Vieh- und Fleisch Nordhessen eG zieht positive Bilanz

Generalversammlung der Vermarktungsgenossenschaft

In der vergangenen Woche fand in Waldeck-Sachsenhausen die Generalversammlung der Genossenschaft Landwirtschaftliche Vieh- und Fleischvermarktung Nordhessen eG statt. Im Anschluss an die Regularien folgte ein Vortrag zum Thema „Aktuelle Situation und künftige Tendenzen an den Vieh- und Fleischmärkten“ von Hans-Wolfgang Richter vom Genossenschaftsverband.

Akteure der Jahreshauptversammlung, von links: Geschäftsführer Dirk Blettenberg, Mitarbeiter Heinrich Emden (Jubiläum 50 Jahre), Mitarbeiterin Melanie Marpe (Jubiläum 25 Jahre), Vorstandsvorsitzender Roloff Dingel, Referent Hans-Wolfgang Richter und Aufsichtsratvorsitzender Volker Lux.

Foto: Ernst-August Hildebrandt

Aufsichtsratvorsitzender Volker Lux eröffnete die Generalver­sammlung und nahm Stellung zur aktuellen Situation auf den Vieh- und Fleischmärkten.

Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder stärken

Hans-Wolfgang Richter informierte über Struktur und Organisation des Genossenschaftsverbandes, der als in­terdisziplinäres Dienstleistungszentrum Lösungen für alle Fragen der Unternehmensführung bietet und das Ziel verfolgt, durch Prüfung, Be­treuung, Beratung, Bildung und Interessenvertretung die Wettbewerbsfähigkeit der Mitglie­der und Kunden zu fördern und dabei ihre Marktposition zu stärken.

Der im Jahr 1862 gegründete Verband betreut derzeit 2 287 Mitgliedsgenossenschaften in den Bereichen Land­wirtschaft, Kreditwirtschaft, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen in 13 Bundesländern mit 4,3 Mio. Mit­glie­dern. Referatsleiter Richter ist Betreuer der Raiffeisen-Wa­ren­genossenschaften und der genossenschaftlichen Unternehmen der Vieh- und Fleischwirtschaft als zentrales Bindeglied in der zucht- und fleischerzeugenden Wertschöpfungskette.

Strukturwandel hält unvermindert stark an

Richter ging auf die aktuelle Situation an den Vieh- und Fleischmärkten ein, die aus verschiedenen Richtungen unter Druck geraten sind. Seitens der Landwirtschaft sei festzustellen, dass sich der Strukturwandel unvermindert fortsetze und immer weniger Betriebe größere Flächen und Tierhaltungen bewirtschaften. Steigende Anforderungen an Umweltschutz und Do­kumentation sowie zunehmender Kostendruck würden darauf einwirken, dass Kooperationen durch gemeinsamen Ein- und Verkauf wie auch die Bildung von Tochtergesellschaften zunehmen würden.

Seitens der Agrarpolitik müsse man erkennen, dass in Zukunft die Bedeutung des Verbraucherschutzes und einer Politik für den ländlichen Raum zunehmen werde. Seitens der Gesellschaft sei festzustellen, dass der Bezug zur Landwirtschaft abnehme und statt dessen eine Romantisierung Raum greife, welche die Agrarwirtschaft eher als Rückzugs- und Sehnsuchtsort begreife.

Neue Medien sorgen für schnelle Verbreitung

So würden die gesellschaftlichen Ansprüche an eine umweltorientierte und dem Tierwohl verpflichtete Landwirtschaft ansteigen. Auch würden durch eine schlechte Presse und Berichterstattung die Rah­menbe­dingungen beeinträchtigt.

Sensationen und Skandale fänden eine immer schnellere Verbreitung und große Beachtung. Dies werde durch neue und schnellere Informationsmedien, wie zum Beispiel durch den Kurzinformationendienst Twitter begünstigt. Die Rahmenbedingungen hätten auch dazu beigetragen, dass sich die Marktsituation für die Vieh- und Fleischwirtschaft in den letzten drei Jahren verschlechtert habe mit einem Abfall der durchschnittlichen Erzeugerpreise für Schweine (E) von 1,70 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) im Jahr 2013 über 1,55 Euro im Jahr 2014 auf 1,40 Euro/kg SG im Jahr 2015. Ähnlich verhielten sich die Ferkelpreise. Ursachen für die Preisentwicklung seien auch in der gestiegenen Schweineerzeugung bei gleichzeitig rückläufigem Verbrauch zu sehen.

Schweinefleischausfuhren brauchen neue Länder

Bei gleichbleibenden Schweinefleischausfuhren sei der Prokopfverbrauch seit dem Jahr 2013 von 38,5 auf 37,5 kg gesunken, wodurch der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch von 116 auf 121 Prozent angestiegen sei. Durch den Wirtschaftsboykott mit Russland seien die deutschen Schweinefleisch­exporte von 178 000 t (2013) auf 8 000 t (2014) eingebrochen, allerdings durch verbesserte Ausfuhren in andere Länder, hauptsächlich nach China und Asien ausgeglichen worden. Auf diesen Märkten sieht Richter auch weiteres Potenzial und mittelfristig eine Stabilisierung und Erholung der Schweinepreise. Hoffnungen auf einen Preisanstieg im zweiten Quartal 2016 hätten sich mit Be­ginn der Grillsaison bereits gezeigt.

Rindfleisch steht ebenfalls infolge der Milch unter Druck Auch die Preise für Rindfleisch stehen noch immer unter Druck, der auch durch die desolaten Milchpreise und in ihrer Folge der zunehmenden Schlachtung leistungsschwacher Tiere in Verbindung stehe. Trotz leicht rückläufigem Rinderbestands von –0,8 Prozent habe Deutschland bei Rindfleisch einen Selbstversorgungsgrad von 110 Prozent. Unter diesen Bedingungen sei der Preisdruck auch geringeren Rindfleischexporten (– 6,5 Prozent) und anziehenden Importen (+ 4,7 Prozent) zuzuschreiben. Die Preisentwicklung bei Bullen könnte sich nach Ansicht von Richter über den Sommer auf niedrigem Niveau von 3,50 bis 3,60 Euro/kg SG stabilisieren, um dann dem Trend der vergangenen Jahre folgend ab September/Oktober wieder zu steigen.

87 000 Tiere vermarktet, Umsatz bei 12,7 Mio. Euro

Im Rahmen der vereinsinternen Regularien informierte zuvor Geschäftsführer Dirk Blettenberg über die Ergebnisse des abgelaufenen Ge­schäftsjahres, das bei derzeit 2 109 Mitgliedern und einem Handelsvolumen von 87 283 Schlacht- und Nutztieren einen Umsatz von 12 782 473,55 Euro mit einem positiven Bilanzgewinn erzielen konnte.

Langjährige Mitglieder im Aufsichtsrat geehrt

Bei den anschließenden Wahlen wurden Vorstandsmitglied Helmut Pflüger und die Aufsichtsratmitglieder Constance Andreas und Christian Ranft durch Wiederwahl in ihren Ämtern bestätigt. Für treue Dienste und langjährige Mitarbeit ehrten Aufsichtsrat, Vorstand und Geschäftführer Melanie Marpe und Heinrich Emden.

Dr. Hildebrandt  – LW 20/2016