Waldbesitzer brauchen Anreize und neue Perspektiven

Ein Interview mit Christian Keimer, Vorsitzender der Waldbesitzer

Seit November 2018 ist Christian Keimer, der Bürgermeister der Stadt Kastellaun, Vorsitzender im Waldbesitzerverband Rheinland-Pfalz. Seither ist vieles in den Wäldern geschehen. Daher ist es höchste Zeit, sich mit dem aus einer alten „Försterfamilie“ stammenden Beamten zu unterhalten.

Christian Keimer, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes Rheinland-Pfalz und Bürgermeister von Kastellaun.

Foto: privat

LW: Trockene Sommer, milde Winter und die Borkenkäferkalamität setzen den Wäldern enorm zu. Wie hoch sind die Schäden durch Trockenheit und Borkenkäfer im Kommunal- und Privatwald in Rheinland-Pfalz?

Keimer: Die extreme Witterung des Jahres 2018 und 2019 haben auch in Rheinland-Pfalz zu erheblichen Schäden geführt. Auf der Grundlage der Daten für die vergangenen beiden Jahre ergibt sich für Rheinland-Pfalz in der Gesamtbilanz eine Schadholzmenge von 5,1 Mio. Festmeter Holz. Diese fallen auf einer Kahlfläche von 12 700 Hektar an, die wiederbewaldet werden muss. Die Schäden sind eine Folge von Dürre, Trockenheit und Borkenkäferbefall, aber auch von Windwürfen in den Jahren 2018 und 2019. Überwiegend betroffen sind mittelalte und ältere Nadelholzbestände. Wir rechnen in diesem Jahr mit weiteren gravierenden Schäden. Bisher sind besonders die rechtsrheinischen Landesteile, der Westerwald und der Taunus betroffen. Der extrem trockene und warme Frühling ist vielleicht ein Vorbote, dass es im Sommer 2020 weitergeht. Wir erwarten dann gravierende Schäden und Kahlflächen in den bisher weniger betroffenen Mittelgebirgslagen der Eifel, des Hunsrücks und des Pfälzerwaldes.

LW: Seit Januar 2019 ist die kommunale Holzvermarktung in Rheinland-Pfalz in den Händen der fünf Holzvermarktungsorganisationen. Was hat sich de facto geändert?

Keimer: Seit Januar 2019 vermarkten die fünf kommunalen Holzvermarktungsorganisationen das Holz der kommunalen Waldbesitzer. Landesforsten ist weiter für die technische Produktion, die Ernte und die Bereitstellung des Holzes zuständig. Die Vermarktungsorganisationen sind für den Verkauf und die Abwicklung des Holzverkaufes verantwortlich.

LW: Ist die nun gewonnene Struktur inklusive der privaten Holzvermarktungsorganisationen im ganzen Land belastbar?

Keimer: Die im Land bisher aufgebauten privaten und kommunalen Holzvermarktungsorganisationen werden sich weiterentwickeln. Wie beim Aufbau aller neuen Strukturen treten natürlich Probleme auf. Diese sind im Wesentlichen durch die hohe Schadholzmenge bedingt. Der Holzverkauf und die Holzmarktsituation sind schwierig. Auch gibt es Abstimmungsbedarf zwischen Verkauf und Produktion.

LW: Nun ist aktuell die Kartell-Klage der Sägewerker an das Land Rheinland-Pfalz gerichtet worden. Es steht die Summe von 121 Mio. Euro im Raum. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Land einen Teil der Gelder bei den kommunalen Waldbesitzern zurückholt?

Keimer: Eine Gruppe von 18 Sägewerkern fordert vom Land Rheinland-Pfalz einen Schadenersatz von 121 Millionen Euro. In der Bündelung des Rundholzes sehen die Sägewerkbetriebe ein Vertriebskartell, dass zu überhöhten Rundholzpreisen geführt hat. Inwieweit das Land Rheinland-Pfalz, falls es verurteilt wird, die privaten und kommunalen Waldbesitzer in Regress nehmen wird, steht offen. Das Land hat immer wieder im Rahmen des Kartellverfahrens zugesichert, dass es den Rundholzverkauf kartellrechtskonform für private und kommunale Waldbesitzer durchführt. Somit dürfe ein gegen das Land ausstehender Schadenersatzprozess durch die Sägeindustrie auch keine Aussicht auf Erfolg haben. Ein Rückgriff auf kommunale und private Waldbesitzer ist aus juristischen und politischen Gründen schwer umsetzbar. Eine Streitverkündung des Landes gegenüber 2 000 waldbesitzende Kommunen sowie viele 10 000 private Waldbesitzer halte ich weder juristisch noch politisch für zielführend. In Anbetracht des voraussichtlich über viele Instanzen und über mehrere Jahre geführten Rechtsstreits wäre durch diesen Schritt ein landespolitischer Dauerkonflikt vorprogrammiert.

LW: Wie möchten Sie verhindern, dass die kleinen Privatwaldbesitzer die Lust am Wald verlieren?

Keimer: Gerade kleine private Forstbetriebe benötigen wieder Perspektiven. Dazu zählt eine effektive und zielgenaue Förderung. Die größte waldbauliche Herausforderung, auch für den Kleinprivatwald für die Zukunft besteht in der Schaffung von ökologisch stabilen und zugleich produktiven Wäldern. Doch Waldbau ist kein Selbstzweck. Es geht beim Waldbau um die Erhaltung der naturnahen Wälder und um deren Nutzung.

Die privaten Waldbesitzer brauchen eine Nutzungsperspektive. Darüber hinaus müssen die Ökosystemleistungen, die der Wald für die Gesellschaft erbringt, honoriert werden. Das Prinzip öffentliches Geld für die öffentliche Leistung muss auch im Privat- und Kommunalwald greifen. Waldbesitzer mit kleiner Forstfläche benötigen hier Anreize und neue Perspektiven.

LW: Wie kommt die Förderung derzeit auf die Fläche?

Keimer: Die Fördergelder des Bundes und des Landes Rheinland-Pfalz stehen zur Verfügung. Es geht jetzt darum schnellstmöglich die neuen Förderregelungen umzusetzen. Das Land Rheinland-Pfalz ist hier gefordert. Wir erwarten eine schnelle Umsetzung und Auszahlung der Gelder.

Mit Christian Keimer sprach Elke Setzepfand – LW 28/2020