Wildschäden kalkulieren

Richtsätze zur Schadensregulierung für Herbst/Winter 2010/11

Bei der Bewertung von Wildschäden sind Richtwerte zur Ermittlung von Aufwuchsschäden an landwirtschaftlichen Kulturen eine wertvolle Hilfe. Aber auch für die Kalkulation von Aufwuchs­schä­den, die durch Wege-, Leitungs- und Straßenbau sowie sonstige Haftpflichtschäden in land­wirtschaftlichen Kulturen verursacht werden. Dr. Günther Lißmann, Sachverständiger beim Re­gierungspräsidium Kassel, stellt die neuen Richtwerte vor und gibt Hinweise, worauf bei der Schadensermittlung zu achten ist.

Saatbettkombination mit Kreiselgrubber und Sämaschine.

Foto: Günther Lißmann

Wer beispielsweise Schwarzwildschäden in der Grasnarbe nicht repariert, riskiert Minderertrag und eine schlechte Futterqualität. Dazu müssen die Kosten der Reparatur und Möglichkeiten der maschinellen Schadensbeseitigung ermittelt werden. Je nach Jahreszeit sind Reparaturen an der Grasnarbe mehr oder weniger zeitnah zum Schadensereignis durchzuführen. So können in der vegetationsarmen Zeit, beispielsweise von Oktober bis März ent­stan­dene Narbenschäden und über den Winter entstandene mög­liche Folgeschäden, gemeinsam zu Beginn der Vegetationsperiode im März/April repariert werden. Das spart Kosten, da Rüst- und Wegezeiten nur einmal anfallen. Schäden während der Vegetationsperiode, beispielsweise von April bis September sind dagegen zeitnah zu reparieren, um sich daraus eventuell ergebende Folgeschäden zu vermeiden. Eine fachgerechte Reparatur ist wichtig. Die Reparaturkosten sind von der Schadenstiefe, vom Schadbild, Einzel- oder Flächenwürfe, und von der Größe der Schadensfläche insgesamt abhängig. Je nach Schadensumfang können unterschiedliche Reparaturverfahren zum Einsatz kommen, eben so entstehen dabei unterschiedliche Kosten.
1. Kleine und punktuelle Schäden können im Handarbeitsverfahren beseitigt werden. Dabei sind die Grassoden in die Aufwurffläche zu legen und mit dem Fuß anzudrücken. Gegebenenfalls müssen Unebenheiten mit Erde ausgeglichen und entstandene Lücken nachgesät werden. Bei mehreren punktuellen Schäden auf einer Wiese von in der Summe bis maximal 500 m2 ist dies das wirtschaftlichste Verfahren. Bei diesem Verfahren sind je nach Schadensausprägung Kosten von 15 bis 30 Cent pro m2 zu kalkulieren.
2. Größere und flächige Schäden erfordern maschinelle Reparaturverfahren. Werden die Arbeiten mit auf dem Betrieb vorhandenen Maschinen durchgeführt, so sind in der Regel drei bis vier Arbeitsgänge erforderlich: Abschleppen, Bodenbearbeitung mittels Fräse, Mulchgerät oder Kreiselegge, Säen mit Über- oder Nachsaattechnik und Rückverdichtung des gelockerten Bodens mittels Walze. Diese absätzigen Verfahren sind teuer. Bei Schadflächen von 0,1 ha bis 0,5 ha entstehen dabei Kosten im Mittel von etwa 6 Cent pro m2. Bei Schadflächen mit einer Größe von 0,5 bis 1 ha sind auch noch Kosten im Mittel von 4 Cent pro m2 zu kalkulieren.
3. Am kostengünstigsten sind Grünlandreparaturen mittels Maschinenkombinationen oder Spezialmaschinen, die teilweise bei Landwirten vorhanden sind, in vielen Fällen aber durch Maschinenringe oder Lohnunternehmen bereitgestellt werden. Der Einsatz solcher Maschinen erfordert teilweise längere Anfahrtswege, wenn sie beim Landwirt nicht verfügbar sind. Die Anfahrt lohnt sich aber, da gerade bei größeren Reparaturflächen von über einem Hektar mit diesen Maschinen gute Ergebnisse erzielt werden. Die Kosten können bei diesen Verfahren im Mittel auf 2 Cent pro m2 gesenkt werden.
Die Richtwerte gelten für eine mittlere Schadenstiefe von 5 bis 10 cm und für eine mittlere Schadensdichte. Als Reparaturfläche wird die gesamte mit der Maschine zu überfahrende Fläche gerechnet. Entscheidend für Aufwand und Kosten der Reparatur ist jedoch letztlich die Schadensausprägung insgesamt. So können je nach Intensität des Schadens, wie bei verein­zelten flachen Aufbrüchen oder Stippen noch entsprechende Abschläge von den Richtwerten vorgenommen werden. Bei tiefen flächigen Schäden sind dagegen entsprechende Aufschläge zu den Richtwerten vorzunehmen. Die Werte beziehen sich nur auf die Wiederherstellungskosten. Die Kalkulation des Aufwuchsschadens ist der zweite Bestandteil der Schadensersatzberechnung und kann aus den Richt­werten in Tabelle „Futterpflanzen“ abgeleitet werden.

Maschinenkombinationen

Ist eine Saatbettkombination mit Kreiselgrubber und Sämaschine im landwirtschaftlichen Betrieb vorhanden, so eignet sich diese Maschine für großflächige und tiefgründige Narbenschäden. Die rotierenden Zinken zerteilen und verteilen die Plaggen gleichmäßig und sorgen bei flacher Einstellung der Bearbeitungstiefe für eine gute Nivellierung. Die aufgebaute Sämaschine erledigt gleichzeitig die Übersaat. Der Saatstriegel sollte hochgeklappt werden, da Narbenteile herausgerissen werden könnten und obenauf liegen bleiben. Richtig störungsfrei arbeitet die Sämaschine wenn sie mit Scheibenscharen ausgestattet ist. Zwecks besserer Rückverfestigung ist ein zusätzlicher Walzgang erforderlich.

Spezialmaschinen

Der „Wiesenhobel“ ist eine über die Zapfwelle angetriebene Maschine. Die Grasplaggen werden durch zwei hintereinander angeordnete gegenläufige Schnecken quer zur Fahrtrichtung, sowie durch die Vorfahrt auch in Fahrt­richtung verteilt. Ãœber Schneckenwellen ist ein elektrisch angetriebenes Säaggregat zur Breitsaat angebracht. Eine nachlaufende Stützwalze drückt den lockeren Boden an und gibt dem gleichzeitig ausgebrachten Saatgut den notwendigen Bodenschluss. Bei entsprechend abgetrocknetem Boden erzielt dieses Gerät eine gute Arbeitsqualität. Eine relativ neue Spezialmaschine für die Beseitigung von Grünlandschäden ist der „Büffel“. Das Gerät wird von der hintersten der insgesamt vier Werkzeugwalzen angetrieben. Dabei greifen seitlich aufgeschweißte Dornen in den Boden und treiben die Walzen rein mechanisch über eine Kette an. Die erste mit Leisten versehene Fräswalze läuft mit erhöhter Geschwindigkeit und scharrt Grasboden sowie Erde nach hinten. Die beiden folgen­den Schneckenwalzen rotieren gegeneinander. Sie zerkleinern und ver­tei­len das Bo­den­material gleichmäßig über die gesamte Ar­­beitsbreite. Abschließend sorgt die Andrück- und Antriebswalze für den geeigneten Bodenschluss. Zur erfolgreichen Bearbeitung einer stark zerwühlten Fläche, sind zwei Ãœberfahrten erforderlich, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Die Ãœberfahrt auf ungeschädigter Grasnarbe verursacht kaum Spuren und erfordert daher kein Ausheben. Den „Büffel“ gibt es für den Front- und für den Heckanbau. Der Frontanbau hat den Vorteil, dass die Wühlschäden nicht mit dem Traktor überfahren werden, bevor die Maschine sie bearbeitet hat. Wird noch ein Sägerät mitgeführt, lässt sich in einem beziehungsweise zwei Arbeitsgängen auch eine Neuansaat oder Nachsaat gut erledigen.

Reparaturerfolg

Der Saatgutaufwand bei der Grünlandreparatur hängt davon ab, ob eine Neuaussaat oder eine Nachsaat erforderlich ist. Bei einem Schädigungsgrad von über 50 Prozent sollte immer die Tendenz zur Neuansaat mit 30 bis 35 kg/ha Aussaatmenge gehen. Bei punktuellen Schäden reicht die Nachsaatmenge von 10 bis 15 kg/ha. Die Preise für gute Wiesenmischungen liegen bei 3,50 Euro/kg. Auflaufzeiten betragen bei günstigen Bedingungen zwei bis sechs Wochen. Die Gräser können aber auch noch nach zwei bis sechs Monaten auflaufen. Herbstaussaaten unter Ausnutzung der Winterfeuchte sind bis Ende September günstig, spätere Schäden sollten im Frühjahr, je nach Witterung bis spätestens Anfang April repariert sein. Wichtig für den Reparaturerfolg ist, dass der Boden vor der Bearbeitung ausreichend abgetrocknet ist. Er sollte krümelnd in der Narbe zerfallen und nicht die Narbe zuschmieren und ersticken, wodurch nur die Keimung von Unkrautsamen begünstigt wird.
In den Richtwerten der Tabellen für die Maschinenarbeitsverfahren sind Lohnkosten für den Fahrer, die Betriebskosten des Schleppers und der Arbeitsgeräte sowie die Kosten für den Grassamen enthalten. Dünger und möglicher Pflegeaufwand (Schröpfschnitt) oder längere Anfahrtswege sind in den Richtwerten nicht enthalten.