Wiesen richtig beurteilen
Grünlandexkursion mit Standortbeurteilung im Main-Kinzig-Kreis
Zwei Wochen vor dem ersten Schnitt konnten Landwirte gemeinsam mit dem Grünlandexperten Dr. Richard Neff und den LLH-Tier- und Pflanzenproduktionsberatern Angela Mögel und Stephan Brand drei verschiedene Grünlandstandorte im Main-Kinzig-Kreis besichtigen und beurteilen.
Am ersten Standort konnte eine typische Wiese am Fluss KinÂzig mit Staunässe im Frühjahr und lehmigen Ton als Bodenart besichtigt werden. Die Bodenproben ordneten den pH-Wert und die Phosphor- und Kaliumversorgung in die Gehaltsklasse A ein. Die Nutzung entspricht drei Siloschnitten und einer mineralischen Düngung von Stickstoff zu jedem Schnitt. Das Abschleppen im Frühjahr erfolgt ohne Ãœbersaat. Entsprechend hat sich die Gräserzusammensetzung angepasst. Das minderwertige Wollige Honiggras (Holcus lanatus) und der sehr früh blühenÂde Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis) zeigten einen deutÂlichen Anteil an der GrasnarÂbe.Handlungsempfehlungen geben
Daneben bestimmte der Gräserexperte Dr. Neff den horstbildenden und auch den ausÂläuÂferÂtreibenden Rotschwingel (FesÂtuca rubra), die schwer bekämpfbare Rasenschmiele (Dechampsia cespitosa) und einige minÂderwertige Kräuter. Das Ziel des Landwirtes war es, den Ertrag der Fläche zu erhöhen und die Qualität der Grassilage (EnerÂgiedichte, Faserfraktion) zu verÂbesÂsern. Die Berater gaben folÂgenÂde Handlungsempfehlung: bei weniger als 30 Prozent wertÂvolÂlen Pflanzen im Bestand ist eine Neuanssaat empfehlenswert.
Aufgrund der hohen Kosten und dem Risiko eines witterungsbedingten Totalausfalles wurde ein Nachsaat mit 20 kg/ha Saatgut mit Schlitztechnik (Anteil der Gemeinen Rispe war geÂring) nach dem zweiten Schnitt empfohlen. Zudem sollte die WieÂse in Abständen gekalkt und mit einem Mehrnährstoffdünger gedüngt werden. Das Streuen von verrotteten Rindermist im Herbst ist ebenfalls möglich oder der Zukauf von Rindergülle als MehrÂnährstoffdünger. Die NachÂsaat sollte jährlich wiederholt werden.
Die benachbarte, vor fünf JahÂren angelegte Neuansaat zeigte, dass sich wertvolle Gräser wie Wiesenlieschgras (Phleum pratense), Deutsches Weidelgras (Lolium perenne) und Wiesenschwingel (Festuca pratensis) an diesem Standort halten können.
Zur Mischung des Saatgutes
Zur Mischung des Saatgutes der Nachsaat legte Dr. Neff besonderen Wert darauf, die Produkte mit dem roten Etikett der Qualitäts-Standard-Mischung zu nutzen. Die im Produkt enthaltenen Sorten sind in einer länÂderübergreifenden Ausdauerprüfung in Mittelgebirgsregionen geprüft und empfohlen. Für eine Nachsaat sollte speziell eine Mischung für die Nachsaat und nicht für eine Neuansaat verÂÂwendet werden. In einer NachÂÂsaatmischung (GV) sind auf jedem Standort mittelfrühe und späte Deutsche Weidelgräser zu empfehlen.
KonkurrenzÂdruck der Altnarbe
Das Deutsche Weidelgras ist das einzige Gras, welches sich unter dem KonkurrenzÂdruck der Altnarbe etablieren kann. Sortenempfehlungen für Grünlandmischungen sind unter: www.llh-hessen.de ->Landwirtschaft -> Pflanzenproduktion -> Grünland -> Sortenempfehlung Grünland zu finden oder bei den Tier- und Pflanzenproduktionsberatern des LLH zu erfragen.
Grünlandstandort am südöstlichen Ausläufer des Vogelsberges in 400 m Höhe: Der Name Ulmbach (vom altdeutschen ula = Topf oder ulner = Töpfer) deuÂtete auf den Untergrund der Wiese. Pflanzenproduktionsberater Brand verdeutlichte dieses mittels Spaten und BohrÂstock. Die Landwirte konnten die tonige Konsistenz des Bodens erfühlen und die Auswaschung des Kalkes (Pseudogley) in tiefere Bodenschichten am Bohrstock sehen. Die GräserÂzusamÂmenÂÂsetzung spiegelte die NachÂÂsaatintensität (vor und nach dem ersten Schnitt mit einer GüttÂler-Nachsaatmaschine) wider. Das Deutsche Weidelgras nahm einen Anteil von 20 Prozent der Narbe ein. Das Ziel des Landwirtes war es, die Qualität der Grassilage zu verbessern. Der bestandsbildende Anteil (35 Prozent) WiesenfuchsÂschwanz sowie 10 Prozent Welschen Weidelgras vereiteln das durch den frühen Blühzeitpunkt. Das zeigte der Rohfasergehalt des ersten Schnittes 2009 mit 29 Prozent.

Foto: Angela Mögel
Ausbringen der Grassamen
Auf die Frage zum Einmischen der Grassamen in die GülÂle, antwortete Neff, dass es nur einen Erfolg auf lückigen Flächen ohne der bodenbedeckenden Gemeinen Rispe (Poa trivialis) verspreche. Versuche verdeutlichen außerdem, dass es nur in Regionen mit mehr als 800 mm Niederschlag pro Jahr zu guten Erfolgen führt. Eine mögliche Begründung sind die Schleimstoffe in der Gülle, welche konzentriert toxisch auf das Wurzelwachstum reagieren. Regnet es nach der Gülleausbringung ist diese Gefahr vermindert.
Grünlandstandort auf Braunerde
Auch für die Ausbringung der Grassamen mit dem mineraliÂschen Dünger bedarf eines lückigen Bestandes. Dabei ist zudem noch zu beachten, dass die Grassamen mit dem geringen Tausendkorngewicht nicht soweit geworfen werden wie der Dünger. Eine Möglichkeit wäre die Düngermenge zu halbieren und die Fahrgassen enger zu wähÂlen. Ferner wurde ein Grünlandstandort in Schlüchtern mit Braunerde auf Muschelkalk besichtigt. An diesen dritten StandÂort trat bereits in einer Spatentiefe der Muschelkalk zum VorÂÂschein. Der pH-Wert von 7,1 verdeutlichte den Einfluss des Ausgangsgesteins. Auch dieser Landwirt äußerte sein Ziel, die Grassilagequalität durch eine höherwertige GräserÂzusamÂmensetzung zu verbessern. Deshalb hat er den Bestand im April gestriegelt und mit einem Schlitzgerät 25 kg/ha Saatgut nachgesät und anschließend gewalzt.
Witterung hat Einfluss
Nur an wenigen lückigen Stellen konnte man frisch aufgelaufene Gräser säen. Die mögliche Erklärung, warum diese MaßnahÂme möglicherweise keinen Erfolg zeigt, ist der frühe Termin der Nachsaat und die kühle Witterung. Der Bestand hat zudem einen Anteil von 20 Prozent Gemeiner Rispe. Diese aus dem Grünland zu striegeln, zeigt nur dann einen Erfolg, wenn der Boden trocken und die Witterung warm ist. Die Pflanze wird mit der Wurzel aus dem Boden gerissen. Damit das Saatkorn auch den Boden erreicht, beziehungsweise die Gemeine Rispe nicht wieder anwurzelt, ist es zu empfehlen sie zusammen zu schwaden und von der Fläche abzufahren. DesÂhalb wurde dem Landwirt die Empfehlung gegeben, zukünftig die Nachsaat nach dem zweiten oder dritten Schnitt vorzunehmen.
Nachsaat oder Ãœbersaat?
Als Unterschied zwischen der Nachsaat und Ãœbersaat betonte Dr. Neff, dass Nachsaat eine Reparaturmaßnahme sei. Ãœbersaat führe dagegen jährlich dem Bestand Saatgut zu, welches aufgrund der Schnittnutzung fehlt. Auf die Frage von Landwirten, ob eine Heunutzung der Silagefläche die Ãœbersaat überflüssig macht, antwortet er mit einem Nein. Lässt man die Wiese zur Silagegewinnung blühen und aussamen, werden die ungeÂwünschÂÂten, weil früh blühenden Gräser (wie zum Beispiel Wiesenfuchsschwanz, Knaulgras (Dactylus glomerata)) gefördert. Mögel, LLH Wächtersbach