Weinexport und Steuerrecht

Zahlreiche Unsicherheiten in der Praxis

Für Weingüter ohne Exporterfahrung und Vertriebspartner im Ausland stellt sich die Frage, wie eine Bestellung aus dem Ausland korrekt abgewickelt wird. Denn beim Verkauf von Wein über die deutsche Grenze hinweg müssen bestimmte Vorschriften beachtet und Formalien eingehalten werden. Karin Rheinschmidt, vom Kompetenzzentrum Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz in Oppenheim, informiert über geltendes Recht und zeigt Fallbeispiele.

Wer Wein ins Ausland exportieren will, der muss etliche Vorschriften und Regeln beachten.

Foto: dwi

Beim Export von Wein ins EU-Ausland greifen insbesondere Verbrauchs- und Umsatzsteuerrecht. Für Warenbewegungen innerhalb der EU, der in­zwischen 27 Staaten angehören, gibt es keine Grenzen mehr. Da sich die EU-Staaten allerdings nicht auf einen einheitlichen Umsatzsteuersatz einigen konnten, entfällt die früher vom Zoll an der Grenze erhobene Einfuhrumsatz­steuer. Im Gegenzug wurde dafür die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaft­lichen Erwerb eingeführt: Unternehmer müssen ihre Warenkäufe in anderen EU-Ländern nicht mehr an der Grenze anmelden, sondern diese im Rahmen ihrer Umsatzsteuervor­anmeldung beim Finanzamt erklären. Jeder Gewerbetreibende, der Waren in das EU-Ausland exportieren möchte, muss dazu eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt.ID-Nr.) beim Bundeszentralamt für Steuern in Saarlouis (www.bzst.bund.de) beantragen.

Für den gewerblichen Handel (Handel zwischen zwei Unternehmern) gilt immer das Bestimmungsland-Prinzip: die Ware wird mit dem Umsatzsteuersatz des Bestimmungslandes belastet. Erwerbs- und Lieferschwellen gibt es bei Wein als verbrauchssteuerpflichtiger Ware nicht. Alle Unternehmer haben bei der Lieferung von Waren in das EU-Ausland gegenüber dem Finanzamt eine Zusammenfassende Meldung (ZM) abzugeben. Die ZM muss vierteljährlich erfolgen und es sind alle innergemeinschaftlichen Liefe­rungen aufzulisten. Jeder Käufer im EU-Ausland ist mit seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufzulisten.

Die Verbrauchssteuer – ein wichtiges Thema

Da auf EU-Ebene ähnlich wie im Be­reich der Umsatzsteuer noch keine Angleichung der Verbrauchssteuersätze erreicht wurde, zwingen die Belastungs­unterschiede bei verbrauchssteuerpflich­ti­gen Waren wie Wein oder Kaffee noch zu Eingriffen in den ansonsten liberali­sier­ten Warenverkehr innerhalb des EU-Binnenmarkts. Obwohl in Deutschland keine Verbrauchssteuer auf Wein erhoben wird, sind beim Export von Wein innerhalb der EU verbrauchssteuerrechtliche Vorschriften zu beachten. Diese Vorschriften beziehen sich auf die erforderliche Anmeldung und Erlaub­nis zur Weinausfuhr sowie das Mitführen von Formularen/Begleitpapieren.

Für die Verbrauchssteuer gilt wie im Umsatzsteuerrecht das Bestimmungslandprinzip: die Ware wird in dem Land, mit dem dort gültigen Steuersatz, versteuert, in dem der Verbrauch stattfindet. Grundsätzlich muss jeder Gewerbe­treibende, der Wein innerhalb der EU exportieren möchte, dazu bei dem für ihn zuständigen Hauptzollamt eine Verbrauchssteuernummer beantragen. Diese entspricht nicht der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Kleine Weinerzeuger mit einer durch­schnittlichen Erzeugung unter 1 000 hl Wein pro Weinwirtschaftsjahr, sind von dieser Vorschrift befreit. Allerdings müs­sen auch sie beim zuständigen Hauptzollamt eine Anzeige abgeben, dass sie Wein exportieren wollen. Mit Eingang dieser Anzeige beim Hauptzollamt gilt die Erlaubnis als erteilt. Für diese „kleinen Weinerzeuger“ muss das weinrecht­liche Begleitpapier den Hinweis „Wein des steuerrechtlich freien Verkehrs – Kleiner Weinerzeuger“ enthalten. Die jeweiligen Vordrucke zur Beantragung der Verbrauchssteuernummern findet man im Internet unter www.zoll.de.

Wie bei der Umsatzsteuer wird auch bei der Verbrauchssteuer zwischen der Lieferung an Unternehmer und Privatpersonen unterschieden. Aus den Vorschriften des Umsatzsteuer- und Verbrauchssteuerrechts ergibt sich, dass beim Weinverkauf in andere EU-Staaten zuerst Folgendes zu klären ist: Ist der Winzer bei der Umsatzsteuer regelbesteuert oder pauschalierend? Ist der Kunde Unternehmer oder Endverbraucher?

Fall 1: Regelbesteuerter Winzer liefert an Unternehmer im EU-Ausland

Für regelbesteuerte Winzer gilt, dass beim Versand von Wein an einen Unter­nehmer im europäischen Ausland, eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt. Solche Lieferungen werden mit dem Umsatzsteuersatz im Bestimmungs­land belegt. Dazu stellt der deutsche Winzer eine Rechnung ohne Umsatzsteuer aus, die sowohl seine als auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt.ID-Nr.) seines Kunden im EU-Ausland enthält. Der Kunde muss dann im anderen EU-Staat die sogenannte Erwerbsbesteuerung durchführen. Die entsprechend anfallende Umsatzsteuer kann der Käufer direkt als Vorsteuer bei seiner Umsatzsteuererklärung geltend machen. Steuerschuldner ist in diesem Fall also der Empfänger des Weines.

Um sich abzusichern, kann sich der exportierende Winzer die USt.ID-Nr., den Namen und die Anschrift des ausländischen Kunden durch das Bundeszentralamt für Steuern (www.bzst.bund.de) bestätigen lassen. Dies ist zu empfehlen, wenn es sich um einen neuen Kunden handelt und dieser umsatzsteuer­frei mit Wein beliefert werden möchte. Kommt der Winzer dieser Sorgfaltspflicht nicht nach, kann er für die Steuer, die sich aus der auf falschen Angaben beruhenden Steuerbefreiung ergibt, haftbar gemacht werden.

Hinsichtlich der Verbrauchssteuer – und den mitzuführenden Papieren - muss bei Lieferung von Wein an einen Unternehmer innerhalb der EU zwischen zwei Fällen unterschieden werden:

Im Land des Empfängers wird keine Verbrauchssteuer auf Wein erhoben (z.B. Luxemburg, Österreich): Es ist ein „Vereinfachtes Begleitdokument“ (VBD) in drei Ausfertigungen auszufüllen. Ein Exemplar bleibt beim Ver­sender, zwei weitere beglei­ten die Weinlieferung. Der Empfänger des Weins legt Exemplar 2 und 3 der für ihn zuständigen Zollstelle im Empfän­gerland vor. Exemplar 2 bleibt beim Empfänger, das dritte Exemplar sendet er als Bestätigung an den deutschen Winzer zurück (Rückschein).

Im Land des Empfängers wird Verbrauchssteuer auf Wein erhoben (Belgien, Frankreich, Dänemark): In diesem Fall muss das begleitende Verwaltungsdokument (BVD) verwendet werden. Es sind 4 Exemplare auszufüllen. Exemplar 1 bleibt beim Winzer, die Exemplare 2, 3 und 4 begleiten die Ware. Exemplar 2 bleibt beim Empfänger. Exemplar 3 und 4 werden vom Empfänger im EU-Ausland der für ihn zuständigen Zollstelle vorgelegt. Die Zollstelle versieht Exemplar 3 mit einem Sichtvermerk. Der Empfänger sendet das bestätigte Exemplar 3, dem auch hier die Funktion eines Rückscheins zukommt, an den deutschen Winzer zurück. Exem­plar 4 bleibt zur Kontrolle, ob der Empfänger die fällige Verbrauchssteuer ordnungsgemäß abführt, bei der ausländischen Zollbehörde. Steuerschuldner im EU-Mitgliedsstaat ist in diesem Fall, unabhängig ob der deutsche Winzer den Wein versendet oder der Empfänger die Ware bei ihm durch eine Spedition abholen lässt, der Empfänger des Weins.

Zum 1. April 2010 wurde auf EU-Ebene das elektronische EMCS (System zur Kontrolle der Beförderung verbrauchssteuerpflichtiger Waren) eingeführt. Dieses EDV-System wird das Papierformular „Begleitendes Verwaltungsdokument“ ablösen. Ab 1. Januar 2011 wird das EMCS verpflichtend für die Beförderung von Wein und anderen verbrauchssteuerpflichtigen Waren.

Fall 2: Regelbesteuerter Winzer liefert an Privatkunden im EU-Ausland

Verkauft der regelbesteuerte Winzer Wein an einen ausländischen Privatkun­den, kommt es darauf an, ob der Kunde den Wein selbst in Deutschland abholt oder ob er den Wein geliefert bekommt. Kauft der Kunde den Wein Ab-Hof beim Winzer und nimmt ihn im Koffer­raum seines Wagens mit nach Hause, muss der deutsche Umsatzsteuersatz auf der Rechnung ausgewiesen werden. Verbrauchssteuer fällt in diesem Fall nicht an.

Bei der Lieferung von Wein ins EU-Ausland durch den Winzer (Versandhandel) muss auf der Rechnung der Umsatz- und Verbrauchssteuersatz des Empfängerlandes ausgewiesen und dort abgeführt werden. In der Praxis heißt das, dass ab der ersten verkauften Flasche Wein Steuerpflicht im anderen EU-Staat vorliegt. Steuerschuldner für Umsatz- und Verbrauchssteuer ist in diesem Fall der Winzer. Er muss sich im Bestimmungsland eine Steuernummer besorgen, um die Umsatzsteuer korrekt anmelden zu können. Darüber hinaus muss der Versandhändler die Weinlieferung vorher bei der zuständigen Zollbehörde (Verbrauchssteuer) in Deutschland und bei der für den Empfänger zu­ständigen Zollbehörde im Mitgliedsland anmelden. Unter Umständen muss dort eine Sicherheit für die Verbrauchssteuerschuld geleistet werden.

Eine andere Möglichkeit ist, einen Fiskalbeauftragten, gegen Gebühren, mit der Abwicklung der Steuerformali­täten zu beauftragen. Dieser Aufwand rechnet sich erst ab einem gewissen Lieferumfang und wenn eine langfristi­ge Geschäftsverbindung geplant ist. Auch Speditionen übernehmen die Abwicklung im Bestimmungsland.

Fall 3: Umsatzsteuer pauschalierender Winzer liefert an Unternehmer in EU

Für Winzer, die ihre Umsätze nach §24 UStG pauschal versteuern, gelten bestimmte Umsatzsteuerbefreiungsvor­schriften nicht. Dazu zählt die Steuerbe­freiung für innergemeinschaftliche Lie­ferungen. Pauschalierende Landwirte können daher nie steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen durchführen. Die Weinlieferung an Unternehmer im EU-Ausland verpflichtet den deutschen pauschalierenden Winzer gem. §24 Abs. 1 Satz. 2 UStG. zum Ausweis der deutschen pauschalen Umsatzsteuer von 10,7 Prozent. Der Empfänger muss jedoch im Bestimmungsland die Erwerbsbesteuerung mit dem dort geltenden Mehrwertsteuersatz durchfüh­ren. Es kommt also zu einer Doppelbesteuerung. Allerdings kann sich der ausländische Unternehmer die gezahlte deutsche Umsatzsteuer auf Antrag in Deutschland erstatten lassen.

Fall 4: Umsatzsteuer pauschalierender Winzer liefert an Privatperson in EU

Bei Weinlieferungen an eine Privatperson im EU-Ausland muss auch der pauschalierende Winzer die Umsatzsteuer des Bestimmungslandes in Rechnung stellen. In diesem Fall benötigt er eine Steuernummer im betreffenden Staat der Lieferung und wird dort Steuerschuldner. Bei Abholung durch auslän­dische Privatpersonen, die den Wein über die Grenze nach Hause mitnehmen, weist der Winzer die deutsche Umsatzsteuer von 19 Prozent aus. Die­se Regelung gilt auch, wenn der Privatkunde den Wein in seinem Auftrag von einer Spedition abholen lässt.

Ein Beispiel kann den Vorteil eines solchen Vorgehens verdeutlichen. In Dänemark gilt ein Mehrwertsteuersatz von 25Prozent für Wein. Darüber hi­naus wird in Dänemark auf Wein 25 Prozent Alkoholsteuer erhoben, für die bei Lieferung durch den Winzer dieser ebenfalls Steuerschuldner würde. Beauftragt nun der dänische Privatkunde eine Spedition, Wein bei einem deutschen Winzer abzuholen, fällt die deutsche Mehrwertsteuer von 19 Prozent an. Alkoholsteuer wird nicht fällig. Durch entsprechende Gestaltung kann der Käufer also Steuern sparen.

Eine Erstattungsmöglichkeit der Um­satzsteuer besteht für Endverbraucher/Privatpersonen weder im Fall der Abholung noch der Lieferung durch den Winzer. Dies gilt für die Lieferung durch einen regelbesteuerten als auch einen pauschalierenden Winzer gleichermaßen. Hinsichtlich des Verbrauchssteuerrechts hat der Umsatzsteuer pauschalierende Winzer die gleichen Vorgaben zu beachten wie der regelbesteuerte Winzer.

Fazit: Der freie Warenverkehr innerhalb der EU ist nur bis zu einem gewissen Grad Wirklichkeit. In der Praxis ist der Verkauf von Wein in EU-Mitgliedsstaaten ein Vorgang, der Winzern ein gehöriges Maß an Spezialwissen abfordert. Insbesondere für pauschalierende Winzer sind die Bestimmungen des Um­satzsteuergesetzes, die eine umsatzsteuerfreie Lieferung in EU-Länder untersagen, von Bedeutung. Die Ausfuhr von Wein als verbrauchssteuerpflichtige Ware führt zudem regelmäßig zu einer Steuerpflicht im Land des Empfängers. Bei der Lieferung von Wein an Privatper­sonen im EU-Ausland wird der deutsche Winzer Steuerschuldner im Land des Empfängers.

Wenn Bestellungen aus dem EU-Ausland bedient werden sollen, empfiehlt es sich für Winzer, die keine Erfah­rungen im Exportgeschäft haben, auf Weinausfuhr spezialisierte Speditionen mit der Lieferung zu beauftragen. Die­se sind beim Ausfüllen der nötigen Begleitpapiere behilflich und übernehmen auf Wunsch die Abwicklung der Forma­litäten. Informationen rund um den Ex­port von Wein bieten die Internetsei­ten der IHK Trier (www.ihk-trier.de), des Ministeriums der Finanzen (www.zoll.de) und des Deutschen Weininstituts (www.deutscheweine.de).