Vom Aufwuchs im Herbst auf die Frühjahrsdüngung schließen
N-Düngung von Winterraps an der Nachhaltigkeit ausrichten
Bei der Bemessung der N-Düngung von Winterraps rücken neben den fachrechtlichen Anforderungen zur guten fachlichen Praxis beziehungsweise nachhaltigen Landbewirtschaftung derzeit auch die Vorgaben zur Treibhausgas-Minderung in den Vordergrund. Wie sich die gesetzlichen Nachhaltigkeitskriterien neben den rein ökonomischen Variablen auf die optimale N-Düngung von Winterraps auswirken, erläutert Dr. Stefan Weimar vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück.

Foto: agrar-press
Biokraftstoffe, wie zum Beispiel Raps-methylester (RME), können nur in Verkehr gebracht werden und auf die Biokraftstoff- beziehungsweise ab 2015 auf die Treibhausgas (THG)-Minderungsquote angerechnet werden, wenn sie die definierten Nachhaltigkeitsanforderungen bei Produktion, die Verarbeitung und Transport erfüllen.
Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe
Ab dem Jahr 2015 wird die bisherige Beimischungsquote durch eine THG-Minderungsquote (Dekarbonisierung) abgelöst, die ab dem Jahr 2015 3,0 Prozent, ab 2017 4,5 Prozent und ab dem Jahr 2020 dann 7 Prozent betragen soll, jeweils in Bezug auf die Gesamtmenge an verbrauchtem Otto- und Dieselkraftstoff. Um Rapsmethylester als nachhaltigen Biokraftstoff zu zertifizieren, ist ein THG-Minderungspotenzial von derzeit 35 Prozent gegenüber einem fossilem Referenztreibstoff nachzuweisen. Ab 2017 wird nach der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung sogar ein THG-Minderungspotenzial in Höhe von 50 Prozent verbindlich vorgeschrieben.
Bislang durften die Landwirte den Nachweis des THG-Minderungpotenzials von 35 Prozent aus THG-Standardwerten für festgelegte Gebietskulissen gemäß der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung in Form einer Selbsterklärung erbringen. Demnach gilt die Rapsernte als nachhaltig erzeugt und für die Biodieselherstellung zertifiziert, wenn 29 g CO2-Äquivalent/MJ RME beim Anbau unterschritten werden. Die ab dem Jahr 2017 vorgeschriebene Halbierung der THG-Emissionen spricht eher für eine betriebsindividuelle Berechnung. Als Zielgröße für den Anbau werden dazu maximal 23 g CO2-Äquivalent/MJ RME angestrebt. Derzeit wird im Rahmen eines bundesweiten FNR/UFOP Verbundprojekts das EDV-gestützte Rechenmodul ENZO2, das seit dem Jahr 2013 auch von der BLE akzeptiert ist, für den Praxiseinsatz optimiert.
N-Versorgung von Raps muss nachweislich effizienter werden
Sowohl die THG-Emission bei der Düngemittel-Herstellung als auch die N-aufwand-abhängige bodenbürtige N2O-Emission dominieren mit anteilig mehr als 75 Prozent die THG-Bilanz beim Anbau von Winterraps zur Verwertung als Biodiesel. Insofern kommt der Präzisierung des N-Düngebedarfs und der Verbesserung der N-Effizienz eine Schlüsselfunktion zu. Praktische THG-Minderungsmaßnahmen setzen dort bei der gezielten N-Zufuhr, der Vermeidung von gasförmigen N-Verlusten beziehungsweise Auswaschungsverlusten, der Präferenz von emissionsarmen mineralischen N-Düngemitteln sowie deren anteilige Substitution durch organische Düngemittel an.
Auch der vorzugsweise pfluglose Anbau von Winterraps nach Körnerleguminosen kann tendenziell zur Senkung der THG-Emission innerhalb einer Fruchtfolge beitragen. Darüber hinaus vermindert der Ersatz von fossilem Dieselkraftstoff durch Biodiesel die THG-Emission beim Anbau von Winterraps.
Die Anforderungen der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung sehen außerdem vor, dass Biomasse zur Verwertung als Biokraftstoff nicht dem Naturschutz dienenden Flächen und Flächen mit hohem ober- beziehungsweise unterirdischem Kohlenstoffbestand, wie zum Beispiel Feuchtgebiete, entstammen darf. Der damit verbundene Herkunftsnachweis der Rapssaat von seither ausschließlich ackerbaulich genutzten Flächen gilt mit der Bestätigung des Ackerflächenstatus vor dem 1. Januar 2008 als erfüllt.
Darüber hinaus sind die Vorgaben der guten fachlichen Praxis (Cross Compliance) verbindlich einzuhalten. In diesem Zusammenhang sieht die novellierte Düngever-ordnung ab dem Düngejahr 2018 einen zulässigen N-Bilanzsaldo von maximal 50 kg N/ha im Betriebsdurchschnitt vor. Dieser kann damit indirekt auch als Prüfkriterium für die N-Effizienz von Düngungsmaßnahmen bei Winterraps zugrunde gelegt werden.
Düngungsversuche unter neuen Aspekten der Nachhaltigkeit
Anhand der mehrjährigen N-Düngungsversuche zu Winterraps an den Standorten Nomborn und Kümbdchen wurde das wirtschaftliche Optimum unter Berücksichtigung der erläuterten Nachhaltigkeitskriterien abgebildet. Das wirtschaftliche Optimum wurde für Erzeugerpreise von 25 bis 45 Euro/kg Rapssaat unter Bewertung des Ölgehalts aufgetragen. Pro Prozent Öl über dem Mindestgehalt von 40 Prozent Öl wurde ein Zuschlag von 1,5 Prozent auf den jeweiligen Grundpreis kalkuliert. Die Schwefelversorgung aller Versuchsvarianten wurde einheitlich mit 50 kg/ha bemessen.
Zunehmende Markterlöse sowie fallende Nährstoffkosten bewirken eine höheres N-Optimum und umgekehrt. Für eine Erlösspanne von 25 bis 45 Euro/dt Rapssaat erhöht sich für die betrachteten Versuchsstandorte die optimale N-Menge um rund 5 kg N/ha pro 5 Euro/dt Preisanstieg bei Nährstoffkosten von 1 Euro/kg N.
Standort Nomborn: nachhaltig und wirtschaftlich bei 50 dt/ha
Am Standort Nomborn wurde das wirtschaftliche Optimum für Markterlöse zwischen 25 bis 45 Euro/dt Rapssaat bei einem kalkulatorischen N-Aufwand zwischen 150 und 165 kg N/ha bei Kornerträgen von rund 50 dt/ha erreicht. Eine weitere Erhöhung der N-Menge bewirkte nur noch geringfügige Ertragszuwächse zu Lasten des Ölgehalts. Dieser sinkt mit zunehmendem N-Aufwand im Durchschnitt um etwa ein Prozent pro 70 kg N/ha. Ein Überschreiten des N-Bilanzsaldos um mehr als 50 kg N/ha wäre rein rechnerisch erst bei einer N-Menge von mehr als 210 kg N/ha eingetreten, die damit bereits deutlich über dem wirtschaftlichen N-Optimum gelegen hätte.
Angesichts des energetisch günstigeren Herstellungsprozesses halbiert sich für Harnstoff nach dem Rechenmodul ENZO2 der THG-Emissionsfaktor pro Kilogramm Stickstoff im Vergleich zum Kalkammonsalpeter. Insofern kann bei der ökonomisch optimalen N-Menge mit einer Amid-betonten N-Düngung das zukünftig geltende THG-Minderungspotenzial in Höhe von 50 Prozent ertragsneutral eingehalten werden. Auch für eine auf Ammoniumnitrat ausgerichtete N-Düngung erscheint das THG-Emissionsziel bis zu einem kalkulatorischen N-Niveau von etwa 150 kg/ha ohne gravierende Erlöseinbußen realisierbar.
– LW 6/2015