Vernünftige Lösung

Die Einführung einer technischen Nachweisgrenze für nicht in der EU zugelassene gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in Import-Futtermitteln trägt den Realitäten Rechnung und ist deshalb vernünftig. Die eine Realität ist, dass bei der bisher gültigen Nulltoleranz-Politik schon eine falsche Probenahme oder fehlerhafte Analysen oder eben unvermeidbare winzigste Staubmengen von GVO gravierende Auswirkungen haben und ganze Schiffsladungen von Import-Soja oder -Mais zurückgewiesen werden müssen. Eine weitere Realität ist, dass die Tierhaltung in Deutschland auf den Import von Eiweißfuttermitteln angewiesen ist und durch die Nulltoleranz unnötig hohe Kosten und somit Wettbewerbsnachteile für die deutsche Tierhaltung verursacht werden.

Mit der Tolerierung von nicht in der EU zugelassenen GVO hat die neue Regelung gleichwohl nichts zu tun. Wer dennoch eine Nulltoleranz für Futtermittel fordert, der muss konsequenterweise auch einen Importstopp für Lebensmittel von mit GV-Pflanzen gefütterten Tieren fordern. Fleisch aus den USA, Brasilien und Argentinien, wo der Anbau von GV-Mais und -Soja auch im vergangenen Jahr wieder enorm zugenommen hat, müsste man zum großen Teil zurückweisen.

Dies führt gleichsam zur Frage der Kennzeichnung, bei der die gleiche Konsequenz gefordert ist. Entweder man entscheidet sich für eine strikte produktbezogene Kennzeichnung, in der nur das deklariert wird, was nachweisbar ist. Im Fleisch oder in der Milch von mit GV-Futtermitteln gefütterten Tieren wäre dann nichts nachweisbar. Oder aber man entscheidet sich für die Prozesskennzeichnung. Dann müssten die meisten verarbeiteten Lebensmittel mit GV gekennzeichnet werden, weil in den Verarbeitungsprozessen vielfach gentechnisch veränderte Enzyme oder spezielle Hefen zum Einsatz kommen. Die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung, die derzeit propagiert wird, die aber den Herstellungsprozess ausklammert, ist dagegen keine ehrliche Lösung.

Cornelius Mohr