Verschnaufpause für den Wald
Waldzustand leicht verbessert
Sowohl in Hessen als auch in Rheinland-Pfalz hat sich der Waldzustand dank eines verregneten Sommers leicht verbessert. Das zeigt sich sowohl in der Kronenverlichtung, der Vergilbung als auch der Absterberate.
In Hessen stellte kürzlich im Forstamt Königstein die Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Lucia Puttrich, den Waldzustandsbericht 2010 vor. „Hessens Wald ist in einem guten Zustand. Die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten ist von 23 auf 22 Prozent leicht gesunken, die Absterberate beträgt gerade einmal 0,1 Prozent“, sagte Puttrich. Als Ursachen für die positive Bewertung nannte Puttrich, den heute deutlich besseren Luftzustand, die waldfreundliche Witterung 2010 und die positive Wirkung der Bodenschutzkalkung.In Hessen auch Bodenzustand erhoben
Deren Auswirkungen wurden erstmals seit 15 Jahren in Hessen in der Bodenzustandserhebung detailliert überprüft. Die Bodenzustandserhebung (BZE) II zeigt, dass nach wie vor in den Tiefenstufen 5-10 cm und 10-30 cm 65 bis 70 Prozent der hessischen Waldstandorte stark versauert sind. Der oberste Mineralboden ist heute im Vergleich zur Bodenzustandserhebung I besser mit Basen versorgt. Die Ergebnisse von Versuchsflächen zum Vergleich gekalkter mit nicht gekalkten Flächen wie auch der BZE II zeigen die positiven Effekte der Bodenschutzkalkung vor allem im Oberboden (siehe Interview). Zurück zum Waldzustand in Hessen.
Buche: Bei der älteren Buche zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr eine erhebliche Verbesserung des Belaubungszustandes. Die mittlere Kronenverlichtung hat sich von 33 Prozent im Jahr 2009 auf aktuell 28 Prozent verringert. „Diese Entwicklung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ausbleiben der Fruchtbildung in diesem Sommer“, bemerkte Prof. Dr. Johannes Eichhorn, Abteilungsleiter Umweltkontrolle von der NW-FVA in Göttingen, die den Waldzustandsbericht für das Land Hessen erstellt. Der Anteil fruktifizierender Buchen in der Altersstufe über 60 Jahre liege 2010 bei unter 1 Prozent. Im letzten Jahr fruktifizierten 97 Prozent der älteren Buchen, das brauche viel Energie. Dennoch sind die Buchen so vital, dass deren Absterberate in den letzten vier Jahren unter 0,1 Prozent liegt. Das war im Sommer 2009 nicht abzusehen. Dort wurde regional ein verfrühter Blattfall besonders bei frei stehenden Randbäumen der Buche mit sehr starker Fruktifikation beobachtet. Die Fruchtbildung benötigt einen höheren Wasserbedarf, der kurzzeitig nicht gedeckt werden konnte, sodass es zu Trockenstress kam und die Bäume mit verfrühtem Blattfall reagierten.
Eiche: Bei den Eichen hat sich besonders die Kronenverlichtung der älteren Bäume gegenüber dem Vorjahr von 24 auf 27 Prozent erhöht. Das nach dem Rückgang der Fraßschäden durch Eichenwickler und Frostspanner in den Jahren 2008 und 2009 sofortige Wiederauftreten der Fraßgesellschaft hat sich auf den Kronenzustand insgesamt negativ ausgewirkt. Zum ersten Mal im Beobachtungszeitraum ist für die Eiche zwischen Phasen hoher Insektendichten (Gradationen) keine mehrjährige Erholungsphase eingetreten. „Die Eichenfraßgesellschaften bereiten uns zunehmend Probleme“, gestand Prof. Eichhorn. 2008 wurden an 21 Prozent der Eichen Fraßschäden festgestellt, in 2009 waren nur 10 Prozent der älteren Eichen befressen. In 2010 hat sich der Anteil erkennbarer Fraßschäden auf 63 Prozent an älteren Eichen erhöht, wobei die Fraßintensität nicht so stark ausgeprägt war.
Fichte: Die Kronenverlichtung der älteren Fichte zeigt im Vergleich zum Vorjahr eine Verbesserung von 30 auf 27 Prozent. Bei den jüngeren Fichten hat sich die mittlere Kronenverlichtung von 10 auf 8 Prozent in Hessen verringert. Aufgrund der günstigen Witterungssituation war der Befall durch Borkenkäfer an der Fichte 2010 insgesamt auf einem geringen Niveau.
Kiefer: Die Kiefer zeigt seit den Aufzeichnungen 1984 den geringsten Anstieg der Schäden. Bei der älteren Kiefer blieb die mittlere Kronenverlichtung nahezu unverändert auf 25 Prozent (2010).
Besonderheit Rhein-Main-Region
In der längerfristigen Betrachtung seit 1984 liegt insbesondere bei den jüngeren Bäumen die Kronenverlichtung in der Rhein-Main-Ebene stets höher als im hessischen Landesdurchschnitt. Die Ergebnisse zeigen zudem eine besondere Belastung der älteren Eichen: Bei nahezu gleichem Ausgangsniveau zu Beginn der Waldzustandserhebungen hat sich die Kronenverlichtung in der Region von 14 Prozent (1984) auf 41 Prozent (2010) erhöht, im Land Hessen dagegen von 13 auf 27 Prozent. Die festgestellten Belastungen der Wälder in der Rhein-Main-Ebene sind neben Säure- und Stickstoffeinträgen auch durch Grundwasserabsenkungen, besondere Witterungs- und Klimabedingungen, Gradationen des Maikäfers sowie bei der Kiefer durch die Ausbreitung der Mistel verursacht.
Auch in Rheinland-Pfalz konnte Forstministerin Margit Conrad Anfang dieser Woche den Waldzustandsbericht 2010 vorstellen. Obwohl es in vielen gesellschaftlichen Bereichen deutliche Unterschiede zwischen den beiden Ländern gibt, so zeigt sich, dass die Aussagen zum hessischen Wald auch auf die rheinland-pfälzischen Wälder zutreffen. „Ein weiteres Mal ist der Anteil deutlich geschädigter Bäume um 2 Prozentpunkte auf nunmehr 26 Prozent leicht zurückgegangen. Ein Blick auf die inzwischen 26 Jahre umfassende Zeitreihe der Waldzustandserhebung in Rheinland-Pfalz belegt, dass trotz erheblicher Erfolge noch keine Entwarnung gegeben werden kann“, bemerkte Conrad bei der Pressekonferenz im Umweltministerium in Mainz.
Während in Rheinland-Pfalz alle Altersklassen bei der Auswertung der Waldzustandserhebung zusammengefasst werden und dafür fünf Schadstufen – ohne sichtbare Schadmerkmale, schwach geschädigt, mittelstark geschädigt, stark geschädigt oder abgestorben – ausgewiesen werden, teilt Hessen die Baumarten in unter 60jährige und über 60jährige auf und gibt jeweils die prozentuale Schadintensität an. Ein direkter Vergleich ist somit nicht möglich, doch zeigen sich hüben und drüben vom Rhein keine gravierenden Unterschiede.
Buche: Der Kronenzustand der Buche in den rheinland-pfälzischen Wäldern mit deutlichen Schäden ist um 11 Prozentpunkte gesunken. Die mittlere Kronenverlichtung liegt bei knapp 25 Prozent, das sind 2,8 Prozentpunkte unter dem Vorjahr und damit wieder auf dem Stand von 2007. Schäden durch blattfressende Insekten oder Befall durch Blattpilze wurden in nur geringem Umfang beobachtet. Befall durch den Buchenspringrüssler war mit rund 10 Prozent der Probebäume am häufigsten zu beobachten. Insgesamt ist in 2010 kein negativer Einfluss durch Insekten oder Pilze auf den Kronenzustand der Buche festzustellen.
Eiche: Ganz anders bei den Eichen. Der Kronenzustand der Eichen ist in 2010 wieder schlechter geworden. Der Anteil deutlich geschädigter Probebäume ist um 5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Der Anteil der Eichen ohne sichtbare Schadensmerkmale ist um 5 Prozentpunkte niedriger. Die Eiche erleidet regelmäßig mehr oder minder starke Schäden durch blattfressende Insekten. In 2010 wurden an 31 Prozent der Probebäume Fraßschäden und an 12,3 Prozent Mehltau beobachtet.
Fichte: Die Fichte hat sich in ihrem Kronenzustand wieder verbessert und dabei den Schadanstieg des Vorjahres nahezu ausgeglichen. Der Anteil der deutlich geschädigten Probebäume ist um 6 Prozentpunkte zurückgegangen.
Abgesehen von den Sturmereignissen war der Witterungsverlauf 2010 für die Fichte günstig. Der kühl-feuchte Mai hemmte die Entwicklung der Borkenkäfer. Die trocken-heiße Periode begann erst nach Abschluss der Triebbildung und endete rechzeitig vor dem Einsetzen von Trockenstress. Der Fruchtanhang war 2010 gering. So konnte die Fichte bei ausbleibenden natürlichen Belastungen in 2010 wieder Nadelmasse regenerieren.
Douglasie: Der Anteil deutlich geschädigter Probebäume ist mit 23 Prozent um 5 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Das mittlere Nadelverlustprozent stieg um 1 Prozentpunkt an. Die Douglasie zeigt seit Beginn der Erhebung 1984 einen Anstieg im Niveau der Kronenschäden. Allerdings variieren die Schadstufenverteilungen und die mittlere Kronenverlichtung von Jahr zu Jahr erheblich aufgrund der geringen Anzahl an Stichprobebäumen.
Insgesamt zeigt sich, so Dr. Friedrich Engels von der FAWF in Trippstadt, dass sich der Waldzustand 2010 aufgrund der günstigen Witterung leicht erholen konnte. Bei der BodenzustandsÂerhebung werden auch die Einträge in den Boden und Altlasten entdeckt. „Wir haben noch zu hohe Stickstoffeinträge aus Verkehr und Landwirtschaft in unseren Wäldern. Sie führen zu Vergilbungen und zu Instabilität innerhalb der Bestände. Daher werden die Bodenschutzkalkungen weiter durchgeführt und gefördert. Seit 1983 wurden 647 000 ha Wald teils auch mehrfach gekalkt. Auch Privatwaldbesitzer sollten ihre Wälder je nach Standort kalken“, empfahl Engels. Elke Setzepfand