Vernetzung von Lebensräumen
Feldraine unter ökologischen Gesichtspunkten betrachten
Der Artenschwund beziehungsweise das Bestreben zum Erhalt der biologischen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft ist keine Erscheinung unserer neueren Zeit. Bereits 1992 wurde in einem Abkommen der Vereinten Nationen vereinbart, den Artenschwund bis zum Jahr 2010 zu stoppen. Der Insekten-Schwund gilt als besonders problematisch, da Insekten vielen anderen Arten als Nahrung dienen.

Foto: Zilles
Feldraine rücken in den Fokus des Naturschutzes
In der Landwirtschaft scheinen die ökologische Vielfalt und der ökonomische Nutzen unüberwindbare Gegensätze darzustellen. Davon ausgenommen sind Wegraine, sie unterliegen keinem ökonomischen Nutzen. Sie sind zwar im Eigentum der Kommunen, werden aber in der freien Feldflur in der Regel von Landwirten mit bewirtschaftet. Entweder werden diese der Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche zugeführt, oder sie werden mehrmals jährlich gemulcht. Zum einen möchte man die Feldflur in einem sauberen, aufgeräumten Bild erscheinen lassen, zum anderen möchte man eine Verunkrautung vermeiden, wie zum Beispiel beim Einwuchs von Trespen oder Jakobs-Kreuzkraut aus den Randbereichen.
In den vergangenen Jahren rücken Feldraine immer mehr in den Fokus des Naturschutzes. Besonders in Regionen, die einer landwirtschaftlich intensiven Nutzung unterliegen, können Feldraine einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung von Lebensräumen, als Rückzugsort bei frühen Wiesenmahden, als Blühstandort für Wiesenpflanzen und als Rückzugsstandort für Insekten dienen. Besonders auf Wegrainen, bei denen die Verkehrsicherungspflicht nicht im Vordergrund steht, können ökologische Aspekte der Wegrainnutzung in den Vordergrund treten. Ziele sind die Erhöhung der Artenvielfalt bei den Pflanzenbeständen und eine Verlängerung der Blühzeiten in der Feldflur, besonders in Verbindung mit den angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen. Dabei spielen die Mahdhöhe-, die Häufigkeit der Mahd und die Unterscheidung, ob eine Mahd mit Abräumen oder nur eine Mulchmahd erfolgt, eine wesentliche Rolle.
Aushagern der Wegraine
Eine Voraussetzung, dass sich auf einem Standort die Artenvielfalt erhöht, ist der Nährstoffentzug und das Aushagern eines Standortes. Deshalb ist eine Mahd mit abräumen einer Mulchmahd, immer vorzuziehen. Auf Grünlandflächen besteht die Möglichkeit, den Feldrain erst beim zweiten Schnitt mit zu nutzen. In der Regel sind dies Feldraine mit mehreren Grasarten wie Wiesenfuchsschwanz, Glatthafer, Wiesenschwingel und Knaulgras. Erst mit dem Aushagern, wird sich der Standort zu einer höheren Artenvielfalt entwickeln, in dem sich zu Wiesenkerbel und Bärenklau auch Wiesenmargarite und andere Wiesenkräuter dazugesellen. Auf Feldrainen von intensiven Ackerflächen dominieren oft Brennnessel, Klettenlabkraut, Girsch, oder auch hohe Trespenanteile drängen in die Ackerfläche. Die Ursache dafür ist die hohe Nährstoffversorgung dieser Feldraine. Die eventuell natürlich hohe Nährstoffversorgung dieser Flächen wird noch ergänzt durch Stickstoffeinträge aus der benachbarten Ackerfläche. Auch Spritzfehler oder Abtrift bei der Herbizidbehandlung fördern diese Entwicklung. Auf solch wüchsigen Standorten sollte zweimal jährlich eine Mahd erfolgen, wobei diese sinnvollerweise nicht vor dem 15. Juni durchgeführt wird. Es ist dabei wenig hilfreich, solche Standorte mit einer Mulchmahd zu bewirtschaften. Dies würde zu einer weiteren Nährstoffanreicherung führen.
Heuschnitt wie bei extensivem Grünland
Idealerweise lassen sich solche FeldÂraine mit dem Heuschnitt von extensiv genutztem Grünland mit bewirtschaften. Wenn möglich, sollte ohne Zetter und idealerweise mit einem Balkenmäher gemäht werden, um Kleintieren die Flucht zu ermöglichen. Ein zweiter Schnitt des Feldraines kann dann ab Ende September erfolgen, auch dann sollte das Mähgut unbedingt abgeräumt werden. Eine pauschale Empfehlung für die Pflege von Feldrainen ist schwierig. So kann ein Aushagern nährstoffreicher Standorte die Artenvielfalt und das Blütenangebot für Insekten deutlich erhöhen. Gleichzeitig kann die Mahd bodenbrütenden Vögeln oder Heuschrecken die Lebensgrundlage entziehen.
Die Gestaltung von Wegrainen kann alleine nicht den Artenschwund verhindern, kann aber zu mehr Artenvielfalt in der jeweiligen Flur beitragen und Blühintervalle auf landwirtschaftlichen Flächen ergänzen und verlängern. Auch ist die Pflege sehr stark abhängig von der jeweiligen Geländegestaltung und der Einsetzbarkeit der im Betrieb vorhandenen Maschinen und von den Arbeitsabläufen. Dennoch sollte die Gestaltung von Feldrainen auch im Focus von Landwirten stehen. Wegraine, die an einen Parkrasen erinnern oder einfach umgepflügt werden, gehören der Vergangenheit an und entsprechen nicht dem Bild einer nachhaltigen Landwirtschaft.
Peter Zilles, DLR Westerwald-Osteifel – LW 19/2021