Wo Fläche und Stallpersonal knapp und teuer sind

LLH-Arbeitsgruppe bei Betrieben in Westfalen und im Emsland

Wo Futterfläche und Stallpersonal knapp und teuer sind, finden Betriebsleiter verschiedene Strategien, um dennoch gewinnbringend Milch zu produzieren. Davon überzeugten sich hessische Betriebsleiter und Berater der Arbeitsgemeinschaft AMS (Automatische Melksysteme) des Landesbe­triebes Landwirtschaft Hessen. Angela Mögel, LLH Griesheim, berichtet.

Von 1 Mio. kg Quote verarbeitet und vermarktet der besichtigte Betrieb Große Kintrup aus dem Münsterland 700 000 kg selbst.

Foto: Angela Mögel

Den ersten Stall mit einem AMS besichtigte die Gruppe im Landwirtschaftszentrum der Landwirtschaftskammer Nord­rhein-Westfalen, Haus Düsse. Die Herde mit einer Leistung von 10 500 kg wird mit verschiedenen Fragestellungen zur Haltung gemanagt.

Nicht nur die optimale Positionierung des Nackenrohrs, sondern auch die Gestaltung der Laufflächen wird dort untersucht. Andreas Pelzer machte auf die jeweiligen Formen der Beleuchtung im Milchviehstall aufmerksam: „ Man wundert sich, wie viel Geld man mit Licht verbrennen kann“. Nicht nur die Art der Lampe (Gasdampflampen), sondern auch die Positionierung dieser ist von Bedeutung.

Welche Fütterungstechnik?

Vom Thema Haltung zur Fütterungstechnik ging es weiter zur Maschinenfabrik BvL in Nieder­sachsen, wo seit 1860 generationsübergreifend Landmaschinen gefertigt werden. 1978 wurde der erste vertikale Futtermischwagen Europas von BvL verkauft, so der Juniorchef Bernhard van Lengerich. Aktuell arbeitet das Unternehmen an einem Gärres­tetrockner für Biogasanlagen. Bei einer aktuellen Arbeitslosenquote von nur 2,5 Prozent in der Region Emsland sind gute Mitarbeiter und Auszubildende nachgefragt.

Fremdkapital: Mittel zum Zweck

Das Thema Personal beschäftigt auch den Landwirt Lübbers. Der Betriebsleiter hat 2009 seinen Bestand von 90 auf 200 Kühe erweitert. Sein Ziel sind 360 Kühe und eine Biogasanlage. „Ich habe keine Angst vor Fremd­kapital aber ich habe Respekt davor. Für mich ist Fremdkapital ein Produktionsmittel.“ In der hessischen Interessengemeinschaft AMS hat er sich zum Thema Melkroboter beraten lassen. Seine Herde melkt er jetzt mit 4 VMS (De Laval). „Ich kann mir vorstellen, dass für eine Fremd­arbeitskraft das Management der Herde mit vier Robo­tern attraktiver ist, als morgens und abends mehrere Stunden zu melken.“

Momentan sucht er einen engagierten Mitarbeiter und einen Betrieb für die Färsenaufzucht. „Bei Pachtpreisen bis 1200 Euro/ ha ist die Färsenaufzucht einfach zu teuer“ räumt Lübbers ein. Findet er einen zuverlässigen Partnerbetrieb, kann er sich die Färsenaufzucht auch in den neuen Bundesländern vorstellen.

Dirketvermarktung von Milch

Die automatische Futtervorlage erfolgt im Betrieb Johannig siebenmal pro Tag.

Foto: Angela Mögel

Auch der Betrieb Johannig bei Diepholz lässt die Melkarbeit mit dem automatischen Melksys­tem verrichten. Mit der Doppelbox „Astrea 2020“ von Insentec werden 120 Kühe gemolken und gehalten. Während das Betriebsleiterehepaar sich um das Mana­gement kümmert, bedient der in der Automobilindustrie bewähr­te Roboterarm beide Boxen. Auch Landwirt Johannig beklagt die hohen Pachtpreise für die Flächen. „In dieser Gegend werden komplette Betriebe verkauft oder verpachtet.“ In Zukunft möchte er eine Direktvermarktung für einen Teil seiner produzierten Milch aufbauen.

Diesen Schritt geht Landwirt Leonard Große Kintrup bei Münster seit 1999. Von 1995 bis 2011 nahm ein Lely A2 ihm die Melkarbeit in den Altgebäuden ab. Voriges Jahr baute er einen neuen Stall (Vierreiher mit außenliegendem Futtertisch) für 130 Kühe und zwei Lely A4. Von 1 Mio. kg Quote verarbeitet und vermarktet Große Kintrup 700 000 kg. Mit 30 Artikeln, vom Joghurt über den Kräuterquark bis zur Vollmilch, beliefert er 1 100 Privathaushalte im Raum Münster sowie Großkunden wie Krankenhäuser und Kindergärten. 14 Arbeitskräfte auf 400 Eu­ro-Basis verteilen die Produkte in Abokisten. „Je einfacher das Produkt, desto besser eignet es sich für das Abo-System“, ist Große Kintrup überzeugt. Deshalb werden auch Kartoffeln und Eier zugekauft und mitgeliefert.

Erzeugung und Verarbeitung in hochwertiger Qualität ist das Ziel des Betriebsleiters. Darum hat er auch zwei Eiswassertanks für die Milchlagerung eingebaut. Die Roboter transportieren nur kleine Mengen in den Tank und für die Verarbeitung wird stetig Milch entnommen. Mit dieser Art der Kühlung kann die Milch nicht am Tankboden gefrieren. Das hätte eine Schädigung des Milchfettes zur Folge, welches sich geschmacklich negativ auswirkt.

Betriebsablauf organisieren

Die Arbeit im Milchviehbereich ist so weit wie möglich mechanisiert. Die Lauffläche wird von einem Spaltenroboter gereinigt. Das Mischen und die Futtervorlage übernimmt das vollautomatische Fütterungssystem (GEA Mullerup System; Mix Feeder) siebenmal am Tag. „Eine Person muss den Tierbereich al­lein managen können“, so Große Kintrup. Ein fester Mitarbeiter arbeitet im Stall und der Betriebsleiter übernimmt die Wochenenden und die Urlaubsvertretung, so der Plan. Um das zu erreichen, sind Klauenpflegestand, Trockensteherbereich und die Strohabteile für kalbende und kranke Kühe so angelegt, dass eine Person die Kühe umsortieren kann. Die 30 ha Eigentumsflächen werden selbst bewirtschaftet, die notwendigen Grundfuttermittel (Maissilage, Luzerneheu) werden gekauft. Für die Gülle hat der Betriebsleiter Abnahmeverträge.

Die drei besichtigten Milchviehbetriebe zeigten unterschied­liche Wege auf, um künftig weiterhin Milch in Norddeutschland produzieren zu können.