Waldwirtschaft am Limes

Oberhessisches Markmeistertreffen in Mark Grüningen

Der Gemeinschaftswald, auch Markwald oder in Nordhessen Interes­sentenwald genannt, macht mit 40 000 ha etwa fünf Prozent der Waldfläche Hessens aus. Regional genießt er aber einen beachtlichen Stellenwert. Das wurde wieder beim jüngsten Treffen der oberhessi­schen Markmeister und Privatwaldeigentümer vorigen Freitag in der Mark Grüningen deutlich. Markmeister und Forstamtsleiter Harald Voll erläuterte mit Revierförster Rainer Alberding die wirtschaftliche Nutzung dieser laubholzstarken, vorratsreichen Waldmärkerschaft.

Gruppenbild der teilnehmenden oberhessischen Markmeister mit Mitgliedern des Hessischen Landtages im Markwald Grüningen.

Foto: Moe

Traditionell findet vor dem waldbaulichen Fachteil eine Diskussion der Markmeister mit Vertretern aus der Landespolitik statt. Margrit-Sylvia Ruppel aus dem Vorstand des Hessi­schen Waldbe­sitzerverban­des hatte als Leiterin der Veranstaltung Mitglieder des Landtages aus Wiesbaden aller Parteien eingeladen. Sie freute sich besonders über die Teilnahme von Jörg-Uwe Hahn (FDP). Mit von der Partie waren ebenso als politische Vertreter der CDU Kurt Wiegel und Peter Stephan, ferner Heinz Lotz von der SPD. Vor Ort diskutierten sie mit den Markvorständen über die für Waldbesitzer sensiblen Standpunkte ihrer Parteien, beispielsweise zu den Rahmenbe­din­gungen für den Bannwald in Hessen oder zum Bau von Windenergieanlagen im Wald.

Frank Wiegand aus Frielendorf, Vorsitzender des Gruppe Gemeinschaftswald und Christian Raupach, Geschäftsführer des Hessischen Waldbesitzerverbandes, sprachen sich für stabile gesetzliche Rahmenbedingungen für Waldbauern aus. Diesbezüglich beklagte Raupach forstpolitische Entwicklungen in Hessen, welche aus seiner Sicht die Wettbewerbs­fä­hig­keit beeinträchtigen. Insbesondere sieht er die Umsetzung der Forest Stewardship Council (FSC)-Zertifizierung in Hessen kritisch. Die FSC-Auditierung sei zu aufwendig im Vergleich zur vielerorts in Hessen praktizierten PEFC-Zertifizierung. „In Hessen werden jedes Jahr 4 Mio. Erntefestmeter Holz verkauft. Säger, wie das neue Werk in Lauterbach, investieren 50 Mio. Eu­ro. Die damit einhergende Wertschöpfung mit ihren Tausenden Arbeitsplätzen in den ländlichen Regionen Hessens darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden“, so Raupach.

Weiterhin müsse die Douglasie aus der Liste des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) für invasive Arten gestrichen werden, in der gebietsfremde Pflanzenarten geführt werden, die also ursprüng­lich nicht heimisch sind und gemerzt werden sollen.

Bei dem vom Forstamtsleiter Wet­tenberg, Harald Voll und Revierförster Rainer Alberding geführten Rundgang beschrieb Alberding an sechs forstlichen Schaubildern die waldbaulichen Besonderhei­ten dieses 165 ha großen und 326 ideel­le Anteile umfassenden Markwal­des Grüningen, von denen dem Land Hessen 210 Anteile gehören. Der Holzvorrat der Märkerschaft liegt bei 296 Vfm (Vorratsfestmeter) je ha, insgesamt seien das knapp 50 000 Vfm. Der laufende Zuwachs beträgt knapp 8 Vfm/ha/Jahr, der Hiebsatz liegt bei 7,8 Vfm/ha/Jahr.

„Bewirtschafteter Wald ist dem Naturwald überlegen“

Typisch für den besichtigten Standort ist ein vergleichsweise geringer Nadelholzanteil von rund 10 Prozent. „Wir verlieren im Moment die Fichte. 10 Prozent Nadelholz ist auf Dauer aber zu wenig“, so Forstamtsleiter Voll. Für die Lage dieses besichtigten Standorts in der unteren Buchenmischwaldzone solle der Nadelholzanteil im Durchschnitt der Wälder in Hessen ge­halten werden, ergänzte Alberding. „Ein bewirtschafteter Wald ist einem Naturwald hinsichtlich der Artenvielfalt eindeutig überlegen, sonst haben wir an diesem Standort naturbedingt auf circa 90 Prozent der Fläche die Buche.“ Augenmerk solle daher auf die geziel­te Nutzung der Buche gelegt werden. Ein geeigneter Erntezeitpunkt – nicht zu früh, um beispielsweise ebenso Holz für Sub­missionen zu haben, aber auch nicht zu spät, um eine De­klas­sierung (Herabstufung) der Stämme aufgrund Rotkernigkeit zu verhindern – bestimme die rentable Nutzung der Buche dieses Markwaldes. Bei dem vergleichsweise niedrigen Jahresniederschlag von circa 500 bis 600 mm sowie einer Höhenlage des Markwal­des von rund 200 m über Normalnull empfahl der Förster bei der Buchennaturverjüngung die Auflichtung der Bestände zu verhindern. Ab einem Alter von 100 Jahren werden die Bestände natürlich verjüngt. Das ermöglicht, starkes Holz dann einzuschlagen, wenn der Markt dafür günstig ist.

An einem weiteren Schaubild zeigte Alberding kulturhistorische Besonderheiten des Markwaldes Grüningen am Limes auf, die zugleich allerdings die forstliche Arbeit erschweren. Sie beruhen auf vielen aber kaum erkennbaren Hügelgräbern, die teils noch aus der Jungsteinzeit stammen sowie aus der Bronzezeit oder von den Kelten bis aus dem Mittelalter und sich an dem aus dem Römischen Reich stammenden Grenzwall noch heute befinden, aber kaum zu erkennen sind. Mit der Folge, dass dieses die forstliche Nutzung mit den modernen Maschinen zur Holz­ernte erschwert. „Manchmal sehen wir Tonscherben, nachdem der Holzrücker im Einsatz war, also leider erst dann, wenn ein Hügelgrab durch seine Arbeit eingebrochen ist“, sagte Markvorsteher Voll.

Der Markwald blickt besonders in Hessen auf eine lange Ge­­schichte zurück. Er ist aber in seiner Organisation aktueller denn je. Markbücher reichen bis in die Fürstenzeit zurück. Markgesellschaften gehören heute häufig noch zum Dorfgeschehen und Mark­waldanteile können wie die „Aktien des kleinen Mannes“ auf dem Lande sein. Markgenossenschaften erwirtschaften meist Ãœberschüs­se, so dass sie für die Märker auch ökonomisch gesehen mehr als einen ideellen Wert darstellen. In Oberhessen mussten jedoch in den letzten Jahren vielerorts die Ãœberschüsse für Neuanpflanzungen als Folge starken Windwurfs eingesetzt werden.

2015 findet das Treffen in der Mark Garbenteich (26 ha/60 Anteile) statt, deren Markmeister ist Hans-Martin Sames.

Moe – LW 30/2014