Waldhonigernten in Gefahr

Rückblick auf die Bienensaison 2020

Letzte Feldarbeiten werden noch erledigt, die Maschinen winterfest gemacht, und dann kehrt (hoffentlich) ein wenig Ruhe auf den Höfen ein. Die Niederschläge haben zu einem guten Feldaufgang der Kulturen gesorgt und so manch etwas „ungleicher“ Rapsschlag hat ebenfalls davon profitiert. Die Bienen und Imker freuen sich auch darüber, gehört doch Raps zu einer wichtigen Trachtpflanze für Pollen und Nektar.

Mit Rappsfeldern kann man eine Bienenbrut gut füttern,...

Foto: Skoetsch

Auch 2020 gab es teilweise herbe Winterverluste. Den Prognosen der Bieneninstitute folgend, war dies zu erwarten. Denn recht spät im Sommer 2019 gab es eine starke Re-Invasion mit der Varroa­milbe. Der Grund: Nach dem Abschleudern, das ist normalerweise die Zeit der ersten Milbenbekämpfung, zeigten die Kontrollen einen eher moderaten Befall, die Schadschwelle wurde nur geringfügig überschritten. Viele Imker wollen ihren Bienen eine unnötige Behandlung ersparen, dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Eine einmalige Kontrolle und dies nur stichprobenartig, entspricht aber nicht der guten imkerlichen Praxis.

Teilweise herbe Winterverluste

Um aber zu entscheiden, ob eine Behandlung nötig ist, muss unbedingt eine fortlaufende Kontrolle des Milbenbefalls im Bienenvolk erfolgen. Eine mit Speiseöl bestrichene „Windel“, dies ist ein Schieber, der unter die unterste Zarge eingeschoben wird, ergibt hierzu ein genaueres Bild. Die herabfallenden toten Milben bleiben auf der Windel haften. Der natürliche Totenfall von Milben zeigt an, ob die „Schadschwelle“ überschritten ist und wenn ja, dann gilt es zu handeln. Wird dies versäumt, dann sind Völkerverluste nicht zu vermeiden.

Eine Behandlung im Herbst ist meist nicht mehr erfolgreich, denn für eine wirkungsvolle Verdunstung der Ameisensäure ist es meist zu kalt. So geht das befallene Bienenvolk mit seiner Varroa-Last in den Winter. Die mit Milben befallenen Bienen fühlen sich krank, verlassen den Bienenstock und kommen um. Das Bienenvolk hat sich „kahl geflogen“ und ist verloren.

Auch 2020 schlug das Wetter heftige Kapriolen

In der ersten Januarwoche war um die Mittagszeit reger Bienenflug zu beobachten, die Bienen holten Wasser. Imker sind über einen ausbleibenden Winter nicht froh, denn im Volk herrscht keine Ruhe und die Königin beginnt sehr früh mit der Eilage. Sind Brutnester im Volk und es kommt zu einem Kälteeinbruch, dann müssen sich die Bienen entscheiden: Brut wärmen oder sich auf die Futterwaben zurückziehen. Brut wärmen kann bedeuten, dass die Bienen verhungern, obwohl genug Futter im Volk ist, aber leider nicht in Reichweite.

Mit Ausnahme der in Höhenlagen ge­fallenen Schneedecke Ende Februar war vom Winter nichts zu spüren. Die Tagestemperaturen waren im Januar und Februar mit zu Teil frühlingshaften +10 °C viel zu hoch. Anfang März hatten die Völker schon große Brutnester.

Die Kulturen litten unter Trockenheit und scharfer Ostwind bremste den Bienenflug. In den Höhenlagen setzte ab Mitte bis Ende April die Vollblüte von Obst,-Raps-und Löwenzahn ein. Die Niederschläge Anfang bis Mitte Mai haben den Kulturen gutgetan und die Nektarbildung der Blüten unterstützt.

Anfang Mai konnte der erste Honig geschleudert werden. Je nach Standort gab es Ende Mai eine kleine zweite Frühjahrstracht, häufig war dies die Ernte aus späten Rapsflächen.

Trachtlücke im Juni und durchschnittliche Erträge

Die Hauptblühzeit war im Juni vorbei, und es entstand eine Trachtlücke. Die Imker müssen dann kontrollieren, ob die Völker genügend Futter haben. Gegebenenfalls muss mit Honig nachgefüttert werden, denn Zucker als Futter scheidet aus – es soll ja später Honig und nicht Zucker ins Glas. Gebietsweise konnte um den 20. Juni eine Sommertracht-Ernte geschleudert werden.

Juli und August waren heiß und von Gewittern abgesehen sehr trocken. Vereinzelt konnten die Bienen noch etwas Waldhonig sammeln, meist eine Mischung aus Honigtau, Brom- und Himbeernektar. Ende Juli war die Honigernte 2020 beendet. Wie die Umfragen zeigen, handelte es sich um ein Honigjahr mit durchschnittlichen Erträgen.

Schaut man sich den Wald, werden üppige Waldhonigernten wohl der Vergangenheit angehören. Denn dazu braucht es Nadelbäume, und die liegen derzeit in riesigen Poltern am Wegrand. Ein Bild, das Betroffenheit auslöst.

20 kg Winterfutter pro Bienenvolk

...mit Steinen nicht.

Foto: Skoetsch

Für den Imker bedeutet das Ende der Honigernte, die Bienen mit Winterfutter zu versorgen, etwa 20 kg Futter je Volk werden als Wintervorrat benötigt. In der Regel ist es invertierter Zucker in fester oder flüssiger Konsistenz. Und dann erfolgt, wie eingangs beschrieben, die Kontrolle und gegebenenfalls Bekämpfung der Varroamilbe.

Man mag es kaum glauben, in weiten Teilen Hessens gibt es derzeit nur einen sehr geringen Varroamilbenbefall. Dennoch, wer auf Nummer sicher gehen will, wird um Mitte Dezember seine Völker mit Oxalsäure beträufeln, aber dann wollen die Bienen den Imker eine Weile nicht mehr sehen. Wer sich jedoch mit den Bienenvölkern auch im Winter rege beschäftigen kann, ist der Grünspecht und der Waschbär. Man tut gut daran, zu kontrollieren und für Abwehr zu sorgen.

Dank für die vielen Hektare Blühflächen

Zum Schluss soll nicht vergessen sein, den Landwirten für die vielen Hektare Blühflächen zu danken. Ob Honig- oder Wildbienen sowie Hummeln und Schmetterlinge, alle sind in diesen Flächen zu beobachten. Die dicken Pollenhöschen an den Hinterbeinen zeigen, welche wichtige Quelle an „Kraftfutter“ bereitgestellt wurde. Auch 2021 sollten die Landwirte ihre Bemühungen nicht verringern und vielfältige Samenmischung aussäen. Ob ein- oder mehrjährig, die Insekten benötigen diese Hilfe.

Und: Die landwirtschaftlichen Betriebe tun Gutes und sollten auch darüber reden und auf die Bedeutung von Blühflächen aufmerksam machen. Die Presse und andere Interessenten sind dankbar für Infos dieser Art. Wenn es passt, dann sollte hierbei ein Imker berichten, wie wichtig diese Blühflächen sind. Denn Landwirte und Imker profitieren von einander. Diese Botschaft muss unter die Leute! Es gilt, ein dickes Brett zu bohren, aber es lohnt sich.

Jetzt aber jetzt ist erst einmal Winterpause für Imker und Bienen in der Hoffnung auf ein gutes neues Jahr.

Dieter Skoetsch, Landesverband Hessischer Imker – LW 49/2020