Wärmebrücken und Schießscharten vermeiden

Bauphysik und Ästhetik beachten – Wie sieht korrekte Wärmedämmung aus?

Es gibt viele Maßnahmen, mit denen man beim Wohnhaus Wärmeenergie einsparen kann. Hierzu zählen unter anderem die Dachdämmung, neue Fenster und der Vollwärmeschutz der Hauswand. Das LW fragte Klaus Leithäuser, den stellvertretenden Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbandes des Maler- und Lackiererhandwerks Hessen, was bei der Durchführung zu beachten ist.

Klaus Leithäuser ist Malermeister und Geschäfts-führer des Maler-geschäfts Fink-Leithäuser in Gießen.

Foto: Mohr

LW: Herr Leithäuser, was sollte der Bauherr überlegen, bevor er mit der Planung oder Umsetzung von Maßnahmen zur Einsparung von Wärmeenergie anfängt?
Klaus Leithäuser:
Zunächst sollte er das betreffende Gebäude analysieren. Welche sind die größten Schwachpunkte? Sind es die Fenster, das Dach, die Hauswand, die Kellerdecke oder die Heizungsanlage? Am besten holt man sich einen Energieberater, der Gewerke übergreifend berät. Der hat auch den besten Überblick über staatliche Fördermaßnahmen, die sich häufig ändern. Eine entscheidende Frage ist, wie viel Geld will ich investieren? Sinnvolle und einfache Maßnahmen wie etwa die Dämmung der obersten Geschossdecke bei einem unbewohnten und ungeheizten Dachboden oder die Dämmung der Kellerdecke sind effektiv und können von geübten Handwerkern auch selbst preisgünstig ausgeführt werden.

LW: Wann lohnt sich ein Vollwärmeschutz der Hauswand und was muss man investieren?
Leithäuser:
Zunächst lohnt sich die Dämmung vor allem dann, wenn der Putz sowieso saniert werden soll und ein Gerüst aufgestellt werden muss. Wenn der Putz erst vor zehn Jahren erneuert wurde, ist die Wirtschaftlichkeit geringer. Ansonsten muss man, wenn ein Fachbetrieb die Arbeiten ausführt, mit rund 120 Euro brutto pro Quadratmeter gedämmter Fläche rechnen, plus/minus 15 Prozent. Das richtet sich danach, ob es sich um eine glatte Wand ohne Fenster oder um eine Wand mit vielen Winkeln und Anschlüssen handelt. Voraussetzung ist immer ein tragfähiger und ebener Untergrund, weil man mit den Dämmplatten und dem Kleber maximal 1 cm Unebenheit ausgleichen kann. Ansonsten muss auch der Untergrund ausgeglichen werden.

LW: Wie sieht denn die Wärmedämmung der Wand aus?
Leithäuser:
Zu einem korrekten Aufbau der Dämmung gehört zunächst ein gereinigter und grundierter Untergrund. Darauf kommen die Dämmplatten, zu etwa 85 Prozent handelt es sich dabei um Platten aus EPS (expandiertes Polystyrol, zum Beispiel Styropor), die mit Kleber und Dübeln befestigt werden. Es folgen Armierungsgewebe, Armierungskleber, eine erneute Grundierung sowie der Oberputz und ein Egalisierungsanstrich. Diese Leistungen sollten übrigens in den Angeboten der Handwerksbetriebe einzeln aufgeführt sein, damit man sie vergleichen kann. Ein Pauschalangebot etwa über Dämmung und Oberputz ist nicht aussagekräftig und ungenügend. Wenn dann eine fachlich gebotene Maßnahme weggelassen wurde, ist es für den Bauherrn schwierig, das zu reklamieren. Auch die Materialien sollten im Angebot genau beschrieben sein.

LW: Was sollte man noch beachten?
Leithäuser:
Wichtig ist auch, dass der Handwerksbetrieb in einem Produktesystem bleibt, das heißt, dass alle Produkte (Kleber, Dämmmaterial, Armierung, Putz) von einem Hersteller verwendet werden und eine bauaufsichtliche Zulassung haben. Diese erlischt, wenn Materialien verschiedener Hersteller gemischt werden. Generell sollte man sich von einem Handwerksbetrieb Referenzen ansehen und prüfen, wie lange er schon auf dem Markt ist. Ich empfehle natürlich unsere Innungsfachbetriebe, weil sie sich ständig über Neuerungen bei Materialien und Techniken auf dem Laufenden halten.

LW: Auf welche potenziellen Fehler bei der Wärmedämmung sollte man als Bauherr und als Handwerker achten?
Leithäuser:
Grundsätzlich ist es wichtig, dass Wärmebrücken vermieden werden, insbesondere bei den Anschlüssen oder Übergängen der Wand zum Dach, von der Wand zum Balkon oder zum Sockel sowie bei den Fensternischen. Auf den Wärmebrücken besteht die Gefahr der Tauwasserbildung, wodurch es zu Bauschäden oder zu Schimmelbefall kommen kann. Deshalb ist das Gewerke übergreifende Denken wichtig.

LW: Es taucht immer mal wieder Kritik gegenüber dem Vollwärmeschutz im Hinblick auf Schimmelbildung auf, und dass das Haus nicht „atmen kann“.
Leithäuser:
Dass Hauswände atmen oder atmen sollten, ist Unsinn. Die Wand ist weitgehend dicht und muss auch dicht sein, genauso wie ein Fenster dicht sein soll. Zur Lüftung der Räume ist es viel sinnvoller, gegebenenfalls mehrfach am Tag gründlich zu lüften. Und Schimmel taucht nur da auf, wo es Wärmebrücken beziehungsweise kalte, ungedämmte Wände gibt, an denen Wasserdampf kondensiert.

LW: Was ist mit ästhetischen Mängeln, beispielsweise sogenannten Schießscharten, bei denen die Fenster tief hinter der Dämmung einsinken, oder unschönen Überständen der Wand über den Sockel. Was kann man da machen?
Leithäuser:
Auch die Ästhetik ist ganz wichtig. Das Gebäude soll ansprechend aussehen, damit man gerne darin wohnt oder arbeitet. Außerdem will man ja durch die Maßnahmen den Wert des Hauses erhalten beziehungsweise erhöhen. Entscheidend ist wie schon gesagt die Planung. Wenn ich neue Fenster einbaue und später noch die Wand dämmen will, müssen die Fenster gleich nach vorne gesetzt werden. Wenn nur die Wand gedämmt wird, kann man eine Dämmstärke wählen, die die Fenster nicht so einsinken lässt. Minimum sind allerdings 12 bis 14 Zentimeter. Zu beachten sind hierbei die Vorgaben der Energieeinsparverordnung. Außerdem gibt es Dämmstoffelemente, mit denen die Fensternischen abgerundet werden können, so dass eine schönere Wirkung entsteht. Darüber hinaus werden Profile, Schlusssteine, Gesimse, Bossensteine oder Konsolen angeboten, mit denen die gedämmte Fassade aufgelockert und verschönert werden kann.

LW: Viele unserer Leser besitzen Fachwerkhäuser. Kann man die auch dämmen?
Leithäuser:
Sofern Fachwerkhäuser nicht unter Denkmalschutz stehen, kann man sie auch von außen dämmen. Denn die Außendämmung ist immer die beste und der komplizierten Innendämmung vorzuziehen. Um die oftmals schiefen Wände auszugleichen, gibt es Schienensysteme, auf denen die Dämmplatten montiert werden können. Bei der Innendämmung kommt es auf eine lückenlose Montage an. An keiner Stelle darf der Dämmstoff durch Raumluft hinterströmt werden. Sonst drohen Tauwasserbildung und Schimmelpilzbefall. Desweiteren ist es unabdingbar, dass die Außenfassade schlagregendicht ist, da sonst Feuchtigkeit von außen in die Fachwerkkonstruktion eindringt und diese zerstört.

LW: Landwirte sind in der Regel handwerklich geschickt. Ist es möglich, seine Arbeitskraft bei den Dämmungsarbeiten einzubringen?
Leithäuser:
Unsere Kunden können Arbeiten vorbereiten, beispielsweise Putz abschlagen oder den Boden am Sockel auskoffern, damit später ein Schutzanstrich sowie Perimeterdämmplatten angebracht werden können. Die eigentlichen Arbeiten muss dann aber durchgehend der Fachbetrieb durchführen. Das ist die Voraussetzung für die Gewährleistung, die der Fachbetrieb für seine Arbeiten übernimmt, und zwar für fünf Jahre.

Das Gespräch führte Cornelius Mohr