Winzer on Tour – ein Auslaufmodell?

Für selbstvermarktende Flaschenweinwinzer beginnt nun eine stressige Zeit, denn das Weihnachtsgeschäft steht bevor, bei dem sie tausende Kilometer kreuz und quer durch Deutschland fahren und ihre Weine selbst an die Weinkunden ausliefern. Viele Winzer sind mit einem Bein noch im Keller, um aus dem kellerwirtschaftlich anspruchsvollen Jahrgang 2010 ansprechende Weine zu erzeugen, und mit dem anderen Bein schon auf dem Sprung in den Transporter, um ihre Weine selbst auszuliefern. Das Kompetenzzentrum Weinmarkt & Wein­marketing ermittelte die Vertriebswege der Weingüter und stellte einen Anteil der Selbst­auslieferung von 26 Prozent in der Pfalz, 32 Prozent in Rheinhes­sen und sogar 50 Pro­zent an der Nahe fest. Aber sind diese Weintouren noch sinn­voll?

Die Gewohnhei­ten der Kunden haben sich verändert. Bei der Weinauslieferung geht die durchschnittliche Absatzmenge je Kunde tendenziell zurück, Speditionen und Paketdienste gewinnen an Bedeutung. Immer öfter will der Kunde nicht warten bis der Winzer wieder eine Tour plant, sondern erwartet eine schnelle Lieferung mit kleineren Bestellmengen und er will keine Bevorratung mehr. Beim Versand von Kleinstmengen haben Paketdienste ihre Stärke und liefern innerhalb von 48 Stunden. Die Selbstauslieferung ist, abhängig von Zuladung und Entfernung, meist eine relativ teure Vertriebsform, hat aber den Vorteil des persönlichen Kunden­kontakts. Nur eine intensive Kun­den­pflege mit Beratungsgesprä­chen und Weinproben rechtfertigen es noch, den Wein selbst auszuliefern.

Wenn der Weineinkauf zum Erlebnis wird, trägt das zur Kundenbindung bei. Die Kommunikation mit den Kunden muss im Mittelpunkt der Weintour stehen und nicht der Abladeservice, den können andere kostengünstiger gestalten.

Bettina Siée