Verwertung oder Entsorgung?

Bodenauffüllungen auf landwirtschaftlichen Flächen

2018 fielen nach der Landesabfallbilanz in Rheinland-Pfalz knapp 314 000 t Boden, Steine und Baggergut an. Der anfallende Bodenaushub wird in Anlehnung an den Leitgedanken des Kreislaufwirtschaftsgesetzes „Vermeidung der Abfälle hat Vorrang vor der Verwertung und Beseitigung“ zunehmend zur Auffüllung landwirtschaftlich genutzter Flächen verwendet. Wie diese Verwertung mit den geltenden Regeln und Gesetzen vereinbar ist und wie eine fachlich richtige Ausführung durchgeführt wird, erläutert Kevin Handke, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Schwerpunkt Bodenschutz.

Ein bevorzugter/geeigneter Standort für einen Bodenauftrag: steiniger Boden aus Terrassenablagerungen.

Foto: Handke

Ziel der Verwertung von Bodenmaterial auf landwirtschaftlichen Flächen ist die Sicherung oder Wiederherstellung von Bodenfunktionen. Bodenauffüllungen sind demnach insbesondere dann zulässig, wenn sie zu einer Bodenverbesserung führen. Eine Auffüllung darf nicht zu einer Verschlechterung des Standortes führen. Ein bevorzugter Standort für einen Bodenauftrag ist zum Beispiel ein steiniger Acker mit einer geringen Ackerzahl.

Ziel, Genehmigung und Ausschlussflächen

Ein Bodenauftrag auf landwirtschaftliche Flächen ist in der Regel genehmigungspflichtig. Eine Genehmigung beispielsweise in Rheinland-Pfalz muss bei der zuständigen Kreisverwaltung oder Verwaltung der kreisfreien Stadt beantragt werden und wird bau- beziehungsweise naturschutzrechtlich bewertet. Die Entscheidung der genehmigenden Behörde erfolgt im Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Fachbehörde am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück.

Gemäß der gesetzlicher Vorgaben sind nachfolgende Standorte von einem Bodenauftrag auszuschließen: Besonders schutzwürdige Böden, wie Böden mit einem hohen Biotopentwicklungspotential (z. B. Mager- und Nassstandorte) oder Böden mit hohem Ertragspotential (Ackerzahl > 60). Weiterhin sind dies Böden, die eine Archivfunktion (Natur-, Kulturgeschichte, z. B. Schwarzerden) besitzen. Ebenso sind Böden in Naturschutz- und Wasserschutzgebieten sowie im Wald von Auffüllungen ausgenommen.

Anforderungen an das Bodenmaterial

Nicht jedes Bodenmaterial eignet sich für die Verwertung auf landwirtschaftlichen Flächen. So muss das Bodenmaterial die 70-%-Vorsorgewerte der Bundes-Bodenschutzverordnung einhalten und ähnliche oder bessere physikalische Eigenschaften aufweisen als der Auftragsstandort.

Ablagerung von Mischböden mit Fremdmaterialien (Bauschutt etc.).

Foto: Handke

Zur Bodenverbesserung eignen sich insbesondere lehmige und schluffige Böden. Stark steinhaltiges Material führt zu einer Verschlechterung des Standortes für die Pflanzenproduktion. Fremdmaterialien wie Bauschutt, Asphalt, Holz und Plastik dürfen nicht auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht werden.

Ausführung möglichst im Sommer

Voraussetzung für eine Bodenverbesserung durch Auffüllung sind abgetrocknete Böden. Daher sollte eine Auffüllung im Sommerhalbjahr nach der Ernte mit maximal 20 cm humosem Oberboden beziehungsweise bodenkundlich A-Horizont durchgeführt werden. Dann kann das Bodenmaterial direkt auf den gewachsenen Boden auftragen werden und anschließend mit dem gewachsenen Boden verzahnt werden. Dazu empfiehlt sich eine flache nicht-wendende Bodenbearbeitung.

Aufbringhöhen größer 20 cm sind technisch anspruchsvoll umzusetzen und führen oft aufgrund nicht fachgerechter Durchführung zu Bodenverschlechterungen. Daher müssen Auffüllhöhen größer 20 cm im Genehmigungsantrag besonders begründet werden. Fachtechnische Vorgaben in Form von Genehmigungsauflagen sind dann meist umfangreich (Maßnahmenbeschreibung, Abtrag des Oberbodens etc.). Je nach Größe der Maßnahme und Umfang an eingebrachten Materialmengen ist ein Bodenschutzkonzept vorzulegen und eine Bodenkundliche Baubegleitung zu beauftragen.

Bei Nässe besteht Verdichtungsgefahr

Die Erdarbeiten (Bodenabträge und -auffüllungen) dürfen nur bei trockener Witterung und trockenen Bodenverhältnissen durchgeführt werden. Bei breiiger Bodenkonsistenz, Pfützenbildung oder Wassersättigung des Bodens sind die Arbeiten einzustellen. Je höher die Bodenfeuchte, desto höher ist die Verdichtungsgefahr. Verdichtungen bedingen negative Auswirkungen auf das Bodengefüge. Somit erhöht sich das Risiko von langjährigen Ertragseinbußen.

Zur Vermeidung und Minderung von schädlichen Bodenveränderungen sind bodenschonende Maschinen wie Kettenbagger oder Planierraupen mit breiten Laufwerken (≥ 60 cm) einzusetzen. Kettenbagger sind Planierraupen vorzuziehen, da durch die Verschiebung von Bodenmassen über lange Schubwege Verdichtungsschäden entstehen können. Rückschreitende Arbeitsweisen sollten durchgeführt werden, ohne die Auftragsflächen nochmals befahren zu müssen.

Radfahrzeuge (Mobilbagger, Radlader oder Traktoren mit Frontlader) eignen sich aufgrund der hohen Bodenpressungen nicht. Die bodenschutzfachlichen Auflagen und Empfehlungen gelten selbstverständlich für den Entnahme- und für den Auftragsort.

Nach der Bodenauffüllung sind eine Bodenruhe (Setzung) und eine bodenschonende Bewirtschaftung und eine mehrjährige Begrünung zur Gefügestabilisierung und zum Erosionsschutz notwendig. Auf Hackfrüchte, wie Mais oder Zuckerrüben, sollte in den ersten Jahren nach den Erdarbeiten verzichtet werden.

Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung

Fehler beginnen oft schon beim Aushub von Böden am Herkunftsort. Bereits durch nicht fachgerechte Entnahme und Zwischenlagerung kann die Ertragsfähigkeit von Böden negativ beeinflusst werden. Es passiert oft, dass verschiedene Böden (Ober-, Unterboden und Untergrund) vermischt werden, nicht schichtgerecht entnommen oder fachgerecht gelagert werden. Große Bodenmieten werden angelegt, dabei das Bodenmaterial mehrfach überfahren und verdichtet. Es kommt zu Materialvermischungen mit Bau- und Fremdmaterialien (Bauschutt, Schwarzbruch, Plastik, Holz, Schotter etc.), die oft neben den Bodenmieten abgelagert werden.

Auf einen Blick

Eine Bodenauffüllung ist eine Baumaßnahme, die das komplexe System Boden erheblich beeinträchtigen kann. Böden sind kein Baugrund, sondern sollten wie ein rohes Ei behandelt werden.

Der Schutz der Böden ist gesetzlich festgelegt. Es besteht eine allge­meine Vorsorgepflicht nach §7 BBodSchG. Jeder, der auf Böden einwirkt, ist verpflichtet, Vorsorge gegenüber nachteiligen Veränderungen zu treffen.

Es empfiehlt sich, mit der ausführenden Baufirma die Maßnahme im Vorfeld zu besprechen und festzulegen, wie die technische Ausführung erfolgen soll. Eine Bodenkundliche Baubegleitung sollte bei großen Maßnahmen durchgeführt werden.

Nur wenn eine fachgerechte, bodenschonende Durchführung einer Bodenauffüllung durchgeführt wird, kann von einer Bodenverbesserung gesprochen werden.

Handke

Oft fehlt bei längerfristiger Lagerung die notwendige Begrünung. Diese dient der biologische Entwässerung, dem Erosionsschutz, bewirkt eine Durchlockerung und dient der Qualitätserhaltung der Böden. Eine Deklaration, welche Böden an welcher Stelle abgelagert worden sind, wird oft nicht dokumentiert. Weiterhin können durch die nicht fachgerechte Lagerung in Senken oder durch Zufluss von Wasser Vernässungen entstehen. Durch Verdichtung und Nässe kann Fäulnis entstehen, die Kulturfähigkeit des Bodenmaterials wird negativ beeinflusst.

Mischböden sind kein „Mutterboden“

Die entstandenen Mischböden werden oft fälschlicherweise als Mutterboden deklariert und auf den gewachsenen Oberboden, bodenkundlich A-Horizont, aufgetragen, oder es werden unterschiedliche Unterböden (humusarm) aufgetragen. Oft wird die Auftragsfläche unsystematisch von LKW befahren und es entstehen Verdichtungsschäden.

Anschließend werden Radfahrzeuge (Mobilbagger, Radlader, Traktor mit Frontlader) dazu genutzt, um das Bodenmaterial einzuplanieren. Dadurch entstehen weitere Verdichtungsschäden durch die hohen Bodenpressungen der Radfahrzeuge. Sind die Böden zusätzlich wassergesättigt oder liegt eine breiige Bodenkonsistenz vor, entstehen irreparable Verdichtungsschäden.

Durch Begraben des gewachsenen Oberbodens werden Bodenfunktionen nachteilig beeinflusst, die natürliche Bodenschichtung sowie das Bodenleben gestört. Ein Durchmischen von aufgetragenem Mischboden oder Unterboden bewirkt eine Verdünnung des Oberbodens.

Lockerung als generelle Maßnahme

Eine nachträgliche Lockerung von Verdichtungen ist lediglich eine Begrenzung des Schadens, der durch eine nicht fachgerechte Durchführung entstanden ist. Grobporensystem und Luftkapazität des Bodens können durch mechanische Lockerungsmaßnahmen wiederhergestellt werden. Die Mittelporen, welche für die Bodenfunktionen als Pflanzenstandort von essentieller Bedeutung sind, können so nicht wiederhergestellt werden.

Um ein intaktes Bodengefüge wiederherzustellen sind viele Jahre mit einer extensiven Zwischenbewirtschaftung und ein Anbau von entsprechenden Kulturen nötig.

 – LW 16/2020