Verwertung von Bioabfall in der Landwirtschaft

Biogasanlage des Rhein-Main-Deponieparks in Wicker

Im Zuge des Landesverbandstages des vlf Hessen hörten die Delegierten einen Vortrag über die Abläufe und Besonderheiten der auf Basis von Biomüll von 500 000 Haushalten betriebenen Biogasanla­ge der Rhein-Main-Deponiepark GmbH (RMD) in Flörsheim-Wicker. Am Nachmittag wurde die Anlage besichtigt.

Zwei insgesamt 8 500 m3 große Gasbehälter der mit Bioabfall von 500 000 Haushalten betriebenen Biogasanlage. Der Methananteil im Gas beträgt circa 48 Prozent sowie 42 Prozent Kohlendioxid.

Foto: Moe

Peter Wagner, Leiter der Abteilung Anlagen, Strom und Logistik der RMD, sprach über das Thema „Logistikkonzept, Bioabfallbehandlung und Möglichkeiten der Verwertung von Gärprodukten in der Landwirtschaft“.

Die RMD wird als kommunale Gesellschaft je zur Hälfte vom Main-Taunus-Kreis und vom Hochtaunuskreis getragen. Die auf Basis von Bioabfall arbeitende Biogasanlage in Wicker erzeugt Strom, welcher dem Bedarf von rund 4 500 Haushalten entspricht. Die Wärme der Gasmotoren wird in ein Wärmenetz gespeist und im Industriegebiet Flörsheim genutzt. Pro Jahr fallen etwa 30 000 t flüssige sowie 20 000 t feste Gärreste an. Die flüssigen werden nach strengen Prüfungen in der Landwirtschaft verwertet, während die festen energetisch verwertet werden, sagte Wagner. In der Anlieferung gibt es große Unterschiede zwischen relativ sauberem Material und mit Störstoffen wie Plastik durch­setztem Gärsubstrat, berichtete er. Daher ist die Aufbereitung nötig. Derzeit werden Versuche gefahren, mittels Infrarotscanner Störstoffe zu identifizieren und am Schluss der Behandlung diese mit Luftdruck herauszudrücken, bis es als Substrat in der Biogasanlage vergoren werden kann. Das Ergebnis ist seiner ersten Einschätzung nach gut, die Kosten des Verfahrens sind allerdings hoch.

Die Kapazität der Lagerung flüssiger Gärreste reicht derzeit bis zu sechs Monate und erfolgt in einem Behälter mit einem Fassungsvermögen von 20 000 m3 so­wie zwei je 300 m3 fassenden Sedimentationsbecken. Man sehe sich als ein Düngerhersteller für die Landwirtschaft, allerdings müsse auch die Qualität stimmen, so Wagner. Denn Störstoffe wie Plastik im Kompostmaterial als feste Gärreste seien unter Umständen ein Problem. Der Radius der Ausbringung der Gärreste aus der Biogasanlage Wicker ist mit deutlich unter 100 km vergleichs­weise gering. Das senkt die Kosten. So gibt es Regionen in Deutschland, in denen Vergärungsanlagen rund 150 bis 200 km weite Transportwege haben, um ihre Gärreste ausbringen zu können, berichtete Wagner. Die Ausbringung erfolgt kam­pagnenartig. Dazu müssen Bauteile wie die Zwischenspeicher groß genug dimensioniert sein, um das Ausbringen binnen kurzer Zeit zu gewähr­leisten. Der Lagerbehälter hat 4,5 Mio. Euro gekostet.

Die Ausbringungsprodukte, wie das „Gärprodukt flüssig“, sind zertifiziert. Um dafür das Gü­tezeichen der Bundesgütegemeinschaft zu erhalten, müssen fast zehn gesetzliche Vorgaben eingehalten werden, wie zum Beispiel das Bioabfall- oder das Düngegesetz. Tierische Produkte, wie Schlachtabfälle, werden nicht angenommen, da der Aufwand zum Beispiel hinsichtlich des Seuchenhygienegesetzes für zu groß gehalten wird, um die zu­­sätzlichen, einschlägigen Dokumentationspflichten zu erfüllen. Die Logistik zur Verwertung wird europaweit ausgeschrieben. Derzeit werden die flüssigen Gärreste über die Firma Reterra verwertet. Die festen Gärreste werden selbst verwertet über die Kooperation mit landtechnischen Lohnunternehmen im Umkreis. „Bei den festen Gärresten zahlen wir 4 bis 8 Euro pro t zu. Bei den flüssigen Gärresten liegen die Entsorgungskosten bei circa 10 Euro pro t.“ Aus einem Umkreis von 10 bis 15 km können landwirtschaftliche Betriebe direkt an die Anlage fahren. Bei weiteren Entfernungen wird eine Transportkette benötigt, womit die Entsorgungskosten deutlich ansteigen.

Die Bioabfallmengen je Bürger sind binnen zwei Jahrzehnten von 70 kg pro Einwohner und Jahr auf 100 kg angestiegen. „Wir werben für Akzeptanz, weil wir glauben, dass wir ein gutes Produkt haben“, so Wagner. Man er­halte auch Anfragen von ökologisch produzierenden Betrieben. Gärreste, die den Vorgaben der Bundesgütegemeinschaft entsprechen, sind teils auch auf Flächen mit ökologischem Anbau ausbringbar, sagte er.

Moe – LW 24/2017