Wildschaden – was kann der Landwirt und Winzer tun?

Fristen und Abläufe müssen eingehalten werden

In Rheinland-Pfalz ist die Schwarzwildpopulation aktuell sehr hoch. Dies bedeutet nicht nur ein höheres Risiko für den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest, sondern auch steigende Wildschäden auf den Feldern und in den Weinbergen der Jagdgenossen sowie ihrer Landpächter. Leider ist immer wieder festzustellen, dass Landwirte und Winzer keinen Wildschadensersatz erhalten, weil sie bestimmte Fristen und Abläufe im Wildschadensverfahren aus Unkenntnis nicht einhalten.

  • Wildschaden – was kann der Landwirt und Winzer tun?

    Foto: djv

    Wer haftet im Schadensfall?

Gemäß § 39 LJG-RLP ist der durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen verursachte Wildschaden auf den bejagbaren Flächen im Jagdbezirk von der Jagdgenossenschaft zu ersetzen. Schäden durch Saatkrähen, Wildgänse oder Hasen sind nicht ersatzpflichtig. Manche Jagdausübungsberechtigte verpflichten sich in dem Jagdpachtvertrag, den Wildschadensersatz zu übernehmen, da sie für die Bejagung zuständig sind und den Wildbreterlös haben. Bei der Wildschadensvereinbarung gibt es die unterschiedlichsten Modelle. Sollten im Jagdpachtvertrag Einschränkungen in der Haftung des Jagdpächters vereinbart worden sein, so gelten diese nur im Innenverhältnis zwischen Jagdpächter und Jagdgenossenschaft. Übernimmt der Jagdpächter nicht den Wildschaden oder nur zum Teil (nach Art oder Höhe), so haftet die Jagdgenossenschaft für die nicht übernommenen Schäden und für die übersteigende Schadenshöhe. Insofern haftet entweder der Jagdausübungsberechtigte, die Jagdgenossenschaft oder beide zusammen für den Wildschaden. Die beste Variante aus jagdgenossenschaftlicher Sicht ist die Übernahme der uneingeschränkten Haftung bei Wildschäden durch den Jagdpächter. Meistens werden aber Wildschadensdeckelung oder Wildschadenspauschalen vereinbart. Abhängig von Häufigkeit und Höhe des Schadensersatzes kann eine Jagdgenossenschaft in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Sollte die Jagdgenossenschaft nicht über genügend Kapital verfügen, so könnte sie bei den Jagdgenossen eine Umlage erheben.

Dies bedeutet, dass der Jagdgenosse seinem Landnachbar oder seinem Bewirtschafter den Wildschaden entsprechend seiner Beteiligung in der Jagdgenossenschaft indirekt ersetzen muss. Um dies zu verhindern, sollten die Jagdgenossen die Genossenschaftsversammlungen besuchen und ihren

Einfluss beim Abschluss des Jagdpachtvertrages ausüben und bei der Reingewinnverwendung eine Rücklagenbildung fordern.

Der Ablauf eines Wildschadensverfahrens

  • Anmeldung

Wird ein Wildschaden festgestellt, so muss der Geschädigte den Schadensfall binnen einer Woche bei der Kommunalbehörde (Gemeinde-, Verbandsgemeinde- oder Stadtverwaltung) anmelden. Die Frist beginnt mit der Entdeckung des Schadens oder wann der Schaden bei Beachtung einer gehörigen Sorgfalt hätte entdeckt werden müssen. Wann ein Schaden hätte bei gehöriger Sorgfalt entdeckt werden müssen, ist nicht eindeutig formuliert und kann zu Streit führen. Manche Gerichte haben entschieden, dass der Landwirt alle vier Wochen seine Flächen begutachten sollte. Allerdings ist in den Regionen, die verstärkt von Wildschäden betroffen sind, eine größere Sorgfalt anzuwenden, sodass es erforderlich sein kann, seine Flächen öfter in Augenschein zu nehmen. Um den Ersatzanspruch nicht zu verlieren, sollten zumindest alle zwei Wochen die Flächen inspiziert werden, insbesondere, wenn damit gerechnet wird, dass Schäden vermehrt auftreten, oder wenn sich das Getreide in der Milchreife befindet. Ein wöchentliches Kontrollintervall wird aufgrund der heute herrschenden Betriebsgrößen nicht mehr verlangt. Der Bundesgerichtshof wendet dabei den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit an.

Eine Wochenfrist beginnt immer mit Ablauf des Tages, an dem der Schaden entdeckt wurde. Wurde der Schaden dienstags entdeckt, so beginnt die Frist am Mittwoch und der Schaden muss bis zum nächsten Dienstag gemeldet worden sein. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so ist der Schaden an dem nächsten Werktag spätestens zu melden. Wurde die Frist versäumt, so kann für den Schaden kein Ersatzanspruch geltend gemacht werden.

Es bestehen keine Vorschriften, wie die Anmeldung zu erfolgen hat. Daher kann dies schriftlich, mündlich oder telefonisch durch den Geschädigten persönlich vorgenommen werden. Allerdings muss angegeben werden: genaue örtliche Lage, wie Schlag oder Grundstücksparzelle, Zeitpunkt der Entdeckung, ob es sich um einen Wild- oder Jagdschaden handelt und wer der Haftende ist. Sollte die Schadensart falsch benannt sein und ist der Haftende dem Geschädigten nicht bekannt, so hat dies keine Konsequenzen für den Ersatzanspruch. Die Behörde muss dann selbst ermitteln, wer haftet und die Schadensart wird gegebenenfalls durch den Wildschadensschätzer festgestellt. Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz hat auf ihrer Homepage ein Formular zur Wildschadensanmeldung zum Download bereitgestellt.

Die Anmeldung ist für jeden Schaden gesondert vorzunehmen. So sind Folgeschäden zwischen der Anmeldung und schon einem anberaumten Ortstermin erneut anzumelden. Der Gutachter kann erkennen, ob es sich um einen etwas älteren Schaden handelt oder ob dieser frisch entstanden ist. Sollte keine erneute Anmeldung erfolgen, so wird nur für den bereits gemeldeten Schaden Ersatzanspruch zugestanden.

Wildschäden an den forstwirtschaftlichen Kulturen müssen jeweils zum 1. Mai oder 1. Oktober gemeldet werden.

  • Schriftliche private Einigung:

Gemäß § 45 LJVO-RLP muss der Geschädigte innerhalb einer Woche nach der Anmeldung der Kommunalbehörde mitteilen, ob es zwischen ihm und dem Schadensersatzverpflichtendem zur Einigung gekommen ist. Ist dies der Fall, findet kein Vorverfahren statt. Um abgesichert zu sein, sollte die Einigung schriftlich festgehalten und von den Beteiligten unterschrieben werden und jeder eine Kopie erhalten. Sollte der Schadensersatzverpflichtende trotz aller mündlicher Zusagen den Schaden nicht beheben, so können sie diesen noch vor dem Gericht geltend machen.

  • Meldung – keine Einigung

Kommt es innerhalb einer Woche nicht zur Einigung, so muss dies innerhalb der zweiten Wochenfrist der Behörde mitgeteilt werden. Wird dies versäumt, so bleibt der Ersatzanspruch trotzdem erhalten. Es könnte passieren, dass die Behörde die Durchführung des Vorverfahrens ablehnt. Es kann dann eine gerichtliche Klage oder ein selbständiges Beweisverfahren erhoben werden. Bei der Meldung der fehlenden einvernehmlichen Regelung der Beteiligten ist von dem Geschädigten auch die Schadenshöhe mitzuteilen. Die Behörde wird dann einen Termin am Schadensort festsetzen und einen Wildschadensschätzer hinzuziehen. Zwischenzeitlich muss auch der Ersatzpflichtige Angaben zur Schadenshöhe machen. Zu laden sind alle Beteiligten. Gibt es mehrere Haftende, so müssen alle geladen werden – Jagdpächter und die Jagdgenossenschaft. Selbst wenn der Jagdpächter die Haftung für den Wildschaden im Jagdpachtvertrag übernommen hat, muss die Jagdgenossenschaft geladen werden, denn im Zweifelsfall trifft diese die Haftung. Wurde die Jagdgenossenschaft nicht geladen, so wäre der Wildschaden gegen die Körperschaft nicht gerichtlich durchsetzbar. Ob jemand von der Jagdgenossenschaft am Ortstermin tatsächlich teilnimmt, ist diesbezüglich aber unerheblich.

  • Ortstermin

Der Ortstermin ist unverzüglich anzusetzen. Dies bedeutet, er muss so zeitnah erfolgen, damit eine Ursachenfeststellung getroffen werden kann. Drei Monate später ist nicht mehr zeitnah. Im Ortstermin wird versucht, die Beteiligten noch zu einer gütlichen Einigung zu bewegen. Über die Einigung ist eine Niederschrift anzufertigen, die hinreichend bestimmt sein und von den Parteien unterschrieben sein muss. Die Niederschrift stellt dann auch einen Vollstreckungstitel dar. Sollte der Schaden nicht ersetzt werden, so kann gegebenenfalls vollstreckt werden. Es muss kein gerichtliches Mahnverfahren durchgeführt werden.

Eine detaillierte Dokumentation ist wichtig

  • Beweissicherung

Kommt es beim Ortstermin zu keiner Einigung, so wird die Schadenshöhe von dem Wildschadensschätzer festgestellt. Es wird den Bewirtschaftern empfohlen, sich nicht alleine auf die Behörde und den Gutachter zu verlassen, sondern selbst ebenfalls Beweise durch Fotos oder Zeugen zu sichern. Weiterhin ist darauf zu achten, dass der Gutachter die Schadensfläche nach Länge und Breite ausmisst und die geschädigten Pflanzen pro Quadratmeter auszählt, sodass das Gutachten weniger angreifbar ist, falls es doch noch zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Im Ortstermin kann von jedem Beteiligten ein weiterer Ortstermin kurz vor der Ernte beantragt werden. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich unter anderem nach dem Verhältnis zum Erntezeitpunkt. Dies bindet jedoch nicht den Wildschadensschätzer von der Verpflichtung, den Wildschaden im ersten Ortstermin detailliert zu dokumentieren.

  • Vorbescheid

Anhand des Ergebnisses im Ortstermin erlässt die Behörde einen Vorbescheid. Im Bescheid sind alle Haftende als Gesamtschuldner aufzuführen und allen Beteiligten zuzusenden. Der Vorbescheid ist ein Vollstreckungstitel. Wird die Änderung des Bescheids begehrt, so kann dies nur durch eine Klage beim Zivilgericht erreicht werden.

  • Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung sollte gesondert erfolgen, da diese nur auf dem Verwaltungsrechtsweg angreifbar ist. Grundlagen für die Kostenentscheidung ist die Höhe des im Vorbescheid festgelegten Wildschadens sowie die Angaben zur Schadenshöhe der Beteiligten.

Frauke Mundanjohl – LW 30/2019