerbohnen aus dem Norden

Die Fava-Trading GmbH & Co. KG in Cadenberge (zwischen Stade und Cuxhaven) ist eine Firmengründung von Landwirten, die neue Absatzwege für Ackerbohnen gesucht und gefunden haben. Fava-Trading wurde 2017 gegründet, begann mit einem Jahresvolumen von 3 000 t Ackerbohnen zur Verarbeitung für die menschliche Ernährung und liegt heute bei einer Kapazität bis zu 20 000 t. „Es läuft gut und wir suchen weiter Ware von hoher Qualität“, sagt Geschäftsführer Jan Schulze-Geißler und erklärt, was das bedeutet: „Geringer Lochfraß, Körner von relativ gleichmäßiger Farbe und Größe, höchstens 15 Prozent Feuchte. Um das zu schaffen, müssen die Landwirte sich intensiv mit der Kultur beschäftigen.“

Ein Problem der angebotenen Ware sind häufig Löcher vom Ackerbohnenkäfer, lebende und tote Schädlinge. Sie müssen aussortiert werden. Große, exakte Reinigungs- und Sortiermaschinen sind dafür notwendig.

Aktuell ist Fava-Trading noch sehr exportorientiert. Dabei werden die Bohnen aus Niedersachsen in fast alle Regionen der Welt geliefert. Um weitere derzeit gefragte Anwendungen zu bedienen, haben die Firmengründer mit dem Bremer Mühlenunternehmen Roland Mills United Ende 2019 eine weitere Unternehmung, die Roland Beans GmbH gegründet. Im Angebot sind verschiedene Mehle, Schrot, Grits und geschälte Ackerbohnen.

Aktuell gibt es eine sehr große Nachfrage nach Protein-Konzentraten und Stärke aus verschiedensten Bereichen der Lebensmittelindustrie, wie der Fleischverarbeitung und Getränkeherstellung. Die Ackerbohnen sind zudem als Zutat für vegetarische und vegane Fleischalternativen und Brot gefragt. „Der Trend geht zu heimischer Ware, oft auch, um das etwas in Verruf geratene Soja zu ersetzen“, erklärt Schulze-Geißler. In naher Zukunft will Fava-Trading auch in den Biomarkt einsteigen. Die Zertifizierung ist im September 2020 vorgesehen. Vorher investieren die Gesellschafter nochmals in die bestehende Anlage. Zu den Ackerbohnen sollen demnächst auch Lupinen, Erbsen und Linsen ins Angebot mit aufgenommen werden.

Der Rheinische Ackerbohne e.V.

Der Verein Rheinische Ackerbohne kümmert sich seit 2017 engagiert um den Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten mit Ackerbohnen – vom Tierfutter bis hin zum Einsatz in der menschlichen Ernährung. Der Verein hat auf regionaler Ebene in hohem Maße das geschafft, woran es den Ackerbohnen und anderen Leguminosen bundesweit noch fehlt: Für Landwirte stabile Absatzwege zu schaffen, und die Ackerbohne für die verarbeitende Lebensmittelwirtschaft interessant sowie beim Verbraucher bekannt zu machen. Es gibt inzwischen viele Produkte mit dem Logo der Rheinischen Ackerbohne, von Eiern über Milch und Fleisch (Ackerbohne als heimisches Futtermittel) bis zum Brot. Großen Erfolg verbucht die Zusammenarbeit mit derzeit fünf Bäckerei­ketten, die ein Ackerbohnenbrot aus 40 Prozent Ackerbohnen und 60 Prozent Dinkel beziehungsweise Emmer anbieten. Es hat reichlich Ballaststoffe und Eiweiß, aber nur wenig Fett. Das Bohnenmehl bringt viele technologische Vorteile mit, was bei den Kunden sehr gut ankommt. Brote mit Ackerbohnenmehl in der Backmischung bleiben saftig und länger frisch.

Erbsen für die Protein- und Stärkeherstellung

Die Firma Emsland Group hat ebenfalls das Potenzial heimischer Leguminosen erkannt. In zwei Werken des Unternehmens werden bis zu 160 000 t Erbsen aus heimischem Vertragsanbau zu Erbsenstärke, Erbsenprotein-Isolat und Erbsenfaser aufbereitet, woraus sich zahlreiche Anwendungen in Lebensmitteln eröffnen.

Das auf vegane Produkte spezialisierte Unternehmen Amidori verarbeitet überwiegend heimisches Erbsenprotein-Isolat in Fleischersatzprodukten wie etwa Burgern, Cevapcici und Kebab. Ziel des modellhaften Demonstrationsnetzwerks Erbse/Bohne ist es, Anbau und Verarbeitung dieser beiden Kulturen in Deutschland zu unterstützen sowie Nachfrage und Angebot zusammen zu bringen. Auf der Webseite finden Interessierte zahlreiche Informationen rund um die Körnerleguminosen (www.demoneterbo.agrarpraxis...).

 – LW 22/2020