Wintergetreide-Vermehrung 2020 erheblich reduziert

Besonders Winterweizen wurde zurückgenommen

Die Anmeldung der Wintergetreide-Vermehrungsflächen erfolgt alljährlich zum 31. März, so dass nun das vorläufige Zahlenmaterial für das gesamte Bundesgebiet in zusammengefasster Form vorliegt. Demnach liegen die angemeldeten Vermehrungsflächen bei Wintergetreide bei 101 825 ha, was einer Abnahme gegenüber dem Vorjahr von -9761 ha oder einem Minus von fast 9 Prozent entspricht und damit eine vergleichbare Größenordnung wie 2018 erreicht.

Eine nachträgliche Abtrennung zwischen Getreideschlägen kostet Zeit und Geld, auch wegen der Nachbesichtigung.

Foto: Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Nachdem im Vorjahr die Wintergetreidevermehrungen in Deutschland kräftig ausgedehnt worden waren (+ 13,6 Prozent), wurden diese für die Ernte 2020 wieder erheblich zurückgenommen – mit deutlichen Unterschieden zwischen den Bundesländern und den Fruchtarten. Während 2019 die Vermehrungen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein besonders stark gepuscht worden waren, sind dies in diesem Jahr die Länder mit den höchsten absoluten Rückgängen. Schwerpunktmäßig betrifft es den Winterweizen und das kommt nicht ganz unerwartet. 2017 war das bekannte Nässejahr, so dass im Herbst nicht der vorgesehene Anbauumfang, insbesondere bei Winterweizen und hier wiederum besonders in den nördlichen Bundesländern, realisiert werden konnte. Mit der Aussaat für die Ernte 2019 wurde dies dann mehr als kompensiert.

Zumindest war vielerorts der Saatgutabsatz bei Winterweizen mehr als unbefriedigend. Das lag nicht nur an den Mengen, sondern die beiden Dürrejahre haben pflanzenbaulich unter anderem häufig niedrigere TKM-Werte gefördert, was zu Lasten des Saatgutbedarfs geht. Weiterhin haben besonders diese beiden Jahre auch finanzielle Substanz gekostet. Nicht wenige Betriebe haben aus der Not heraus verstärkt auf Nachbau zurückgegriffen. Ob das ökonomisch sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.

Nässe, Frost und Trockenheit

Weiterhin verminderte teilweise Nässe im Herbst 2019 eine voll umfängliche Wintergetreideaussaat. Auch hier waren die Küstenregionen wieder etwas stärker betroffen. Der Winter fiel überwiegend sehr mild aus, so dass bis in die letzten Tage des Märzes nirgendwo von Auswinterungen ausgegangen wurde. Dann traten allerdings überall Nachtfröste auf, die in Sachsen-Anhalt, Sachsen, im nördlichen Brandenburg und in Vorpommern örtlich mitunter sehr heftig ausfielen und insbesondere frühe Winterweizensorten aber auch Wintergerste geschädigt wurden. Zwischenzeitlich bereitete erneut auftretender Wassermangel erhebliches Kopfzerbrechen.

Bevor auf die Zahlen zu den einzelnen Fruchtarten eingegangen wird, sei darauf hingewiesen, dass die Vermehrer im amtlichen Anerkennungsverfahren dafür Sorge tragen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Dies betrifft die Parameter Besatz einschließlich Sortenreinheit, Gesundheit und Abtrennung beziehungsweise Mindestentfernung, letzteres zur Vermeidung von Vermischungen beziehungsweise Fremdbefruchtungen.

Minus 8,7 Prozent bei Wintergetreide-Vermehrungen

In Deutschland wurde die Vermehrung von Wintergetreide in diesem Jahr stark zurückgenommen und zwar um 9761 ha, sodass die Gesamtvermehrungsfläche für Wintergetreide nun bei vorläufig 101 825 ha liegt. Dies spiegelt sich bedingt auch in den vorläufigen Anbauzahlen für Wintergetreide wider. Danach wurde die Gesamtanbaufläche von Wintergetreide spürbar (-3,8 Prozent) auf 5,2 Mio. ha eingeschränkt, also rund 300 000 ha weniger als im Vorjahr. Die stärkste Einschränkung erfuhr der Winterweizen mit -7,1 Prozent, er liegt nun mit 2,8 Mio ha wieder unter der 3-Mio.-ha-Marke.

Winterroggen gewann 5,6 Prozent (670 800 ha), Wintergerste verlor leicht (-1 Prozent) und erreicht 1,3 Mio. ha. Wintertriticale ging im Anbau um 3,8 Prozent (344 400 ha) zurück. Dagegen legte Winterraps endlich wieder zu (+11,8 Prozent) und erreichte 952 700 ha.

Ähnlich ist die Situation in den Vermehrungen, leichte Abnahmen bei Wintergerste und übersichtliche Zunahmen bei Winterroggen. Dagegen sind bei Wintertriticale relativ und bei Winterweizen relativ und absolut betrachtet, erhebliche Abnahmen zu verzeichnen.

Wintergerste nahezu unverändert

Nachdem drei Jahre hintereinander die Vermehrungsfläche bei Wintergerste mehr oder weniger stark ausgedehnt worden war, geht sie in diesem Jahr um 941 ha zurück auf eine Fläche von insgesamt 26 560 ha. Vermehrungsschwerpunkte liegen mit über 3800 beziehungsweise 3700 ha weiterhin in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit fast 3000 ha.

Hauptsorte in der Vermehrung ist in diesem Jahr KWS Orbit mit 2766 ha (+1220 ha), gefolgt von KWS Kosmos mit 2170 ha (-996). Dann folgen die zweizeiligen Sorten California und Sandra mit gut 1900 beziehungsweise knapp 1800 ha. Schließlich folgen mit Quadriga, KWS Higgins, SU Jule und Lomerit vier mehrzeilige Sorten mit Flächen zwischen knapp 1600 und 1200 ha. Dann kommt die erste Hybridsorte SY Galileoo und auf Platz 10 die ebenfalls mehrzeilige Sorte SU Ellen. Relativ neu mit erheblichen Zunahmen wartet die zweizeilige EU-Sorte Bordeaux auf.

Winterweizen-Vermehrung um über 10 000 ha zurückgefahren

Während bei Winterweizen die Vermehrung im Vorjahr am stärksten ausgedehnt worden war, wurde diese nun um 10 095 ha gegenüber der Ernte 2019 eingeschränkt. Besonders in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen wurden deutlich weniger Vermehrungen angelegt. Letztlich wurde aber in allen Bundesländern recht deutlich zurückgefahren, die Spanne reichte von -11,2 Prozent in Rheinland-Pfalz bis -26,2 in Mecklenburg-Vorpommern, im Durchschnitt lag der relative Rückgang bei -17,4 Prozent. Hauptvermehrungsregionen sind wie in den Vorjahren Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen.

Mit 530 ha ist RGT Reform (A) immer noch die vermehrungsstärkste Sorte, wurde aber um 3848 ha gegenüber 2019 zurückgenommen. Auf Platz 2 folgt nun Informer (B) und dann die A-Sorte Asory. Mit deutlichem Abstand folgen dann LG Initial (A) und Ponticus (E), beide Sorten haben etwas an Fläche verloren. Mit den beiden B-Sorten Chevignon und Campesino folgen zwei Kandidaten mit erheblichen Zuwächsen und knapp 2000 beziehungsweise gut 1700 ha Vermehrungsfläche. Die beiden dann folgenden A-Sorten Patras und Apostel sind etwas zurückgenommen worden, während die dann 10. Stelle folgende A-Sorte RGT Depot spürbar ausgedehnt wurde. Mit ebenfalls Vermehrungsflächen oberhalb von 1000 ha folgen KWS Talent (B), Elixer (C) und KWS Emerick (E).

Hinsichtlich der Qualitätsgruppen ist der Anteil an A-Sorten mit 50,7 Prozent (2019: 56,2 Prozent) spürbar zurückgegangen, derjenige von B-Sorten hat mit 29,9 Prozent (2019: 25,1 Prozent) erkennbar zugenommen und der Anteil an C-Sorten mit 3,4 Prozent (2018: 5,1 Prozent) etwas abgenommen. E-Sorten liegen nun mit anteilig 14,1 Prozent erneut über dem Vorjahresniveau (12,6 Prozent).

Die Vermehrung von Spelzweizen wurde erneut kräftig um 1458 ha auf 3481 ha erweitert. Hauptvermehrungsregionen sind hier weiterhin vor allem Baden-Württemberg und Bayern. Hauptsorten in der Vermehrung sind auf den ersten Plätzen Zollernspelz, Albertino, Zollernperle und Franckenkorn.

Die Nischenfruchtart Winterhartweizen wird im Umfang von 775 ha (2019: 774 ha) vermehrt. Schwerpunkte sind hier Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Winterroggen gewinnt leicht

Nachdem bereits in den beiden vergangenen Jahren nach zwei Jahren mit weniger als 10 000 ha Vermehrungsfläche in Deutschland wieder mehr als 10 000 ha Winterroggen vermehrt wurden, liegt diese nun gar bei 12.753 ha. Hauptvermehrungsregionen in Deutschland mit mehr als 2000 ha sind weiterhin Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Nachdem mehrere Jahre hintereinander in Deutschland mehr Populationssorten als Hybriden vermehrt wurden, hat sich dieses Verhältnis im vergangenen Jahr wieder gedreht. Die Hybriden kommen auch 2020 auf einen Anteil von 51,4 Prozent.

Angeführt wird die Sortenrangliste nun von der Populations- und Grünroggensorte Protector, was sicherlich auch als Folge der beiden Dürrejahren plus Mäuseplage und dem damit einhergehenden Futterdefizit im Grünlandbereich geschuldet ist. An zweiter Stelle folgt die EU-Hybride KWS Tayo. Auf den Plätzen 4 bis 6 folgen mit KWS Trebiano, KWS Serafino und SU Performer weitere Hybridsorten, die jeweils mehr als 800 ha Vermehrungsfläche aufweisen. Schließlich folgen mit Inspektor (Pop.), KWS Eterno und SU Popidol (Pop.) weitere Sorten mit Flächen oberhalb von 700 beziehungsweise 600 ha.

Wintertriticale verliert deutlich

Bei Wintertriticale wurden die Vermehrungen um 11 Prozent reduziert. Die Vermehrungsfläche erreicht nun insgesamt 10 376 ha, das sind 1286 ha weniger als 2019. Bei den Sorten hat Lombardo seine dominierende Rolle trotz eines Minus von 441 ha auf nun 4412 ha weiter behauptet. An zweiter Stelle folgt mit 1 204 ha die Sorte Ramdam mit einem Plus von 1092 ha, gefolgt von Tender PZO, Lanetto und Tulus, die jeweils auf mehr als 500 ha vermehrt werden.

Als Randnotiz ist zu vermerken, dass mit den beiden Sorten Fleuron und KWS Showbird auch 140 ha Winterhafer vermehrt werden, was einer Zunahme von 56 ha gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass aus Platzgründen von den angesprochenen Fruchtarten nicht alle Sorten dargestellt werden können. In der Regel werden Sorten mit weniger als 20 ha Vermehrungsfläche in Deutschland nicht aufgeführt, bei Winterweizen ist die Grenze aufgrund des besonders großen Sortenspektrums bereits bei 100 ha gezogen. Insgesamt werden nämlich in Deutschland 482 Wintergetreidesorten vermehrt, alleine 199 bei Winterweizen, zugelassen sind noch erheblich mehr Sorten, nämlich derzeit insgesamt 905, wovon 445 Sorten auf die Fruchtart Winterweizen entfallen.

Alle vermehrten Sorten und die dazugehörigen Flächen können ab sofort auch unter www.ag-akst.de, der Internetplattform der Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen in Deutschland, abgerufen werden.

Willi Thiel und Eric Preuß, Lk Niedersachsen, für die Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen für landwirtschaftliches Saat- und Pflanzgut in Deutschland – LW 24/2020