Wichtig ist die erfolgreiche Unkrautbekämpfung

Bei starkem Kohlhernie-Befall Winterraps umbrechen?

In diesem Jahr ist auf vielen Rapsschlägen ein starker Befall mit Kohlhernie zu verzeichnen. Die nasse Witterung und die feuchten Bodenverhältnisse im Sommer und Herbst 2011 haben dazu geführt, dass auf vielen Schlägen Befall auftritt, von denen bislang kein Befallspotenzial bekannt war. Auf diesen Schlägen wurden daher auch anfällige Sorten angebaut, sodass mit entsprechenden Ertragsverlusten gerechnet werden muss. Mit welchen Erträgen kann gerechnet werden, und wann lohnt ein Umbruch?

Anfällige Sorten reagieren mit deutlich verringerten Bestandesdichten.

Foto: Dr. Sauermann

Zur Frage, welchen Ertrag diese Bestände noch bringen können, gibt es Ergebnisse aus der Ernte 2011 und auch aus früheren Jahren. Ein Beispiel für Situationen mit sehr starkem Befall ist ein Versuchsergebnis aus 2002. Damals ging es darum, ganz gezielt auf einer Befallsfläche anfällige Sorten und tolerante Sorten miteinander zu vergleichen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen auf bekannten Befallsflächen, in denen im vorgesehenen Versuchsjahr dann wider Erwarten kein Befall vorhanden war, war dieses Unterfangen im Anbaujahr 2001/02 auf einer anmoorigen Teilfläche eines größeren Schlages in Brekling in Angeln erfolgreich.

Bei diesem Versuch wurden mit der damals noch neuen Hybride Mendel und der Liniensorte Tosca zwei Sorten mit rassenspezifischer Toleranz gegenüber Kohlhernie verglichen. Zum Vergleich wurden die anfälligen Sorten Talent und Express geprüft, die dem damaligen Leistungsstand der Rapssorten entsprachen.

Ertrag bei starkem Befall

Der Befall mit Kohlhernie in den beiden anfälligen Sorten war außerordentlich stark, was in äußerst geringen Bestandesdichten zum Ausdruck kam. Hätte der ganze Schlag so ausgesehen, wäre er umgebrochen worden. Unter solch extremem Befall brachten die anfälligen Sorten immerhin noch rund die Hälfte des Ertrages der toleranten Sorten. Das traf sowohl bei den Hybriden wie auch bei den Liniensorten zu. Allerdings lag das Ertragsniveau der Liniensorten damals deutlich unter den Hybriden.

Unter extremen Befallsbedingungen, in denen in den anfälligen Sorten viele Pflanzen über Winter abgestorben waren, und von den überlebenden fast jede Pflanze befallen war und die Hauptwurzel durch die Krankheit verloren hatten, wurden 15 bis 25 dt/ha geerntet. Die Hybriden konnten diesen starken Befall deutlich besser kompensieren als die Liniensorten. So brachte die beste Parzelle von Talent mit 44 dt/ha einen sehr guten Ertrag.

Aktuelle Ergebnisse aus der Ernte 2011

Zwei jüngere Ergebnisse liegen aus der Ernte 2011 vor. Am Standort Loit war auf einer Teilfläche, in der eine Stammprüfung lag, ein Befallsnest mit Kohlhernie vorhanden. Dieser Raps stand nach Vorfrucht Winterweizen, war Ende August 2010 unter damals schwierigen Witterungs- und Bodenverhältnissen unmittelbar nach der Weizenernte bestellt worden und hatte sich im Herbst zwar noch gut, aber nicht zu üppig entwickelt.

Die Prüfung erstreckte sich über vier Wiederholungen mit den Blocks A bis D. Block A und B waren nicht befallen. In Block C war Befall mit Kohlhernie vorhanden. Block D lag dicht an einem angrenzenden Knick und war durch Auswinterung geschädigt nachdem es zu Schneeverwehungen gekommen war.

In den Blocks A und B, die nicht durch Kohlhernie geschädigt waren, wurde ein durchschnittlicher Ertrag von 42 dt/ha geerntet. Unter stärkerem Befall mit Kohlhernie wurden 25 dt/ha beziehungsweise 60 Prozent dieses Ertrages erreicht. In Block D, der durch Auswinterung geschädigt war, gab es Mindererträge von 4 dt/ha oder 14 Prozent. Im Mittel über die gesamte Fläche wurden 36 dt/ha geerntet.

Ein weiteres Ergebnis aus der Ernte 2011 kommt vom LSV am Standort Lindenhof. Der Praxisschlag, in den die Versuche eingebettet waren, wurde seit vielen Jahren immer wieder auch mit Rapsversuchen bestellt. Zuvor waren keine Probleme durch Kohlhernie bekannt. Unter den günstigen Befallsbedingungen im Herbst 2010 kam es dann zu stärkerem Kohlherniebefall, der sich aber erst im Frühjahr 2011 deutlich bemerkbar machte. Die Hauptwurzeln vieler Pflanzen waren abgestorben und der Raps musste aus dem Wurzelhals heraus neue Wurzeln bilden. Im Herbst hatte sich dieser Bestand sehr gut entwickelt und im Dezember 2010 war es von den LSV-Standorten der beste Bestand.

Hybriden können deutlich besser kompensieren

Die tolerante Sorte Mendel hatte mit 45,8 dt/ha ein hohes Ertragsniveau (=100 Prozent). Im Mittel der anfälligen Sorten wurde im Block A mit 93 rel. der höchste und in Block D mit 79 rel. der niedrigste Kornertrag erreicht. Über die gesamte Versuchsfläche hatten die anfälligen Sorten einen Kornertrag von rund 40 dt/ha, also rund 6 dt/ha weniger als die tolerante Sorte Mendel. Auf Teilflächen mit sehr starkem Befall betrug der Ertragsverlust rund 40 Prozent, die absoluten Erträge lagen dort bei 27 dt/ha.

In beiden Versuchen in Loit wie in Lindenhof muss bedacht werden, dass es im Frühjahr 2011 außerordentlich trocken war! Diese Trockenheit hat die Bildung neuer Wurzeln stark behindert und die Wasserversorgung der geschwächten Pflanzen war dadurch sehr schwierig. Unter günstigeren Anbaubedingungen mit besserer Wasserversorgung kann Raps ein leistungsfähigeres neues Wurzelsystem aufbauen, und wenn die Wasserversorgung weiterhin gut ist, können Erträge erreicht werden, die fast auf dem Niveau der toleranten Sorte Mendel liegen. Dafür gibt es immer wieder Erfahrungen aus früheren Jahren.

Die Witterung ist eine unbekannte Größe, wie gerade das Vegetationsjahr 2010/11 gezeigt hat. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass anfällige Hybridsorten, die den Anbau in Schleswig-Holstein tragen und die vom stärkeren Befall in diesem Jahr betroffen sind, unter starkem Befall und unter ungünstigen Anbaubedingungen Ertragsleistungen von 25 bis 30 dt/ha bringen dürften. Diese Angaben gelten für das Mittel von Befallsflächen. Es wird Teilflächen geben, auf denen die Erträge niedriger ausfallen, es gibt aber auch Teilflächen mit höheren Erträgen.

Unter günstigen Witterungsbedingungen und bei günstigen Anbaubedingungen sind Erträge von um die 40 dt/ha möglich. Bei der Auswertung wurden Erträge für den Gesamtschlag berechnet, wenn der Anteil befallener Teilflächen zwischen 5 Prozent bis hin zu 50 Prozent liegt und wenn im schlimmsten Falle die Teilflächen mit starkem Befall nur die Hälfte des normalen Ertrages bringen. Unter diesen Annahmen würden bei 30 Prozent Befallsflächen noch 38 dt/ha geerntet und bei 50 Prozent Befallsflächen noch 34 dt/ha.

Allerdings kann es auch zwischen den anfälligen Hybriden Unterschiede in der Kompensationsleistung geben. So brachten zwei Sorten am Standort Lindenhof deutlich geringere Erträge. Beide Sorten waren in anderen ertragssichernden Eigenschaften schwächer und konnten dadurch offenbar den zusätzlich starken Befall mit Kohlhernie nicht so gut kompensieren. Sofern Liniensorten auf Befallsflächen stehen und sehr starken Befall haben, muss davon ausgegangen werden, dass die Ertragsleistungen zu gering sind. Hier sollte im Zweifelsfalle umgebrochen werden.

Wann lohnt sich ein Umbruch?

Welchen Ertrag muss der Winterraps aber mindestens bringen, damit es wirtschaftlich ist, den Bestand weiter zu führen? Beim Winterraps dürfen die bisher bereits getätigten Aufwendungen für Bodenbearbeitung, Saatgut, Düngung und Pflanzenschutz bei dieser Betrachtung nicht mehr in Ansatz gebracht werden. Für die Frage des Umbruchs darf jetzt nur noch der Aufwand angesetzt werden, der bis zur Ernte des Rapses noch anfällt, also die restliche Düngung, Pflanzenschutz, Maschinen und so weiter bis hin zur Trocknung.

Diese variablen Kosten betragen rund 300 Euro/ha. Darin ist eine zusätzliche Unkrautbekämpfung im Frühjahr berücksichtigt, die in normalen Beständen nicht mehr nötig ist, die aber in Kohlhernie geschädigten Beständen Sinn macht, wie zum Beispiel eine Bekämpfung von Kamille.

Zur Erläuterung ein Beispiel: Nach dem Umbruch kommen als Anbaualternative je nach Standort beispielsweise Ackerbohnen oder Futtererbsen in Frage. Mit einem Ertrag von 45 dt/ha würden die Ackerbohnen einen Deckungsbeitrag von 579 Euro/ha bringen. Für die Ackerbohnen wurde der Wert bei innerbetrieblicher Verwertung angesetzt. Unter diesen Annahmen hätte der Winterraps bei mittlerer Anbauintensität mit 19 dt/ha denselben Deckungsbeitrag wie die Alternative „Umbruch und Anbau von Ackerbohnen mit 45 dt/ha Ackerbohnen“.

Welche Anbaualternativen stehen zur Verfügung?

Für die anderen Anbaualternativen wie Sommergerste oder Hafer bei niedrigem Ertragsniveau bewegen sich die notwendigen Gleichgewichtserträge des Rapses etwa in gleicher Höhe. Würden die Ackerbohnen, wie zur Ernte 2011 einen Ertrag von 60 dt/ha oder sogar noch darüber bringen, dann müsste der Raps 26 dt/ha an Ertrag bringen. Das wäre unter sehr starkem Befall und bei ungünstigen Verhältnissen auf einer Kohlhernie-Fläche schon schwieriger.

Wird das Stroh der Ackerbohnen nach dem Mähdrusch siliert und für Biogas genutzt, müssten bei 45 dt/ha Ackerbohnen 26 dt/ha Raps und bei 60 dt/ha Ackerbohnen sogar 33 dt/ha Raps gedroschen werden. Auch das kann unter starkem Befall und bei ungünstigen Verhältnissen auf einer Kohlhernie-Fläche schwierig sein.

Naturgemäß sind diese Berechnun­gen unter anderem auch in Abhängigkeit von den angesetzten Erzeugerpreisen zu sehen. Bei geringeren Erzeugerpreisen für die Sommerungen sind auch geringere Erträge des Winterrapses nötig. Wegen der höheren Ertragsunsicherheit der schwachen Rapsbestände sollte aber ein gewisser Sicherheitszuschlag auf den rechnerisch ermittelten Gleichgewichtsertrag für Raps gegeben werden.

Zusammenfassung: Umbrechen muss gut überlegt und vorbereitet sein

Die Entscheidung zum Umbruch ist schwierig, denn für die Bestandesentwicklung ist neben der Stärke der Schädigung des Wurzelsystems vor allem der weitere Witterungsverlauf entscheidend, und der lässt sich nicht abschätzen. In der Regel dürften geschädigte Bestände die Umbruchschwelle von rund 25 dt/ha erreichen oder darüber liegen. Vielfach können es aber besonders betroffene Teilflächen sein, auf denen ein Umbruch sinnvoll sein kann.

Wichtig für die Ertragsbildung ist eine ausreichende Bestandesdichte. Sie sollte in anfälligen Sorten und bei starkem Befall mindestens 20 Pflanzen/m² betragen. Ein weiteres Kriterium ist der Zustand der Pflanzen. Kräftige Pflanzen können sich besser regenerieren, haben eine bessere Konkurrenzkraft gegen Unkräuter und lassen höhere Erträge erwarten als schwache Pflanzen.

Auch die geschädigten Bestände dürften mittlerweile die erste N-Gabe erhalten haben. Bei starker Schädigung sollte die zweite N-Gabe verringert werden, beispielsweise auf 50 Prozent der sonst üblichen N-Menge. Bleibt der Bestand stehen, kann kurz vor der Blüte noch einmal mit Stickstoff nachgedüngt werden. Versuchsergebnisse der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein haben in gesunden Beständen gezeigt, dass in schwierigen Anbausituationen mit einer solchen 3-geteilten N-Gabe gute Rapserträge erreicht werden. Wichtig ist eine gute Unkrautbekämpfung. Die Konkurrenzkraft der Rapspflanzen ist gering und die Verunkrautung bis hin zur Ernte sollte so gut wie möglich ausgeschaltet werden.

Die Fruchtfolgen sind eng und in vielerlei Hinsicht angespannt. Der Befall mit Kohlhernie ist leider ein Beispiel dafür, wie sich diese engen Fruchtfolgen mit Blick auf den Raps auswirken. Die Anbaualternative mit der besten Vorfruchtwirkung für den folgenden Winterweizen sind die Körnerleguminosen, wie etwa die Ackerbohne. Mit ihnen bleibt der Schlag in einer guten Fruchtfolge. Das gilt insbesondere auch dann, wenn nur Teilflächen eines Rapsschlages umgebrochen werden sollen und der gesamte Schlag im kommenden Herbst mit Winterweizen bestellt werden soll.

Dr. Wolfgang Sauermann, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein